„Alte Männer mit Kugelschreibern“
Eine kleine Via-Kette: Das Piratengezwitscher hat mich auf diesen Artikel von Isotopp aufmerksam gemacht:
„Ich lebe online. Alle Texte, die ich seit 1983 geschrieben habe, sind auf dem Computer geschrieben worden. Sie liegen auf einem halben Dutzend Rechnern im Netz verstreut. Seit 1986 achte ich darauf, portable Formate zu verwenden, um auch bei einer Migration auf neue Systeme keine Daten zu verlieren. Seit 20 Jahren lese ich laufend meine Mail, ich bin jeden Tag in fünf verschiedenen IM-Systemen zu erreichen.
Ich habe Freunde und Kollegen, die ich noch niemals in Persona getroffen habe. Meine Arbeitgeber seit eineinhalb Jahrzehnten setzen in ihren geschäftskritischen Systemen ausschließlich Open Source Software ein. Ich bin einige Jahre für eine Firma tätig gewesen, bei der ich weder den finnischen noch den deutschen Firmensitz je betreten habe, und bei der ich erst kurz vor dem Ausscheiden einmal Gelegenheit hatte, den amerikanischen Firmensitz von innen zu sehen. Ich habe in einem Bewerbungsgespräch gesessen, bei dem mein zukünftiger Arbeitgeber das Gespräch mit den Worten ‘Wir haben uns dann im Web schon mal über sie informiert. Fachlich ist wahrscheinlich alles klar, wir müssen nur noch sehen, ob das menschlich auch paßt.’ eröffnet hat. Ich mache mir Sorgen, was mit meinem Arbeitsplatz ist, wenn einmal das DSL ausfällt und überlege mir einen Backup-Anschluß via Kabelfernsehen ins Haus legen zu lassen. Dann fällt mir ein, daß mein Mobiltelefon ja eine UMTS-Flat hat und daß ich damit wahrscheinlich überbrücken kann.
Ich reiste beruflich fast drei Jahre durch Europa und die USA, aber ich war immer zu Hause – Eastern Standard Tribe oder in meinem Fall der Stamm der MESZler war immer für mich erreichbar, wo immer ich war: Ich habe nicht mehr oder weniger Kontakt mit meinen Freunden gehabt bloß weil ich mal ein paar Wochen auf einem anderen Kontinent war.
Das ist die Welt, in der ich existiere und das sind die Dinge, mit denen ich jeden Tag umgehe. Sie sind für mich real. Sie definieren und sie finanzieren meine Existenz in dieser Welt.“
Und in dem wiederum wird dieser Artikel von Bov Bjerg erwähnt, der bereits im September 2007 erschienen ist, aber (leider) gerade wie die Faust aufs Auge passt:
„Machen wir uns nichts vor: In den vergangenen Jahren ist, nicht nur in Deutschland, eine gefährliche Parallelgesellschaft entstanden. Eine Gegen gesellschaft von alten Männern, die sich kurz nach Erfindung des Kugelschreibers vom technischen Fortschritt abgekoppelt haben. Reaktionär, dogmatisch, unbelehrbar – und auch noch mächtig stolz darauf.
Unsere grundlegenden Werte sind ihnen fremd. Soweit sie davon auch nur Kenntnis erlangen, wollen sie diese Werte zerstören. Die freie Information behindern und die freie Rede bestrafen. Sie wollen über unsere Rechner bestimmen, obwohl sie kaum imstande sind, ihren eigenen auch nur einzuschalten. Sie sind längst dabei, uns zu kolonialisieren. Ihre Missionare heißen Polizist und Staatsanwalt. Ihr liebster Psalm und Schlacht ruf zugleich lautet: »Das Internet ist kein rechtsfreier Raum!«“