Tagebuch Mittwoch, 8. Mai 2019 – Hugo Helbing Lecture
Gearbeitet. Beim Zahnarzt gewesen. Frisches Brot mit Himbeermarmelade.
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Abends bei der diesjährigen Hugo Helbing Lecture gewesen. Hugo Helbing war ein bekannter jüdischer Kunsthändler in München, der während der Reichspogromnacht so schwer verletzt wurde, dass er wenige Wochen danach verstarb. Sein Geschäft wurde „arisiert“, Adolf Weinmüller übernahm seine Firma. Die Auktionsbücher Weinmüllers sind bis heute die einzigen, die der Forschung zur Verfügung gestellt wurden; Julia Voss schrieb darüber 2014 in der FAZ und erläuterte den großen Wert dieser Unterlagen für die Provenienzforschung.
Die gestrige Lecture fand nicht im Zentralinstitut, sondern im NS-Dokumentationszentrum statt, wo sie aufgezeichnet wurde (ist noch nicht online). Michael Kauffmann sprach über „Refugee Art Dealers in England in the 1930s–40s“; sein Vater hatte die Helbing-Filiale in Frankfurt geführt, war mit ihm persönlich bekannt gewesen und emigrierte 1938 mit seiner Familie nach London. Er erzählte eher aus seinen Erinnerungen anstatt eine akademische Vorlesung zu halten, was aber durchaus spannend war, wenn auch für meine persönliche Forschung nicht so wirklich ergiebig. Aber mir wurde wieder einmal der Wert von Zeitzeugen klar. Nach dem Vortrag gab es Gelegenheit für Fragen. Eine davon war, ob im Kreis der Familie oder eben mit den vielen Händlern und Händlerinnen, die wir gerade kennengelernt hatten, das Deutsche Reich ein Thema war. Kauffmann meinte, nein, man sah sich nicht als Exilanten, die zurückkehren wollten, sondern als Geflüchtete, als refugees. Das Deutschland, an das man sich erinnerte, war das vor 1933, und das war verloren.
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The Triumph of German Democracy
Passend zum Tag schrieb der Atlantic über den Erfolg des deutschen Grundgesetzes, nutzte aber dämlicherweise wieder eine falsche Formulierung, die von der angeblichen Grenzöffnung Angela Merkels. Ich fand die Betrachtung der Nachkriegszeit, auch mit Blick auf die DDR, aber durchaus lesenswert. (Der Satz fiel mir besonders auf, weil die Washington Post vor ein paar Tagen so schön korrekt „Nearly four years after German Chancellor Angela Merkel chose to leave the country’s borders open amid a vast influx of asylum seekers to Europe“ in einem Artikel über junge ausländische Auszubildende schrieb.) Hier der Atlantic:
„German society led the courts rather than the other way around, as so often in the United States. The constitutional idea drew its power from the complex workings of the German federal system, from the give-and-take of German parliamentary life, from a media culture that did champion dissenters and minorities, and from a public opinion that since 1949 has grown ever more self-confident and tolerant.
It’s a sobering mirror image for Americans, who have arguably over-relied on judicial guardianship even as their local government has become less democratic, their political culture more polarized, their media system more reactionary and extreme, and their public opinion more authoritarian.
Much of the success of Germany’s democratic development depended on unique circumstances of time and place. “Economic miracles” like that which buoyed German democracy from 1950 to 1970 don’t come along every day. (If they did, we wouldn’t call them miracles.) The Cold War incubated German democracy, too. Democracy gained West Germany entry into NATO in 1955; democracy drew a sharp distinction between the freedom of western Germany and the police state in the Soviet-controlled eastern zone.
Yet there are nonunique lessons too—lessons applicable to less-extreme democratic transitions.
In his superb history of the postwar aftermath in the two divided Germanies, Jeffrey Herf attributes this insight to Konrad Adenauer, West Germany’s first chancellor: You could have democracy in post-Nazi Germany or justice in post-Nazi Germany, but not both.“