Aliens versus Monsters oder: Die intellektuelle Filmkritik und das Popcorn-Universum. Erste unordentliche Gedanken für einen (hoffentlich) beginnenden Dialog über die Zukunft der deutschen Filmkritik. Sehr lesenswerte erste unordentliche Gedanken von Georg Seeßlen über Filmkritik. Via critic.des Gezwitscher.
„Das Kino ist vor allem deswegen so spannend (und von klassischer „Kunst“ unterschieden), weil es, egal in welchem Teil der Produktion zwischen Autorenfilm und Blockbuster, immer eine Begegnung ist zwischen Industrie und Ästhetik, Jahrmarkt und Salon, Kunst und Massenkommunikation. Aber diese Spannung ist auch für Krisen verantwortlich. Zum Beispiel, wenn ein Kino nur noch dafür da scheint, das Publikum zu Tode zu amüsieren, oder andererseits, wenn es so selbstreferenziell und ausgeklügelt ist, dass es nur noch von Eingeweihten zu entschlüsseln ist. Ob die Lösung „in der Mitte“ liegt, darf bezweifelt werden, wie Filme zeigen, die versuchen „in der Mitte“ zwischen Kunst und Unterhaltung zu liegen, und dabei nur erreichen, nicht mehr der Rede wert zu sein.
Diese Spannung zwischen politischer Ökonomie und Ästhetik setzt sich auch im Sprechen über Film fort. „Gut“ und „Schlecht“, das muss jede Filmkritik mit denken, ist in diesem Medium eine Frage des Zusammenhangs. Man kann fragen, wie gut Filme für die Zeit sind, in der sie projiziert werden, man kann aber auch fragen, was sie mit dem Rest unseres Lebens machen. Man kann nach dem Interesse und der Macht fragen, nach Schönheit und Dissidenz, oder auch danach, ob man als Kunde zwei Stunden Lebenszeit und zehn Euro verschwenden soll oder nicht.
Entsprechend hat es auch immer zwei Grundformen der Filmkritik gegeben. Diese Spaltung der Kritik gibt den Zwiespalt von Industrie und Kunst im Kino nicht nur wieder, sondern verschärft ihn. Die eine, nennen wir sie die »intellektuelle« Filmkritik, versucht, sich analytisch und unbestechlich zu geben; sie darf beinahe alles, nur nicht langweilig und arrogant sein. Unnütz zu sagen, dass ein Gutteil der „intellektuellen“ Filmkritik dieses Kunststück durchaus fertig bringt, nämlich langweilig und arrogant zu sein. Die andere, nennen wir sie die Popcorn-Kritik, geht grundsätzlich von einem Dienstleistungscharakter für ein Publikum aus, das ein Grundrecht auf mehr oder weniger unbeschwertes Amüsement hat. Dieses Popcorn-Schreiben darf beinahe alles, nur nicht langweilig und korrupt sein. Unnütz zu sagen, dass ein Gutteil der Popcorn Kritik eben dieses Kunststück durchaus fertig bringt, nämlich langweilig und korrupt zu sein.“