The Forgotten
The Forgotten (Die Vergessenen, USA 2004, 96 min)
Darsteller: Julianne Moore, Dominic West, Gary Sinise, Alfre Wodard, Anthony Edwards, Linus Roache
Musik: James Horner
Kamera: Anastas N. Michos
Drehbuch: Gerald Di Pego
Regie: Joseph Ruben
The Forgotten ist einer dieser Filme, die eine klasse Grundidee haben, deren Lösung einen aber ziemlich angenervt im Kinosessel zurücklässt, und deren Trailer wirklich Lust auf den Film machen, der dann aber im Endeffekt doch bloß zwei Stunden Fernsehen im Großformat ist. Und wenn selbst Julianne Moore, die ich sonst einfach vergöttere, nicht mehr macht als die Durchschnitts-besorgte Filmmutter, dann bleibt nicht mehr viel übrig, was man gut finden kann.
Wie gesagt, die Grundidee fand ich spannend: Eine Mutter trauert seit einem Jahr um ihren toten Sohn, bis auf einmal jeder um sie herum der Meinung ist, sie hätte sich alles nur eingebildet. Bilder von ihrem Kind verschwinden, Videos sind plötzlich gelöscht, und sowohl ihr Ehemann als auch ihr Psychologe (Gary Sinise, eher zurückhaltend) wollen ihr einreden, es habe ihren Sohn nie gegeben. Diese kleine, fiese Prämisse reicht für 20 spannende Minuten, in denen wir, genauso verwirrt wie Julianne Moore selbst, mit ihr durch ein bläulich ausgeleuchtetes New York rennen und uns fragen, was hier passiert. (Ich habe mich außerdem noch gefragt, wieso in jeder zweiten Einstellung die Brooklyn Bridge zu sehen ist, aber das nur nebenbei. Kein gutes Zeichen, wenn ich während des Films auf solchen Blödsinn achten kann.)
Schließlich trifft Julianne auf einen Vater, der auch ein Kind verloren hat; die beiden waren Spielkameraden, aber genau wie alle anderen erinnert er sich zunächst nicht an seine Tochter. Mama Telly (talking name?) schafft es, seine Erinnerungen wieder hervorzulocken, und gemeinsam sind sie nun auf der Flucht vor angeblichen Agenten und dem großen, bösen Unbekannten, das ihre Kinder auf dem Gewissen hat.
Ab hier starten die Plotlöcher – wenn sich Papa Ash plötzlich an seine Tochter erinnert, wieso dann nicht auch Tellys Ehemann – und der Film wird eine unausgegorene Mischung aus The X-Files und Without a Trace. Ohne zuviel verraten zu wollen – die Lösung zum Rätsel fühlt sich an, als ob dem Autor einfach ums Verrecken nichts anderes eingefallen ist für seine schöne Exposition, obwohl er wochenlang darüber nachgedacht hat. So nimmt der Film den Weg des geringsten Widerstands, wenn es um unerklärliche Phänomene geht, und der Zuschauer sitzt missgelaunt im Kino. Ich jedenfalls. Das routinierte Katz-und-Maus-Spiel mit den Agenten tröstete mich auch nur halbherzig über die albernen Special Effects hinweg, die mich außerdem am Anfang arg erschreckten, und das konnte ich nach der stimmungsvollen, psychologisch raffinierten Eröffnung nun so gar nicht leiden. Dass der Film auch noch ein Happy End hat, war dann endgültig zuviel. Wenn die Macher sich das verkniffen hätten, wäre ich sogar halbwegs versöhnt gewesen. Aber dass im Endeffekt jemand einfach seinen paranormalen Job nicht gebacken kriegt und dadurch alles wieder gut ist, fand ich dann doch arg grenzwertig.
ähnlich misgelaunt lag ich gestern abend am ende von „the others“ im bett. abklatsch #4 von „the 7th sense“. ganz mieses kino.
ix am 15. November 2004
Der Trailer ist glatter Betrug. Ich will mein Geld zurück. Wenn es um Aliens geht will ich das vorher bitteschön wissen (und ich verrate das dämliche Ende an dieser Stelle nur, weil ich anderen die böse Überraschung, die ich erlebt habe ersparen will), dann hätte ich mir die 4,50 Euro für die Kinokarte nämlich gespart.
nicole am 15. November 2004
Könnten wir das Ende noch etwas genauer erklärt bekommen, bitte? Raus ist es jetzt ja eh, und da den Film ja nun dank Ankes Ausführungen keiner mehr gucken muß (Geld, Zeit und Nerven gespart), kann der Rest doch auch noch erzählt werden. Bitte.
Cathrin am 15. November 2004
Ich oute mich jetzt mal: ich fand den Film gut, die von Anke angesprochenen Schreck-Effekte haben sogar mich geschafft – und das, obwohl ich sonst schon seit zwei Jahrzehnten bei keinem Film mehr “zucke”.
Die von Anke angesprochene Lücke im Plot halte ich für nicht dramatisch: es kommt halt darauf an, wie sehr man emotional an das Kind gebunden ist, außerdem ist jeder Mensch anders, etc.. Da hatte ich kein Problem mit. Und auch nicht mit der Auflösung. Ich wäre enttäuscht gewesen, wenn ich durch den Trailer schon auf die Aliens hingewiesen worden wäre – was man aber eigentlich auch durch die letzte Szene wird – ich kenne hierbei jetzt aber auch nur den englischen Trailer.
Und ja, ich bin im Moment voreingenommen, da mich die vielen Einstellungen der Brooklyn Bridge überhaupt nicht gestört haben. Vielmehr habe ich mich gefreut, dass ich erst vor ein paar Wochen in dem Deli einkaufen war, durch den Julianne Moore am Anfang flüchtet…
Dirk Olbertz am 15. November 2004
Habe mir heute den ganzen Tag verkniffen diese Kritik zu lesen, weil ich mir den Film heute Abend anschauen wollte. Frau Gröner hat – wei beinahe immer – eine wunderbare Kritik geschrieben, die ich durch und durch verstehen kann. Und wie so oft kann ich mit Ihnen leider nicht einer Meinung sein.
Es stimmt, die Story war nicht mehr die frischeste und nach einer Weile hatte ich schon alles raus: wer wann stirbt, in welcher Reihenfolge und wer mit wem konspiriert, sogar warum (“Dark City” lässt grüßen). Die Aufnahmen waren tatsächlich etwas lieblos und ich hätte mir eher ein Ende wie in “Bodysnatchers” gewünscht. War aber wenig realistisch, zu wenig hollywoodesk.
Aber einige der Schockeffekte haben mich in der Tat aufspringen lassen und das ist das letzte mal in “The sixth Sense” passiert. Und das Ganze war recht kurzweilig. Nichts Besonderes, aber unterhaltsam.
Die Lücke war übrigens auch nach meiner Ansicht keine, eine Erklärung liefert die letzte Szene im Hangar.
Randbemerkung: Mir scheint Hollywood hat derzeit ein wenig Probleme mit neuen Stoffen. Habe Wochenende auch noch “The Machinist” gesehen, selber Effekt: Schön fotografiert, leidlich spannend und Christian Bale ist herausragend. Aber ständig hatte ich das Gefühl ich kenne den Plot und ich könnte aus dem Stand drei Filme mit ähnlichem Grundmuster nennen.
Mike am 15. November 2004
Dieser Film hat eine sehr vielversprechende Idee und wird dann so lächerlich, dass man eigentlich den Verleih verklagen müßte, wegen des irreführenden Trailers.
Meine Fresse, es geht wirklich um Aliens…
Bartok am 12. March 2005