Tagebuch Freitag/Samstag, 19./20. Februar 2021 – Fast fertig und Eisessen
Am Freitag beendete ich den ersten anständigen Korrekturgang. Da ich bis zur ersten Abgabe der Diss bereits 800 Korrekturgänge erledigt hatte, was sich in sehr wenigen Fehlern niederschlug auf einer Million Seiten, mache ich nur noch einen weiteren bei der überarbeiteten Fassung, wenn ich aus den ganzen Einzelkapiteln wieder ein großes Dokument schmiede, was heute oder morgen passieren wird. Außerdem muss ich nun die ganzen neuen Bilddnummern einfügen und ja, möglicherweise wäre das mit LaTeX einfacher gewesen, aber jetzt isses egal, ich bin fast durch, weg damit, ich kann es nicht mehr sehen. Aber es ist jetzt deutlich wissenschaftlicher als das Dokument, das ich abgegeben habe, das mir immer mehr wie eine sehr üppige Stoffsammlung vorkommt. Mal sehen, was das Lektorat sagt, das ich mir jetzt endlich gönnen werde, hilft ja nix. Soweit ich weiß, macht der Wunschverlag das nicht von sich aus, ist ja nur ne weitere veröffentlichte Diss, an der sie nichts verdienen, aber ich frage nochmal lieb nach.
Abends Date Night mit Spaghetti and a bottle of red, a bottle of white / It all depends upon your appetite / I’ll meet you any time you want / In our Italian Restaurant. Gemeinsam eingeschlafen.
—
Wir lungerten Samstag morgen noch ein bisschen im Bett rum, aber nicht zu lange, denn wir hatten einen Termin OMG WIR HATTEN EINEN TERMIN ES GAB DINGE UND ORTE DA DRAUSSEN! Unsere Lieblings-Eisdiele Ballabeni eröffnete gnadenlos im Februar die Saison, was völlig in Ordnung ist bei gestern 13 Grad mittags, die Woche soll es hier bis zu 17 Grad warm werden, das geht ohne Eis natürlich gar nicht.
Mein Radius beschränkt sich derzeit, wie im vorletzten Blogeintrag schon erwähnt, auf Packstation und Edeka, ab und zu spazierengehen, immer mit Maske, mag albern sein, ist mir aber egal, ich will das Zeug jetzt echt nicht noch auf den letzten Metern abkriegen. F. sitzt auch seit jetzt fast einem Jahr im Home Office und außer mir sieht er noch seine Eltern regelmäßig, das war’s. Wir waren 2020 zweimal in der Lieblingskneipe draußen auf dem Gehsteig, zweimal im Biergarten; ich glaube, er war wenige Male öfter auf Parkbänken mit anderen Jungs auf ein Bier, aber kein Vergleich zu den normalen sozialen Aktivitäten halt, kennt ihr ja alle, das ist kein Jammern, sondern ein Einordnen. Die Möglichkeit, in einen anderen Laden zu gehen und was anderes zu machen als zu zoomen, sich DMs zu schicken oder einem Faßbier hinterherzutrauern, war daher etwas ganz Großartiges und deswegen wollten wir sehr weit vorne in der Schlange stehen. Wir waren dann um halb zwölf die Nummer 4 und 5, die ersten beiden im Laden waren zwei kleine Kinder, deren Eltern in gebührendem Abstand warteten. Es gab für mich Birne-Ananas, Mandarine und als Probierlöffel Schokolade. Das Ereignis wurde standesgemäß vor der Fassade des Brandhorst festgehalten.
Wir schlenderten zu den üblichen Eisessen-Bänken, von denen man zwei der drei Pinakotheken sehen kann. Mich überwältigte eine ziemliche Museumssehnsucht. So lange ich zuhause bin, kann ich das meistens ignorieren, dass alles geschlossen ist, aber nun jemandem zuzusehen, der in Sportklamotten Tennisbälle gegen die Betonwand der Pinakothek der Moderne schlug, weil: stört ja keinen, ist ja keiner da außer der Wand, die sich vermutlich auch langweilt, eben dass niemand da war und ich nicht mal eben zu Herrn Protzen konnte, um Hallo zu sagen, war schon scheiße.
Ich will gar keine „Macht alles auf“-Diskussionen anzetteln, die Zahlen in München, die in der letzten Woche ein bisschen runtergingen und endlich wieder unter 30 waren (immerhin), sind seit gestern wieder über 30 und ich ahne, dass ich noch länger nicht zur ollen Autobahn kann. Es macht mich nur weiterhin wahnsinnig, dass ernsthaft wieder Schulen und Kitas geöffnet werden, wo Abstand überhaupt keine Möglichkeit ist, während Bibliotheken und Archive, in denen Menschen schweigend auf festen Plätzen mit Abstand sitzen, weiterhin geschlossen sind. Oder Museen, die rein aus konservatorischen Gründen ziemlich gute Klimaanlagen haben und in denen, wenn es nicht gerade Blockbuster-Sonderausstellungen sind, eh ziemlich wenige Leute unterwegs sind. Mir wäre ein gnadenloser Lockdown von vier Wochen mit Ausgangssperre und allem inzwischen wirklich am liebsten. Wir frieren alles für vier Wochen ein, niemand muss zur Arbeit, alle bleiben mal auf ihrem Hintern sitzen (außer zum Einkaufen, okay) und es fliegt bitte niemand nach Dubai, aber ich ahne, dass das nicht möglich ist, ich weiß, ich weiß. Ich mag nur langsam nicht mehr. Okay, das war jetzt Jammern und kein Einordnen, sorry, musste raus, dann muss sich das F. nicht zum tausendsten Mal anhören. (Jetzt muss er es nur lesen, ENTSCHULDIGUNG!)
Den Nachmittag mit den Effingers auf dem Sofa verbracht. Das ist ein sehr dickes Buch und ich mag es immer noch.
Den Abend versaute ich mir, indem ich die 45-minütige Doku über das rassistische Attentat in Hanau und die Folgen für die Angehörigen ansah. Dringende Anschauempfehlung.