Tagebuch, Freitag, 14. September 2018 – Eingekauft
Vormittags ein bisschen geschrieben, aber eigentlich nur auf 11 Uhr gewartet, als ich mich auf den Weg zum Baumarkt machen konnte. Als ich meine jetzige Wohnung umstrich, nahm ich mir noch ein Taxi von Bauhaus zurück, weil ich die Farbeimer wirklich nicht in der Tram transportieren wollte. Dieses Mal bot F. an, mich mit dem Auto seiner Mutter abzuholen (wir haben beide kein Auto), was mich sehr freute. Ich habe F. noch nie am Steuer eines Autos gesehen und schmachtete dementsprechend. (Hier das übliche Augenrollen des Herrn dazudenken.)
Ich genoss außerdem mal wieder München aus Autoperspektive. Außer als Beifahrerin des charmanten Mitbewohners bin ich in München nie Auto gefahren – bis auf einmal, als ich den kurzen Strohhalm gezogen hatte und als designated driver eine angeheiterte Festgesellschaft aus einer Kleingartensiedlung nach Hause transportieren musste in eben dem Auto des charmanten Mitbewohners. Ich habe überhaupt keine Orientierung in München, wenn ich am Steuer oder auch nur daneben sitze; ich kenne die Stadt nur als Öffi-Nutzerin und als Radfahrerin. Deswegen passierte es auch oft, dass ich dem charmanten Mitbewohner sagte: „Da vorne kannst du rechts abbiegen – ach nee, ist nur für Radler*innen.“ Auch gestern wusste ich irgendwann nicht mehr, wo wir waren, bis wir wieder an Punkte kamen, die ich mit dem Rad oder dem Bus schon mal passiert hatte. Aber einen Schritt zurück:
Im Bauhaus belud ich den Wagen mit insgesamt sieben Farbeimern in vier unterschiedlichen Farben; der größte war Weiß, denn ich muss meine alte Wohnung wieder entfärben. Das Grau im Wohnschlafzimmer und in Teilen der Küche bedauere ich ein wenig, das Rot auf zwei Wänden im Flur kann ich selbst schon nicht mehr sehen. Mir ist erst beim Nachdenken über die neuen Wohnungsfarben aufgefallen, wie lange ich das Rot schon mit mir rumschleppe. In meiner zweiten Hamburger Wohnung war die Küche rot, in unserer gemeinsamen das Schlafzimmer – Kais Wunsch, nicht meiner, ich wollte Dunkelgrün, aber dafür, dass das Schlafzimmer rot wurde, durfte ich den Flur grau streichen.
Im Schlafzimmer hing eine kleine Wand mit Schwarzweißfotos von mir, meiner Familie und meinen Freund*innen, dazu noch ein bisschen Kunst sowie Dinge, die mir gefielen: ein Stück rot bedrucktes Papier, in dem in Paris ein Baguette eingewickelt worden war; ein Blatt eines Schreibblocks, den ich im Shop des Jüdischen Museums in Berlin gekauft hatte – aus den Blättern war der Grundriss des Libeskind-Baus ausgestanzt worden, und ich hatte rotes Papier daruntergelegt, bevor ich beides rahmte. Diese Wand hatte ich in meinem Münchner Flur wieder hergestellt und daher dachte ich gar nicht lange über die Wandfarbe nach – rot natürlich, passend zur Deko. Unten kommt diese Galerie vermutlich wieder in den Flur, wo sie noch auf Weiß hängt, aber ich ahne, dass auch der Flur irgendwann farbig wird. Aber auf keinen Fall mehr Rot. Damit werden das Baguettepapier und der Block vermutlich klarkommen.
Am Lichtschalter zeigt sich wie immer meine Ungeduld beim Streichen. Ich nehme mir natürlich jedesmal vor, es anständig zu machen und dann kommt wieder sowas dabei raus. Unten wird alles anders. Ist klar. Unten kommen auch alle Bilder auf eine Linie. IST KLAR.
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Nachmittags bleischwer auf dem Sofa gelegen, Kopfschmerzen gehabt (es war plötzlich sehr schwül gestern in Muc), geschlafen, viel Wasser getrunken. Hat nichts geholfen. F. war auch irgendwie muksch, weswegen wir den Abend getrennt voneinander verbrachten. Ich schaute mir auf seinen Tipp hin die Kurzfassung eines Films über den Superbowl-Sieg der Philadelphia Eagles an, der aber in 45 Minuten nicht ganz so den Zauber entwickeln konnte, den Sportfilme gerne haben. Dann lud ich mir noch die Leseprobe von Bob Woodwards Fear aufs iPad (wie viele andere auch), wollte aber nach wenigen Seiten nur noch ins Bett und nicht daran denken, was außerhalb meiner kleinen bunten Wohnung alles passiert.