„Brauchnwanich“

Sehr lesenswert: Kathrin Passigs „Standardsituationen der Technologiekritik“:

„Die Reaktion auf technische Neuerungen folgt in Medien und Privatleben ähnlich vorgezeichneten Bahnen. Das erste, noch ganz reflexhafte Zusammenzucken ist das »What the hell is it good for?« (Argument eins), mit dem der IBM-Ingenieur Robert Lloyd 1968 den Mikroprozessor willkommen hieß. Schon Praktiken und Techniken, die nur eine Variante des Bekannten darstellen – wie die elektrische Schreibmaschine als Nachfolgerin der mechanischen –, stoßen in der Kulturkritikbranche auf Widerwillen. Noch schwerer haben es Neuerungen, die wie das Telefon oder das Internet ein weitgehend neues Feld eröffnen. Wenn es zum Zeitpunkt der Entstehung des Lebens schon Kulturkritiker gegeben hätte, hätten sie missmutig in ihre Magazine geschrieben: »Leben – what is it good for? Es ging doch bisher auch so.« (…)

Wenn sich herausstellt, dass das neue Ding nicht so überflüssig ist wie zunächst angenommen, folgt das kurze Interregnum von Argument zwei: »Wer will denn so was?« »That’s an amazing invention«, lobte US-Präsident Rutherford B. Hayes 1876 das Telefon, »but who would ever want to use one of them?« Und von Filmstudiochef Harry M. Warner ist die um 1927 gestellte Frage überliefert: »Who the hell wants to hear actors talk?«“

(via jawls Gezwitscher)