Liebe deutsche Filmwirtschaft, …

… ohne dir jetzt irgendwie böse sein zu wollen, aber als kleine Anregung für die zukünftige Vergabe von Fördermitteln möchte ich dir nur mitteilen, dass ich persönlich (also, ich jetzt, die Anke, Tach auch) wirklich keine weiteren Nazifilme mehr sehen möchte. Ich kenne das dritte Reich jetzt auswendig, und nach solchem Betroffenheits-Schmampf wie Der Untergang und dem Titelwitz Napola – Elite für den Führer habe ich einfach keine Lust mehr, den bestimmt ganz tollen Film über Sophie Scholl zu sehen.

Ich hätte stattdessen gerne mal wieder eine belangslose romantische Komödie ohne jeden Anspruch oder Oscar-Ambitionen und vor allem ohne die penetrante Botschaft, dass wir Deutschen ja gar nicht so scheiße sind bzw. dass die paar Bösen damals die Millionen Guten wahrscheinlich bloß irgendwie geblitzdingst haben müssen, weswegen die von all der braunen Suppe gar nichts mitkriegen konnten. Ich möchte gerne mal wieder Katja Riemann sehen oder von mir aus auch Jessica Schwarz, obwohl ich mir die nicht so ganz Prosecco-schlürfend mit ihrem schwulen Freund bei Sonnenuntergang in einem 200 Quadratmeter-Penthouse vorstellen kann, aber wir haben bestimmt noch ein paar weitere weibliche Miminnen (?), die eine Karrierefrau spielen können, die eigentlich viel lieber Kinder kriegen will oder so.

Andererseits: Vielleicht könnte auch Doris Dörrie noch mehr von ihren Kurzgeschichten verfilmen; ich persönlich (also, ich jetzt, immer noch die Anke, weißtenoch?) fand die junge Dame mit den aufgeschnittenen Pulsadern auf dem weißen Teppich in Bin ich schön? zehnmal spannender als den spuckenden Schnurrbart im Führerbunker. Ich gucke auch sehr gerne August Diehl zu, selbst in so belanglosen Filmchen wie Was nützt die Liebe in Gedanken, in dem offensichtlich mehr Wert auf die Ausstattung als auf eine interessante Geschichte gelegt wurde. Ich mag auch Heike Makatsch, obwohl ich mehrere Jahre gebraucht habe, um ihr irgendein Interview aus Girlie-Zeiten zu verzeihen, in dem sie Alice Schwarzer als nicht mehr wichtig bezeichnet hat. Vielleicht könntest du, liebe deutsche Filmwirtschaft, also dafür sorgen, dass ein paar begabte deutsche Schauspieler einen schönen Film machen, der so gar nicht zwanghaft deutsch rüberkommt? Oder der wenigstens nicht zwischen 33 und 45 spielt? Das wär so nett. Bis dahin muss ich leider weiter DVDs gucken.

Man sieht sich.

Hoffentlich.

13 Antworten:

  1. Sophie Scholl ist aber wirklich ganz toll. Und nicht, weil es ein Nazi-Film ist, sondern weil er die Geschichte gut erzählt, spannend und berührend ist (von manchen leicht hölzernen Dialogen mal abgesehen). Und das ist doch die Hauptsache, oder?

  2. Wie wär´s damit?
    Zwar eine Deutsch/Englische Produktion und hat auch nur wenig mit Liebe zu tun, aber Anspruchslosigkeit ist garantiert, weil da doch die Franka mitspielt! Du wirst zwar verzweifelt nach einer Penthouse-Sekt-für-zwei-Szene ausschau halten, aber ich bin sicher, dass der Film höchstens ein schlechtes Gewissen wegen unserer Hollywoodaußenkorrespondenz verursacht, was auch ja auch mal ganz schön ist, nach den jahrelangen Selbstgeißelungen durch deutsche Kriegsfilme und Komödien!

  3. Ich unterstütze den Antrag. Naja, vielleicht minus Doris Dörrie.
    Der nächste Film mit Nazis, den ich unbedingt sehen muß, kommt nicht vor Indiana Jones 4.

    Was den deutschen Film betrifft, kann ich nur ‘Vom Suchen und Finden der Liebe’ und ‘Die fetten Jahre sind vorbei’ empfehlen. Beide fand ich sehr gut.

  4. Mir geht’s irgendwie genauso, aber ich denke den Film über Sophie Scholl werde ich jetzt auch noch mitnehmen und mir danach Beyond the Sea anschauen, bevor der hier wieder aus dem Kino raus ist. Ansonsten unterschreibe ich den Antrag mit, sofern wir uns vielleicht drauf einigen könnten, Katja Riemann außen vor zu lassen. Die geht so gar nicht.

  5. Ich vermute mal, daß die Fördermittel so ähnlich wie im öffentlich-rechtlichen Fernsehen vergeben werden.
    Nur wenn quasi etwas kulturell wertvolles produziert werden soll, was sich ansonsten nicht finanzieren läßt, werden die Töpfe geöffnet.

    Lobenswerte (?) Ausnahme war da wahrscheinlich “Der Schuh des Manitu” – Slapstick ohne Anspruch, der einem aber zumindest im Angesicht der Kinoatmosphäre mit dem gemeinschaftlichen Lachen und Brüllen einen angenehmen Abend beschert hat. Im Fernsehen / auf DVD fehlt diese Dynamik und damit auch ein großer Teil des Spaßes der Kinoversion. Ãœber den Nachfolgefilm von Bully will ich mal ein Mantel des Schweigens breiten…

    Vielleicht wird aber durch die Harald-Schmidt-Show im Ersten, für die ja einiges an GEZ-Gebühren drauf geht, hier eine Lanze gebrochen. Ich finde, daß Harald nach der ersten, schwachen Woche in 2005 jetzt wirklich wieder zu der Lockerheit gefunden hat und einfach nur so sprüht vor Witz und Respektlosigkeit – besser als zu Sat.1-Zeiten.

    Wäre ja mal schön, wenn man zur kulturellen Vielfalt auch das Amüsement der Massen zählen würde. In unserem Land und in unseren Zeiten haben die Leute es vielleicht verdient, daß sie auch mal wieder lachen dürfen, oder schöne Illusionen präsentiert bekommen.

    Viele Grüße,
    pepperman

  6. und ich sag Ihnen: es hört nicht auf. wenn Sie einen blick auf meinen dramaturgenschreibtisch werfen würden, Sie würden sich nicht wundern. (zwischen 100 seichten tv-sachen habe ich nämlich exakt 2 kinosachen an land gezogen, und beide sind – genau! – period-filme, die in der nazizeit spielen. “bingo!” sag ich!)

  7. Na super. Dabei gibt’s doch (jetzt kommt ein Satz, den auch meine Oma hätte sagen können) so viele weitere Facetten der deutschen Geschichte (nee, meine Oma hätte nicht „Facetten“ gesagt). Wie wäre es mit den 70er Jahren? Die RAF-Zeit mal von außen angucken? Oder das Aufkommen der Frauenbewegung? Oder einen Film über eine fiktive (haha) Darstellerin im „Schulmädchenreport“? Und ich würde gerne mal einen schönen Heimatfilm sehen, ich alter „Sissi“-Fan, ich. (Ein Romy-Schneider-Biopic gibt’s auch noch nicht, oder?)

  8. Ich warte ja immer noch auf “Lord von Barmbeck” mit Ulrich Tukur.

  9. Also ein lustiger Film über das Aufkommen der Frauenbewegung würde mich auch interessieren.

  10. Hi!

    Interessanter Beitrag!
    Ich kann einerseits verstehen, dass man des Themas nach Untergang und Napola überdrüssig wird, aber Sophie Scholl lohnt die “Mühe”. Habe ich in München schon gesehen, ein toller Film.

    liebe Grüsse,
    Kelly

  11. Whatever, „Kelly“.

  12. haha, Anke wurde geslashkellyt!

  13. … vor allem ohne die penetrante Botschaft, dass wir Deutschen ja gar nicht so scheiße sind […]. Ich möchte gerne mal wieder Katja Riemann sehen…

    Katja Rieman hat doch in Rosenstraße genau diese Botschaft verbreitet. Nee, die will ich nicht sehen. Und was von Doris Dörrie auch nicht. Wie wäre es mit Ganz und Gar? So was wäre wieder mal nett.