Tagebuch, Freitag, 7. September 2018 – Work and play
Den Vormittag verbrachte ich im Haus der Kunst, wo ich eine Ausstellung besuchte, die wir im Podcast besprechen wollen. Ich dachte eigentlich, dass ich das Haus ganz gut kenne, aber im ehemaligen Luftschutzkeller war ich noch nie. Dort befinden sich derzeit Werke aus der Sammlung Goetz, und ich fand schon das Betreten des Kellers sehr enervierend. Die gerade gezeigten Filme verstärkten das noch. Vom Wandtext lernte ich, dass der Keller bereits beim Bau des Hauses mitgeplant wurde (Bauzeit 1933 bis 1937). Die verwendeten Materialien finden sich auch im Rest des Hauses wieder bzw. eigentlich ist es umgekehrt: Die schönen Bodenfliesen, die ich aus den Ausstellungsräumen kenne, sind eben auch hier verlegt. Alles irgendwie unangenehm. (Wie Nazischeiß halt so ist.)
Die hellen Lichter sind übrigens keine richtigen Lampen, sondern beleuchtete Ausstellungstexte.
Ich verbrachte fast zwei Stunden im Keller und schaute fast alle Videos komplett an; einzig einen Film, der über eine Stunde dauerte, schenkte ich mir gleich und guckte nicht mal in das betreffende Kabinett. Über alle anderen spreche ich vermutlich beim Podcast, den wir heute abend aufnehmen.
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Gerade als ich am Schließfach im Haupthaus stand, um meinen Rucksack wieder abzuholen, piepste mein Handy und zeigte mir ein paar Voicemails an.
Ein ehemaliger Texterkollege, den ich seit fast 20 Jahren nicht mehr gesehen habe, dem ich aber brav auf Facebook folge, hatte mich vor Kurzem angeschrieben: Sein Sohn habe einen Studienplatz in München bekommen und aus meinem Blog wisse er, dass meine Wohnung frei werden würde – wäre die noch zu haben? Münchner Mietirrsinn at its best; man findet Wohnungen eher in Blogs als auf den üblichen Portalen. Wir mailten hin und her, ich fragte bei den Verwaltern nach, und gestern war die ganze Familie in München, um sich relativ spontan meine Wohnung anzugucken. Eigentlich dachte ich, wir würden uns irgendwann nachmittags treffen, aber die Voicemail sprach von „vielleicht jetzt sofort?“ und so fuhr ich nach Hause anstatt ins Zentralinstitut für Kunstgeschichte, wo ich eigentlich noch was für den Podcast hatte lesen wollen.
Ich hatte die Besucher schon per Mail vorgewarnt: Bis zum Auszug werde ich nicht mehr putzen und so sieht meine Butze gerade auch etwas angestaubt aus und es stehen außerdem schon Kisten rum. Ansonsten konnte ich mein kleines Heim aber wahrheitsgemäß wärmstens weiterempfehlen. Ich erwähnte auch, dass man am Küchentisch ganz prima Einser-Bachelor- und Masterarbeiten schreiben könne und habe jetzt eventuell ein bisschen Druck aufgebaut. Sorry!
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Nach dem Besuch konnte ich leider auch nicht mehr ins ZI, denn ich hatte mehreren Kunden gesagt, dass ich ab 14 Uhr wieder erreichbar wäre, nachdem ich heute morgen schon recht früh ein paar Texte gemailt hatte. Die wollten auch fast alle was von mir – war eine gute Entscheidung, zuhause zu bleiben. Ständig im ZI mit dem brummenden Handy auf den Gang zu rennen, macht auch keinen Spaß. So arbeitete ich, las FAZ, regte mich wie immer über einen Leitartikel auf, arbeitete wieder, las FAZ, aß ein Nutellabrot, guckte eine Folge Breaking Bad und ging abends zu F., den ich gefühlt seit Wochen nicht mehr gesehen hatte. (Seit Montag.) Einen Whisky genossen. Gemeinsam eingeschlafen.
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Wir lernen bei Kunst & Krempel Interessantes über das Biedermeier:
(via @diana_lamprecht)
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What we know about art and the brain
Der New Yorker rezensiert zwei neue Bücher, die sich mit der Psychologie des Kunstguckens beschäftigen und vor allem auf zeitgenössische Kunst achten.
„In 1961, Piero Manzoni created his most famous art work—ninety small, sealed tins, titled “Artist’s Shit.” Its creation was said to be prompted by Manzoni’s father, who owned a canning factory, telling his son, “Your work is shit.” Manzoni intended “Artist’s Shit” in part as a commentary on consumerism and the obsession we have with artists. As Manzoni put it, “If collectors really want something intimate, really personal to the artist, there’s the artist’s own shit.”
Manzoni originally priced the tins according to their equivalent weight in gold, but they were purchased by the Tate Gallery and other collectors for much more, and, in 2016, one of the tins was bought in Milan for two hundred and seventy-five thousand euros. Plainly, then, some like this work; they believe that it’s of value. Others see it as ridiculous. In “The Art Instinct,” the philosopher Denis Dutton takes considerable pleasure in telling the story of how Manzoni failed to properly autoclave the tins, and many of them, years later, in private collections and museums, exploded.
You’d think that psychologists would have a lot to say about our differing reactions to such creations, but research in art and aesthetics tends to focus on more conventional forms of art. There are a lot of studies on the perception of tonal music, exploring which aspects of musical pleasure are universal and which vary across culture, what babies and children prefer to listen to, how expertise shapes our perception of music, and so on. There is research into figurative art, usually paintings, much of it exploring how we make the leap from a two-dimensional array of colors and shapes to a three-dimensional world. But there’s little research on our reception of work such as “Artist’s Shit,” or the better-known pieces by artists such as Marcel Duchamp, Andy Warhol, Jackson Pollock, and Mark Rothko.
In part, this is because many psychologists, like many lay people, think that whatever is going on when connoisseurs value this work has little to do with aesthetics. Steven Pinker sums up a popular view in “How The Mind Works,” when he writes, “Modern and postmodern works are intended not to give pleasure but to confirm and confound the theories of a guild of critics and analysts, to épater la bourgeoisie, and to baffle the rubes in Peoria.”
Not everyone is so skeptical, though, and two recent books, by prominent psychologists, take these modern and postmodern works more seriously.“