Nachtrag: Tagebuch Samstag 22. September 2018 – Umzugstag

Für den Umzug ab 10 Uhr morgens hatten sich insgesamt sechs Helferlein angeboten, mit F. und mir tummelten sich acht motivierte Leute in der WhatsApp-Gruppe, die über die genaue Adresse informierte und darüber, bitte am leeren Klingelschild zu läuten, denn ich war natürlich oben im fünften Stock und hibbelte vor mich hin.

Alle Billy-Regale waren von Einlegeböden befreit, die Nupsis, die sie hielten, lagen in einer kleinen Tüte schon unten auf der Fensterbank des betreffenden Raums. In meinem einzigen Zimmer oben stapelten sich Umzugskartons, Ikeakörbe und Einkaufskisten aus Plastik, dazu der übliche Quatsch, den man nicht einpacken kann: meine riesigen Sofakissen zum Beispiel. Beim letzten Umzug aus Hamburg hatte ich bei den Profis zugeguckt: Sie schlugen die Kissen in meterlange Folie ein und brachten sie so sauber und sicher nach München. Das machte ich für ein Stockwerk auch und war danach versucht, ALLES in Folie einzuschlagen, weil das großen Spaß machte. Ich wickelte meine hohe Kommode im Flur mit Folie ein und die zwei großen Ikearegale (Bonde – gibt’s schon ewig nicht mehr), die jeweils zwei Glastüren haben. Auch die sollten schließlich heile nach unten und möglichst nicht mitten im Treppenhaus aufgehen.

In der WhatsApp-Gruppe wurde gefragt, ob noch Werkzeug benötigt würde; nein, meinte ich, alles da, alles auseinandergebaut, was geht, alles eingepackt, ihr müsst nur schleppen. Eine Dame meldete sich mit zu spät gestelltem Wecker, sie käme erst gegen halb 11. Und ich meinte launig: Um halb 11 sind wir schon fertig.

Zur Erläuterung: Frau Donnerhall hatte im Vorfeld erwähnt, dass sie bitte nur Kisten tragen möchte, keine Möbel. Kann ich verstehen, will ich auch nicht. Und als sie um halb 11 kam, waren halt wirklich schon alle Kisten unten und auch diverse Möbel. Die schleppenden Jungs und meine Nachbarin, die spontan Hilfe angeboten hatte, waren ernsthaft in einer Stunde mit allem durch. Ich fiepste nur noch vor Dankbarkeit, bekam fünfmal gesagt, dass aber auch alles tiptop vorbereitet gewesen war und das Treppenhaus irre breit und umzugsfreundlich sei und überhaupt, alles kein Ding.

Ich begann darüber nachzudenken, vielleicht doch noch den Zug um 13 Uhr nach Augsburg zu nehmen, wo der FCA ein Heimspiel gegen Bremen hatte, andere dachten über die heute zu eröffnende Wiesn nach, wir machten die ersten Biere auf und lungerten auf dem Balkon rum. Bis auf zwei von uns, F. und sein bester Freund C., denn die hatten sich für die Waschmaschine zuständig erklärt, die oben abgenommen und unten wieder angeschlossen werden sollte. Aber das hatte C. schon tausendmal gemacht, hier unten war ein Anschluss vorhanden, alles super.

Haha.

Um es kurz zu machen: Zunächst gingen F. und C. zu Suckfüll, einem „Wir haben alles“-Laden in Uninähe, weil irgendein Verbindungsschlauch schon arg schrottig aussah. Dann fuhren F. und ich zu einem Baumarkt, weil wir eine Weiche brauchten, vielleicht noch einen Winkel, noch ein paar Ventile und Zeug, von dem ich nicht weiß, was es macht. Ein paar Tage vor dem Umzug hatte mir die Verwaltung schon einen Klempner vorbeigeschickt, denn meine charmante Vormieterin hatte ernsthaft einen Schlauch, der zur Geschirrspülmaschine führte, mit Panzerband geklebt anstatt ein neues Ventil einzusetzen. Ich wunderte mich bei meinen Renovierungsarbeiten über die große Plastikunterlage vor der Spüle, die ich in einer anderen Funktion kannte: als Parkettschutz bei Schreibtischstühlen. Die lag halt in der Küche und unter der Spüle stand ein kleiner blauer Eimer, den ich als Mülleimer fehlinterpretierte. Als ich das erste Mal meine Pinsel und Farbrollen auswusch, erkannte ich, was der wahre Zweck der beiden Gegenstände war: Das bunte Wasser lief am Panzerband vorbei in den Eimer, und aus irgendeiner anderen Ecke tropfte Zeug auf die Plastikunterlage. Das meldete ich natürlich sofort der Verwaltung, es kam jemand vorbei, der brachte einen neuen Schlauch an, meinte aber, der wäre gar nicht nötig, ließ mir ein Blindventil da, das wir anschrauben sollten, wenn die Waschmaschine dran sei – und dann guckte er noch auf den Wasserhahn, der lustig von unten vor sich hinrostete. Der müsste auch mal ersetzt werden, er würde sich wieder melden.

Das tat er aber nicht, und so kaufte ich am Samstag im Baumarkt gleich mal einen anständigen Wasserhahn, mit dem ich arbeiten kann. Die Hähne hier im Haus sind so flach über der Spüle angebracht, dass ich nicht mal meinen Wasserkocher aufrecht darunterkriege geschweige denn einen großen Topf für Pasta. In meiner oberen Wohnung ging das bis vor Kurzem noch, bis ich neue Armaturen bekam, und ich ahnte, dass ich auch hier unten wieder so einen flachen Quatschhahn kriegen würde. Also kaufte ich selbst ein und habe jetzt einen Hahn, unter dem Philipp Lahm stepptanzen könnte, so hoch ist er. (Diese Art, nur billiger.)

Aber erstmal musste er eingebaut werden. Als C. den alten Hahn entfernte, sah ich, dass die Dichtungsringe quasi weggerottet waren; kein Wunder, dass da alles lustig rumtropfte. Interessanter Lösungsansatz mit Eimer und Matte, aber COME ON! Egal. Jetzt nur noch die Waschmaschine anschließen. Ein Helfer und meine Nachbarin hatten sich schon verabschiedet, die anderen lagerten auf dem Balkon, nachdem sie vom Getränkemarkt gegenüber eine Runde Oktoberfestbier besorgt hatten. C. verschwand unter der Spüle, ich saß mit den anderen auf dem Balkon, als es hieß, ich solle doch mal kurz kommen.

Ich mach’s wieder kurz: Es fehlte immer noch irgendwas, weil sich beim Einbau immer neue Hindernisse auftaten. Wir mussten das Loch in der Holzverkleidung für den Schlauch vergrößern, was lustig mit Holzbohrern und Schmirgelpapier passierte, weil niemand eine Säge oder eine Feile besaß. (Ich hatte mal zwei Sägen. Ich ahne, dass die beim letzten Umzug in der alten Wohnung verblieben und nun Hamburger Sperrmüll sind.) Dann mussten wir die Trennwand zum Kühlschrank entfernen, die eh nur Deko war, weil die Maschine ernsthaft zu breit für die Öffnung war (ich hatte nicht nachgemessen – wenn mir die Verwaltung sagt, dass da ne Maschine hinpasst, dann gehe ich davon aus, dass das stimmt). Und schließlich musste noch der Deckel der Maschine weichen, weil sie sonst nicht unter die Arbeitsplatte gepasst hätte. Mir war alles recht, Hauptsache, ich konnte irgendwann wieder waschen.

In der oberen Wohnung stand dann allerdings doch noch etwas, das runtermusste: Luise. Eigentlich wollten F. und ich das alleine machen, wenn alle anderen wegwaren und niemand in das Bild stolpern konnte. Aber da F. mit C. unter der Spüle hing, boten sich zwei Herren an, die zwar schon fünf Bier intus hatten, aber absolut der Meinung waren, noch ein arschteures Ölgemälde an die Wand zimmern zu können. Konnten sie. Bündig mit dem Türrahmen, mittig zwischen Fenster und Tür und perfekt ausgerichtet. Ich war beeindruckt.

Worüber ich mich freute: dass irgendwie keiner gehen wollte, weil’s grad so nett war. Ich hatte inzwischen den vorbestellten Leberkäse besorgt, wir mampften vor uns hin und ließen es uns gut gehen. Und: Ich mochte die kurze andächtige Stille, als Luise an der Wand hing und alle einfach aufs Bild guckten. Ich weiß nicht, ob es das freundliche Motiv ist oder die Faszination eines großen Gemäldes im schweren Goldrahmen, aber ich fand das sehr schön, dass ich anscheinend nicht die einzige bin, die es mag.

Irgendwann gegen 16 Uhr, wenn ich mich richtig erinnere, war dann auch die Waschmaschine angeschlossen, für die F. noch ein zweites Mal zum Baumarkt fahren musste. Die Küche sah aus wie ein Schlachtfeld, ich hatte kein sauberes Handtuch mehr, überall lag Werkzeug und es standen dazu natürlich auch noch Kisten rum. Aber: Wir waren fertig und obwohl unter der Spüle alles anders aussah als vorher, saß das kleine Blindventil auch irgendwo rum. Nach und nach gingen alle bis auf F. und Alex, denn wir überlegten kurz, ob wir noch ein Absackerbierchen auf der Wiesn nehmen sollten. F. hatte eine Reservierung für 17 Uhr auf der Oidn Wiesn und den Tisch eigentlich an einige seiner Freunde aus England und den USA abgegeben, aber es waren noch zwei Plätzchen am Tisch frei, und die schnappten Alex und ich uns jetzt. Verschwitzt, aber glücklich schnatterten wir mit wildfremden Menschen, aßen Rostbratwürstchen und tranken ein winziges bisschen Alkohol.

Auf dem Rückweg erstand ich die traditionellen gebrannten Mandeln, schwankte mit F. zu mir in die neue Wohnung, manövrierte uns an allen Kisten vorbei und konnte endlich mal wieder eine Nacht durchschlafen. Bester Umzug ever!