Es wird gerne gegessen, was auf den üppig gedeckten Tisch kommt
Hier tut sich zurzeit etwas wenig, ich weiß. Meine Begeisterung für Filme und Kinos schlummert tief in mir drin und wird sicher irgendwann wieder wach, aber jetzt gerade haben Bücher mich mehr im Griff. Und Arbeit. Und der unerwartet zeitaufwendige, aber spannende und lohnende Komplex Einkaufen/Kochen/Essen. Da ich weiß, dass meine Kunden es nicht ganz so toll fänden, wenn ich meinen Schreibtisch twittern und meine Jobliste bloggen würde, ist davon hier sehr wenig zu lesen. Über Bücher halte ich euch monatlich auf dem Laufenden; das System gefällt mir ganz gut, obwohl ich sehr neidisch auf Isa bin, die den cleveren Einfall hatte, von jedem rezensierten Buch die ersten Zeilen aufzuschreiben. Quasi ins Buch blättern per Blog. Mal sehen, ob ich das klaue.
Bleibt noch Einkaufen/Kochen/Essen. Darüber habe ich ja ausführlich geschrieben, als mein Lieblingscoach meinen Körper und meine Seele für Gemüse zu begeistern verstand. Also für anderes Gemüse als die halbe Dose Mais auf der Pizza oder das Alibisalatblatt auf dem Burger. Im Laufe des Neuentdeckens von Nahrung habe ich verstärkt Kochblogs gelesen, die gefühlt jeden Tag irgendwas wahnwitzig Leckeres zaubern, dazu meist auch noch wahnwitzig tolle Fotos machen, auf denen auch noch wahnwitzig schickes Geschirr zu sehen ist. Deswegen halte ich mich bei diesem Thema etwas zurück, denn ich ahne, dass ich selbst mit meiner schnaften Tomatensauce, die ich neulich über ein paar Schweinemedaillons gekippt habe, nicht mit den Profis mithalten kann. Ist halt nur Tomatensauce und kein „Schaum von Tomate und Essigessenz an Basilikumluft mit Zwiebelhauch“. War dafür aber lecker und hat sicher weniger Arbeit gemacht als Basilikum in Luft zu verwandeln.
Stichwort „weniger Arbeit“: Auch ein Grund dafür, dass hier gerade so wenig Zeit in DVDs und Kino investiert wird. Der Kerl oder ich gehen fast jeden Tag einkaufen, weil wir lieber spontan kochen anstatt gezwungenermaßen eine gelieferte Gemüsekiste leerzuessen. Vielleicht ändert sich das noch, aber im Moment finden wir beide das recht lustig, uns morgens zu überlegen, was es denn abends geben soll. Das heißt aber auch, dass wir nicht direkt nach der Arbeit ne Pizza bestellen und nebenbei was anderes machen, sondern es heißt: erstmal einkaufen, dann kochen, dann abwaschen. Macht alles Spaß, kostet aber mehr Zeit als unser früheres Essverhalten.
Stichwort „Spaß“: Die Scheu vor fremden Lebensmitteln weicht immer mehr. Mein Lieblingsgemüsehöker hat gefühlt dauernd was Neues in der Auslage, so dass ich immer erst einmal um den ganzen Stand rumrenne, um zu gucken, was denn gerade da ist. Was dazu geführt hat, dass ich mal einen Kürbis gekauft habe, mal eine Handvoll Pastinaken, Rosenkohl, Kohlrabi oder gerade vor ein paar Tagen einen Sack Grünkohl – neben dem üblichen Tomate-Gurke-Möhren-Zwiebeln-Zucchini-Kartoffeln-Paprika-Petersilie-Berg, der die Hälfte unserer Speisekammer ausmacht. (Die andere Hälfte nehmen derzeit Weintrauben, Äpfel, Zitronen, Ingwer, Pflaumen und Kiwi ein.) Auf der To-buy-Liste, wenn ich ne Hand frei habe: Schwarzwurzeln, frischer Koriander und Butternut Squash. Bei diesem Händler habe ich erstmals einen Satz gehört, den ich als jahrelanger Supermarkteinkäufer gar nicht in meinem Wortschatz hatte: „Die Saison ist leider schon vorbei.“ Ich wollte Erbsen kaufen, weil ich es inzwischen sehr unterhaltsam finde, Erbsen aus der Schale zu pulen, die Hälfte schon zu naschen, bevor sie in der Schüssel landen und dabei an Omas Gemüsegarten zu denken, in dem ich das als Kind schon gemacht habe. Aber wie ich jetzt weiß, gibt es eine Zeit, in der Erbsen keine Saison haben. Weswegen ich mich neulich an rote Bete rangetraut habe.
Stichwort „Ich lasse diese Mechanik jetzt fast unbemerkt auslaufen, beziehe mich aber thematisch trotzdem auf den vorherigen Absatz“: Kerl und ich sind überzeugte Masterchef-Zuschauer. Gibt es leider nicht dauernd, aber seit wir abends kochen, kann ich um 19 Uhr kein Perfektes Dinner mehr gucken (nein, ich will das nicht aufzeichnen). Daher ist Masterchef jetzt unsere Sendung, in der vor allem viel schickeres Zeug produziert wird als beim Dinner. Die letzte Staffel war sogar mit Profiköchen besetzt, die Michelin-Standard anstreben anstatt Amateure, die gerne Profikoch werden wollen. Deswegen gab’s diesmal aberwitzige Kreationen, die wir nie nachmachen könnten, aber manchmal war dann eben doch eine Leckerei dabei, die ich mir merken konnte. Eben: rote Bete.
Die habe ich roh in hauchdünne Scheiben geschnitten (nachdem ich vorher gefragt hatte, wo es denn bitte Einweghandschuhe gebe), darauf eine wohlgeformte Kugel Ziegenfrischkäse gesetzt, das rotweiße Gebilde mit wenig Biohonig, kleingehackten Walnüssen und schwarzem Pfeffer verziert – und dann genossen. Mit einem kühlen Weißwein und nem dicken Grinsen im Gesicht.