Star Trek


© Paramount

Star Trek (USA/D 2009, 126 min)

Darsteller: Chris Pine, Zachary Quinto, Karl Urban, Eric Bana, Bruce Greenwood, Zoe Saldana, Simon Pegg, John Cho, Anton Yelchin, Leonard Nimoy, Winona Ryder
Musik: Michael Giacchino
Kamera: Daniel Mindel
Drehbuch: Roberto Orci & Alex Kurtzman nach den Figuren von Gene Roddenberry
Regie: J. J. Abrams

Trailer

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Ich bin nicht unbedingt ein Star-Trek-Fan. Stammleser werden jetzt kurz verständnislos die Stirn runzeln – ich meine, hallo? –, aber es stimmt: Die klassische Raumschiff-Enterprise-Serie aus den 60ern fand ich als Kind sehr lustig, aber als Erwachsene irgendwie … hm. Klar waren die Tribbles putzig, aber das ewige Paschagrinsen von Kirk ging mir genauso auf den Keks wie das seltsame Technikgestotter von Scotty. Erst als The Next Generation sich aufmachte, boldly dahin zu gehen, wo noch nie jemand zuvor boldly hingegangen war, habe ich mein Herz an die Sternenflotte verloren. Deep Space Nine war genauso großartig, Voyager nicht mehr ganz so, aber immer noch gut genug, um alle Folgen zu gucken – und Enterprise hat mich dann wieder nicht mehr die Bohne interessiert. Eben wie die alten Folgen. Daher war ich mir nicht sicher, ob mir Star Trek, der sich mit der ersten Begegnung von Kirk und Spock beschäftigt, gefallen würde. Die Sorge hätte ich mir sparen können.

Der Film macht nämlich alles richtig, was er hätte falsch machen können. Zum Beispiel wurde nicht etwa die fiese Plastikbrücke aus der TV-Serie nachgebaut, sondern die Setdesigner haben sich das Beste rausgepickt und es behutsam in die Neuzeit versetzt. Die Türen der Enterprise sind immer noch eckig und sie machen die gleichen Geräusche, der captain’s chair sieht immer noch unbequem aus, und Uhura hat immer noch ihr silbernes Knöpfchen am Öhrchen, aber die Ausstatter haben es wirklich hingekriegt, dass man sich an Bord sofort wie zuhause fühlt, ohne dass man erst überall den Staub runterpusten muss.

Und was mit dem Design klappt, funktioniert auch mit den Charakteren: Kirk ist der holden Weiblichkeit immer noch nicht abgeneigt, schleimt aber nicht mehr ganz so rum – und wenn, holt er sich im wahrsten Sinne des Wortes eine blutige Nase. Pille – oder Bones, wie der Mann im Original heißt – ist immer noch konstant nölig und quengelt rum, dass sich niemand an seine Anweisungen hält, darf aber weitaus mehr machen als der Original-Doc, der für mich immer eher Staffage war. Genau wie Sulu und Chekov, die ich in der Serie meist als Multikultistichwortgeber, aber nie als ernsthafte Crewmitglieder gesehen habe. Ganz anders hier: Beide haben ihre Aufgabe, und abgesehen von kleinen, lustigen Schwierigkeiten – der Bordcomputer verweigert Chekov wegen seines schweren Akzents zunächst die Autorisation – bewältigen sie alle konsequent und selbstbewusst, behalten aber beide ihren Nerdcharme bei, den sie im Original hatten.

Die Hauptfigur ist aber Spock. Nicht nur in der Zeit, in der die anderen sich befinden, sondern, wie wir in Laufe des Films erfahren, auch noch in der Zukunft, die jetzt über die Gegenwart hineinbricht – in Form eines romulanischen Kriegsschiff mit einem sehr schlecht gelaunten Captain. Da ich im Vorfeld nichts, aber auch gar nichts über diesen Film wissen wollte, durfte ich hier erfreut Eric Bana erblicken, den ich gar nicht im Weltraum erwartet hatte. Er will die Vernichtung seines Planeten rächen, wofür er durch die Zeit reisen muss. Logisch, denn sonst hätten wir auch weitaus weniger special effects gehabt, die uns schwarze Löcher bieten, kollidierende Raumschiffe, rasante Warpsprünge und die üblichen Explosionen an Bord, bei denen alle durch die Luft fliegen, was seit Jahrzehnten Star-Trek-Fans die immer gleiche Frage stellen lässt: Wieso tragt ihr keine Sicherheitsgurte, verdammt?

Star Trek hat eine relativ klassische Story, die weniger von ihrem Verlauf lebt als von den alten, neuen Figuren. Man muss seinen TV-Helden nicht dabei zusehen, wie sie zehn Jahre älter geworden sind und sich nochmal in die Uniformen quetschen. Stattdessen sehen wir eine junge Crew, die ihre Figuren intuitiv so spielt, als seien sie die Originale, ohne sie zu kopieren. Das Praktische an Star Trek – und einer der Gründe, warum der Film funktioniert – ist die Tatsache, dass die ganzen Millionen von Serienfolgen, die wir kennen, noch gar nicht passiert sind. Der Film kann sich daher einige Freiheiten nehmen, aber trotzdem schön bei der Vorlage bleiben. Und diese Balance tut dem Sujet nicht nur sehr gut, sie macht vor allem unglaublich Spaß.

Chris Pine verkörpert den Bauchentscheider Kirk selbstbewusst, aber nicht arrogant, und hat in Zachary Quinto einen grandiosen Gegenspieler. Quinto kriegt es hin, Spock eine glaubhafte Jugendlichkeit zu geben, die ich mir kaum habe vorstellen können. Gerade Spock war für mich immer sehr zeitlos und durch seine Emotionslosigkeit seltsam altersweise – und hier darf er zweifeln, aufbrausen, brillant sein und eben Spock sein. Wie man ihn kennt und doch ganz anders. Der Rest der Crew ist genauso: Jede Rolle lässt die Vorlage erkennen, fügt ihr aber noch einen wichtigen Rest an Persönlichkeit und Hintergrundgeschichte dazu, so dass man das Original noch im Hinterkopf hat, die neue Figur sich aber unaufdringlich davorschiebt.

Und das ist das Tolle an diesem Star-Trek-Film: Ich behaupte, in den kann man auch als absoluter Nicht-Trekkie gehen. Den kann man unterhaltsam finden, ohne eine einzige Folge Raumschiff Enterprise gesehen zu haben. Die Hauptfiguren Kirk und Spock, der vulkanische Gruß und generell die Idee, dass es anscheinend ein Raumschiff gibt, das Enterprise heißt, all das ist meiner Meinung nach schon so in unserer Popkultur verankert, dass jeder mit diesen Begriffen etwas anfangen kann. Und mehr braucht man als Grundwissen nicht, um diesem unterhaltsamen, bunten Film folgen zu können.

Klar gibt es Gags, die mehr Spaß machen, wenn man ein bisschen ferngesehen hat. Jedes „fascinating“ von Spock klingt besser, wenn man weiß, wann er es einsetzt. Bones’ Anraunzer in Richtung Chekov – “I’m a doctor, not a physicist” – ist auch so lustig, ist aber noch lustiger, wenn man weiß, dass der Doc diesen Satz so ungefähr jede dritte Folge in diversen Varianten losgelassen hat. Und wenn drei Leute auf eine Außenmission gehen und natürlich der Typ in der roten Uniform dran glauben muss – geschenkt.

Star Trek ist ein kurzweiliges, gut gelauntes, aber nie blödelwitziges Weltraumabenteuer geworden. Es ehrt seine Wurzeln, bleibt ihnen aber nicht sklavisch verhaftet. Es verzichtet auf große Botschaften, sondern will ganz einfach unterhalten. Selbst die Vater-Sohn-Geschichte – Kirk tritt in sehr große Fußstapfen – reißt sich ziemlich zusammen und ist eher Auslöser als Pointe. Und auch der seelische Ballast, den Spock mit sich herumträgt, macht den Film nicht zäh und überfrachtet, sondern treibt ihn sinnvoll voran. Dazu hat Star Trek ein straffes Tempo, ist aber nie so hektischbunt, dass man sich wünscht, mal wieder von Warp in die normale Reisegeschwindigkeit zu dürfen. Einziges Manko (Achtung, Seifenkiste) sind natürlich wie immer die Frauenfiguren. Dadurch, dass sich der Film eben an der alten Crew orientiert, gehört nur Uhura zur engen Brückenbesatzung. Und während die Jungs sich im Fünf-Minuten-Takt die Brücke und den Titel acting captain überlassen, wenn sie auf eine Außenmission gehen oder auch nur mal aufs Klo, darf Uhura nie auf den Kapitänsstuhl, was mich ein bisschen geärgert hat. Außerdem sind die Kostüme ebenfalls klassisch: Die Jungs tragen ihre bequemen Schlafanzüge und die Mädels die Minikleider mit den hohen Stiefeln. Nunja. Hier hätte ich mir ebenfalls ein bisschen mehr Moderne gewünscht, aber man kann ja nicht alles haben. Denn mehr habe ich wirklich nicht zu beanstanden. Gute Unterhaltung eben. Mehr nicht. Aber für einen Star-Trek-Film, den auch Nicht-Trekkies genießen können, finde ich das schon eine ganze Menge.