Boy A
Boy A beginnt damit, dass wir einem gut 20jährigen Mann im Gefängnis dabei zusehen, wie er sich einen neuen Namen überlegt. Sein Therapeut/Begleiter schenkt ihm ein Paar Turnschuhe, die „Escape“ heißen, und bereitet ihn vorsichtig auf das Draußen vor, wo schon ein Job als Kurierfahrer auf ihn wartet und ein kleines, unpersönliches Zimmer. Boy A nennt sich ab sofort Jack – und im Laufe des Films erfahren wir, was er zuvor als Eric getan hat, um im Gefängnis zu landen.
Der Film lässt einen sofort an den James-Bulger-Fall denken: Die Story ist ähnlich, wenn auch weit genug weg, um deutlich als Fiktion erkennbar zu sein. Trotzdem macht die Bulger-Geschichte den Film weitaus intensiver, weil man weiß, dass einmal Derartiges passiert ist und dass heute in England zwei junge Männer herumlaufen, die ein Kleinkind zu Tode gequält haben. Boy A macht es dem Zuschauer nicht leicht, sich die Vergangenheit ins Gedächtnis zu rufen, zu sympathisch und schüchtern und ungelenk ist Jack, zu bemüht bei der Arbeit, zu freundlich zu dem Mädchen, das ihn auf ein Date einlädt. Es fällt einem sehr schwer, seine Geschichte nicht als die von zwei Menschen zu sehen, und genau das macht Boy A so faszinierend. Denn das Unvermeidliche passiert; seine Mitmenschen finden heraus, wer er ist bzw. wer er einmal war. Und sein gequältes „I’m not that boy!“ klingt für uns überzeugend, weil wir ihm bei seinen inneren Qualen zusehen durften, sich von seinem kindlich-mörderischen Alter Ego zu trennen und ein neuer Mensch zu werden, dem aber immer bewusst ist, wo er herkommt und was er getan hat.
Ich hadere noch etwas mit dem Ende des Films und bin mir nicht sicher, ob es passt, aber es ist immerhin schlüssig. Vielleicht ist das Hadern auch nur Wunschdenken meinerseits, vielleicht habe ich inzwischen Eric schon vergessen. Aber vielleicht ist das auch genau das, was sowohl eine Resozialisierung als auch dieser Film von mir wollten.