Was schön war, Mittwoch, 10. Oktober 2018 – Farbmeditation
Saturn und Hermes hatten mir angekündigt, meinen Kühlschrank zwischen 7 und 11 Uhr anzuliefern. Ich stellte quengelig den Wecker auf 6, denn der Abend vorher war etwas länger geworden als geplant, weswegen meine übliche Aufstehzeit von 7 echt nett gewesen wäre, aber was tut man nicht alles für ein großes Elektrogerät.
Natürlich war ich noch vor dem Wecker wach und stand um 5.30 Uhr auf, duschte im Dunklen und dachte dann, hey, Sonnenaufgang angucken, während ich Kaffee trinke. Ich setzte mich auf meinen neuen Lieblingsplatz, das Schlafsofa gegenüber vom Schreibtisch im blauen Arbeitszimmer, von wo ich über den Balkon in die Weite gucken kann, trank Kaffee … und wartete, bis mir gegen 6 Uhr einfiel, dass die Sonne erst nach 7 aufgeht. Also guckte ich sinnlos ins Dunkle, fand es aber trotzdem sehr schön und machte mich irgendwann tagfertig, ging nach unten zum Briefkasten, um die Zeitung zu holen, und merkte oben, dass ich um 6.37 Uhr einen Handyanruf erhalten hatte. Das waren wohl die Lieferjungs, die sich ankündigen wollten. Die Online-Sendungsverfolgung erzählte was von 9 bis 9.10 Uhr als Lieferfenster, aber ich wartete nun noch gespannter. Um 7.15 Uhr klingelte es dann auch ernsthaft – quasi mit dem Sonnenaufgang – und ich hörte zwei Herren zu, wie sie meinen Kühlschrank vier Stockwerke nach oben wuchteten.
Eigentlich gebe ich immer so fünf Euro Trinkgeld pro Nase, hatte aber entsetzt festgestellt, dass der nette Bierabend mein Portemonnaie etwas geflöht hatte – ich hatte nur noch einen Fünfer und einen Zwanziger im Haus. Als ich die Herren so komplett außer Atem, aber trotzdem noch höflich grüßend vor mir sah, tauschte ich den Schein in der Hosentasche ganz schnell aus.
Ich hatte zudem einen Türanschlagswechsel geordert, wir stellten nun aber gemeinsam fest, dass es sinnvoller wäre, darauf zu verzichten. Die Order wurde online rückgängig gemacht, die Herren stellten das Gerät schnell auf, gaben noch ein paar Tipps und bekamen dementsprechend den Zwanziger zugesteckt, über den sie sich offensichtlich freuten, was mich wiederum freute.
Dann war es halb 8 und ich fühlte mich, als hätte ich die Nacht durchgemacht, obwohl ich noch nichts erledigt hatte außer zu duschen und rumzusitzen. Auch den Rest des Tages fühlte ich mich irgendwie gläsern und dünnhäutig, nicht im Sinne von angreifbar und nah am Wasser, aber halt so, als ob einem Schlaf fehlt, man aber gar nicht müde ist. Ich hatte nichts Dringendes mehr in der Wohnung zu basteln, und ich wusste, der nächste Job würde heute auf meinem Tisch landen, weswegen ich mir gestern bewusst eine Auszeit von allem nahm. Ich las viel, ging spazieren, kaufte ein, räumte die Einkäufe knurrend noch in den alten Kühlschrank, denn der neue musste erstmal rumstehen, bevor ich ihn anschalten durfte, und dann musste er rumstehen, bevor man Dinge in ihn reinwirft, aber abends räumte ich dann um und staunte über den irrwitzig vielen Platz, den ich auf einmal in Augenhöhe hatte.
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Das Schönste am Tag war die Stunde im Schlafzimmer, die ich nachmittags dort verbrachte. Irgendwann war ich wirklich bettreif und erinnerte mich selbst daran, dass ich nicht krumm und schief auf dem Sofa wegnicken müsste wie in den letzten Jahren, sondern dass ich wieder ein herrliches Bett hatte, das auf mich wartete.
Die Tür vom Schlafzimmer zum Arbeitszimmer ist immer offen, auch nachts, weil ich das schön finde, in einen weiteren Raum gucken zu können. So legte ich mich ins Bett, und sobald ich lag, merkte ich, dass ich gar nicht schlafen wollte. Stattdessen lag ich eine Stunde nur rum und guckte kopfleer in die Gegend. Ich besah mir meine dunkelgraue Schlafzimmerwand und behaupte, im richtigen Licht doch einen bräunlichen Unterton zu entdecken, der für mich eigentlich der Kaufgrund für diese Farbe gewesen war. Ich erfreute mich am Lotto-Kunstdruck auf den weißen Kommoden, obwohl ich ihn vermutlich demnächst für einen noch zu rahmenden Leo von Welden austausche, eine Lithografie, die mir die Künstlertochter geschenkt hatte und die ein christliches Motiv zeigt, also das Sujet, das ich von ihm am liebsten mag. Dann schaute ich durch die strahlend weiße Tür ins blaue Arbeitszimmer, das im warmen Südlicht vor sich hinleuchtete, dann wieder zurück zum kühlen Graubraun, dem hellen Fußboden, der offenen Tür in den Flur. Es fühlte sich meditativ und zufrieden an, ich war sehr ruhig und still und merkte einfach nur, wie gut es mir gerade ging. Das war sehr schön – zu merken, wie gut es einem geht und dass gerade alles in Ordnung ist.