Twilight

Twilight (Twilight – Biss zum Morgengrauen, USA 2008, 122 min)

Darsteller: Kristin Stewart, Robert Pattinson, Billy Burke, Peter Facinelli, Ashley Greene, Taylor Lautner, Anna Kendrick, Michael Welch
Musik: Carter Burwell
Kamera: Elliot Davis
Drehbuch: Melissa Rosenberg, nach dem Roman von Stephenie Meyer
Regie: Catherine Hartwicke

Trailer

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Es ist sehr einfach, sich über Twilight lustig zu machen. Junges Mädchen verliebt sich in jugendlichen Vampir, der sich selbst als Vegetarier bezeichnet, weil er nur Tiere isst anstatt Menschen anzuknabbern und der nebenbei seit 80 Jahren die High School besucht. Bebende Lippen, miese Dialoge, Küssen statt Sex – alles Steilvorlagen für Verrisse. Das „Problem“ an Twilight ist aber: Er ist auf eine ganz spezielle Zielgruppe zugeschnitten, nämlich pubertierende Mädchen. Und wenn man keinen objektiv guten Film sehen will, sondern mal wieder 13 sein möchte, dann ist Twilight der perfekte Schmachtfetzen für einen Abend mit den besten Freundinnen, viel Eis und noch mehr sehnsuchtsvollen Seufzern.

Was mich an Twilight so fasziniert hat, war die konsequente Wunscherfüllung: Alles, was ich (und ich spreche jetzt einfach mal für alle kleinen Mädchen dieser Welt) mit 13 im Kino hätte sehen wollen, habe ich gekriegt. Eine leicht ungelenke Heldin, Bella, mit der man sich sofort identifizieren kann, weil sie zwar hübsch, aber nicht supermodelmäßig toll aussieht. Der erste Tag an einer fremden Schule, der ihr nicht wirklich schwergemacht wird, weil sofort ein paar Mädels und Jungs da sind, die nett zu ihr sind. Eltern, die kaum in Erscheinung treten und wenn, dann so, wie man es gerne hätte: keine Verbote, keine Vorschriften, aber immer da, wenn man sie braucht. Und auf einmal der Traumtyp, der einen zuerst anscheinend total doof findet, einem dann aber offenbart, unsterblich (haha) in einen verliebt zu sein.

Gerade der Traumtyp, Edward, unser junggebliebener Blutsauger, ist so dermaßen zielgruppenkompatibel, dass es schon weh tut. Unglaublich eindrucksvolle Augen (angeblich gucken Mädels ja immer zuerst auf die Augen), schüchtern, geheimnisvoll, Haare, bei denen man sich selbst als Kinozuschauer extrem zusammenreißen muss, um sie nicht dauernd liebevoll durchwuscheln zu wollen – und: ein Beschützer, wie er im Buche steht. Er rettet Bella durch seine speziellen Kräfte das Leben, woraufhin sie natürlich mehr über diesen seltsamen Kerl wissen will. Und zack! geht die Liebesgeschichte ihren Gang, zielstrebig mit ein paar Pseudohindernissen dem geordneten und jugendfreien Ende entgegen. Und selbst das habe ich Twilight verzeihen können, weil ich ihn einfach so konsequent gemacht fand.

Der Film nervt trotzdem und zwar ohne Pause. Gerade die Darsteller der Vampire, Schnuffel Robert Pattinson als Edward eingeschlossen, agieren so hölzern, dass man ihnen ihr Untotsein mit Kusshand abnimmt. Die Dialoge sind größtenteils grausam, denn Twilight will auch hier seinem Publikum alles recht machen. So werden Dinge, die geschultere Zuschauer vielleicht auch durch Andeutungen oder Interpretationen mitgekriegt hätte, lieber nochmal laut erzählt, wie zum Beispiel in der Szene, in der Bellas Freundin sich beklagt, dass ihr Herzbube sie noch nicht zur Prom eingeladen habe. Bella sagt daraufhin: „Lad ihn doch selber ein.“ Hätte gereicht, um klarzumachen: aha, die Kleine wartet nicht veilchenmäßig im Moose, sondern nimmt sich, was ihr gefällt. Aber falls die Kinder das doch noch nicht kapieren, muss sie bräsig hinterherschieben: “You are a strong woman. Be in control.” Mal abgesehen davon, dass ich es sehr lustig fand, dass eine 17-Jährige eine Klassenkameradin als strong woman bezeichnet, war das einer der Millionen Sätze im Film, die schlicht zu viel waren. Oder die Szene, in der Edward Bella das Leben rettet. Haben wir gesehen, auch aus verschiedenen Perspektiven, gerne auch nochmal im Flashback, ham’s jetzt alle, ja? Gut. Aber: Auch das kann man nochmal verbalisieren: Edward, du hast mir das Leben gerettet. Ja, Bella, das habe ich wohl. Edward, wie hast du das gemacht? Bella, das würdest du wohl gerne wissen? Und so weiter und so fort. Ein Festival des erzählten Films. Oder die Szene, in der Bella gerade röchelnd verendet (oder auch nicht) und Edward ihr heldenhaft beistehen will – wenn er denn nur wüsste wie. Da muss Papa Vampir ihm erstmal mündlich die Gebrauchsanweisung liefern, bis er was tut. Qualvolle Sekunden, in denen die arme Kristin Stewart nur alberne Geräusche von sich geben darf, bis die Jungs ausdiskutiert habe, wie man das wohl abstellen könnte. Anstatt einfach zu machen, zu zeigen, mich mit Bildern zu beeindrucken und – wenn’s sein muss – mir nachher zu sagen, was da eigentlich passiert ist.

Und obwohl ich innerlich alle zwei Minuten zusammengezuckt bin wegen des schlechten Scripts, habe ich es gleichzeitig bewundert, denn der Film schafft es, die Irrungen und Wirrungen der Pubertät subtil mitschwingen zu lassen. Gerade Bella ist eine sehr clever gezeichnete Figur, die alles mit sich rumschleppt, was wahrscheinlich jedes Mädchen mit sich rumschleppt. Sie zeigt durchaus einen eigenen Kopf, indem sie sich den Kerl aussucht, der ihr gefällt anstatt darauf zu warten, dass jemand sie erwählt. Sie gibt ihren Freundinnen Tipps, sie kann gut mit Jungs umgehen, sie fährt einen Pick-up-Truck anstatt eines mädchenhaften Kleinwagens (den fährt lustigerweise Edward – einen braven Volvo, als ob Vampire sich um Unfallfolgen Gedanken machen müssten), und sie trägt Chucks zum Abendkleid. Sie ist eine sehr moderne Heldin, die aber trotzdem noch ein paar angeblich weibliche Werte in sich trägt. Sie lässt sich von Edward beschützen, achtet auf vernünftiges Essen und muss zum Schluss eben doch von Männe gerettet werden. Und das ist mir nicht mal übel aufgestoßen, weil ich es passend fand, dass sie stark und schwach sein kann. Genau wie Edward übrigens, der mir eh als „das Mädchen“ in der Story erschien, so zimperlich wie er anfangs um Bella rumdruckst. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass Bella gerne wüsste, wer sie ist, wie sie sein soll und ob ihr das so recht ist, wie sie sein soll. So ist sie mal eloquent, mal stumm, mal das kleine Töchterchen, mal die erwachende Frau. Und alles nimmt man ihr ab, weil man als Mädchen nun mal alles in sich trägt.

Mich haben auch die sexuellen Anspielungen des Films noch länger beschäftigt. Gerade in Vampirfilmen ist es ja gerne der Kerl, der sich der holden Maid bis an die Halsschlagader nähert, was immer eine erotische Komponente hat (entblößter Hals, look it up). In Twilight ist es umgekehrt, hier ist Bella diejenige, die etwas von Edward will, was er ihr verweigert, verweigern muss, weil er sich sonst angeblich nicht beherrschen und ihr wehtun könnte. Anstatt dass sie sich nun zurückzieht und brav vor sich hinschmachtet, fordert sie ihn weiter heraus, und er muss mit ihren Wünschen klarkommen und selbst ein wenig zurückstecken. Ich fand es sehr spannend, eine jugendliche Heldin zu sehen, die klar ihre Vorstellungen kommunizieren kann, ohne altbackene Moralvorstellungen oder Ansagen, wie man als Mädchen nun mal zu sein habe. Und genauso spannend fand ich es, einen jugendlichen Helden zu sehen, der damit klarkommt, ohne dass seine heilige Männlichkeit darunter leidet. Und dass sie zu nicht mehr als zum Küssen kommen, dürfte dann wieder zielgruppengerecht sein, denn ich behaupte einfach mal (und vielleicht unterschätze ich die Jugend gerade ganz übel), dass Mädels mit 13 eher ans Küssen denken als an alles, was danach noch kommen könnte. Und so dürfen Bella und Edward weiterhin im dunkelgrünen, blümchengeschmückten Gras liegen, in den düstergrauen, verregneten Himmel gucken und sich so richtig schön emo fühlen – bis zur unvermeidlichen Fortsetzung, die ich mir wahrscheinlich genauso leidend und mitfühlend anschauen werde wie diesen Teil.