Blumenkohlsuppe an Rotweinduett
(Posher Titel, ich weiß. Ich finde solche pseudo-schicken Formulierungen so herrlich albern. „Wurst von der Leber auf pain gris an Zuschnitt von der eingelegten Gurke.“ Ist klar.)
Gestern gab’s bei uns Blumenkohlsuppe. Keine große Kunst, aber dafür richtig lecker. Knoblauch und Zwiebel in Öl anbraten, Blumenkohlröschen dazu, mit Weißwein ablöschen, Gemüsebrühe drauf, Salz und Pfeffer, alles kochen lassen, dann gemütlich pürieren und zum Schluss eine Handvoll Kräuter (bei uns Petersilie und Schnittlauch) plus Sahne dazurühren. Normalerweise mache ich Gemüsesuppen immer ohne Sahne (weil: schmeckt auch so), aber ich mag bei Blumenkohl diesen Extraschlag Samtigkeit, den die Sahne mitbringt.
Aus Spaß an der Freud habe ich mal den Delinat-Weinfinder gefragt, welcher Wein denn dazu passen würde. Aus dem Bauch raus hätte ich einen weißen genommen, aber sobald ich bei der Würzkomponente „Petersilie“ eingegeben hatte, lachte mir ein Rotwein entgegen, den ich lustigerweise im Haus hatte. Bei meiner ersten Delinatbestellung habe ich mich von den schmackigen Beschreibungen leiten lassen und einfach auf gut Glück zwei Rotweine, zwei weiße, einen Rosé und einen Crémant gekauft, und der eine rote war noch da: ein 2008er Domaine du Bel Air Les Perrons. Gesehen, entkorkt und versucht, mich an all das zu erinnern, was ich schon gelernt hatte.
(Domaine du Bel Air, Les Perrons, Frankreich 2008, 12,5%)
Vorsichtig eingeschenkt und den Wein angeschaut. Ein tiefes Rot. (Was auch immer das heißt.) Dann eine Nase davon genommen: viel Kirsche, eigentlich nur Kirsche (not that there’s anything wrong with that), sehr trocken, fast körnig, ich denke an einen Sandweg.
Ein-, zweimal geschwenkt und wieder die Nase reingehalten. Zur Kirsche hat sich eine Beere gesellt, ich bin mir nicht sicher, ob Himbeere oder Blaubeere, aber es staubt immer noch ein bisschen in der Nase.
Der erste Schluck entspricht genau der Nase: Kirsche und ich behaupte mal Blaubeere. Aber der Wein ist irgendwie flach, drückt sich an der Zunge lang und weiß noch nicht so recht, wo er hinsoll.
Dann kosten wir mal die Suppe. Sie war vorher schon recht geschmacksintensiv, aber jetzt schmeckt man jedes kleine Blumenkohlröschen. Noch einen Schluck Wein, und plötzlich ist eine dicke Blaubeere da, und die Kirschen scheinen ihre Freundinnen dazugeholt zu haben. Der Wein erhebt sich von der Zunge und reckt sich bis zum Gaumen.
Da ich ja als Würzkomponente Petersilie angegeben habe, probiere ich mal, direkt das Kraut in den Mund zu kriegen. Ich kaue ein wenig auf dem Grünzeug rum und nehme noch einen Schluck Wein. Und jetzt klettern die Früchte bis in die Nase hoch, die Petersilie wird dunkelgrün, und das Obst im Mund macht sich so richtig breit, aber so richtig breit eben. Wie die Jungs auf der letzten Bank im Bus. Unglaublich. Und unglaublich stimmig.
Der Teller Suppe ist leer, aber in der Küche wartet noch Nachschub. Anstatt sich noch ein paar Schlucke Wein zu gönnen, denkt sich Frau Gröner jetzt aber, ha, probieren wir doch noch den anderen Rotwein, der offen ist, weil ich den vor ein paar Tagen in die Nudelsauce gekippt habe. Ein preiswerter Supermarktwein, den ich ebenfalls einfach mal so auf Probe mitgenommen habe, ohne zu wissen, wie er schmeckt.
(Pont Chalet, Syrah, Frankreich 2007, 13%)
Den letzten Schluck Les Perrons noch genießen, dann ein Schlückchen Syrah ins Glas, durchschwenken, wegkippen, ordentlich einschenken.
Schon die erste Nase zuckt schmerzlich vom Glas weg und nölt den Gaumen an: Was haste dir denn da bitte in den Einkaufswagen gelegt. Es „duftet“ nach Kirsche mit Zuckerguss. Die zweite Nase ist noch schlimmer: Jetzt riecht es nach Gummibärchen in Wackelpudding. Mit Zuckerguss. Und wenn’s das gäbe, Red Bull Kirsche.
Der erste Schluck macht den Unterschied zwischen einem 10-Euro-Wein und einem 4-Euro-Wein schmerzlich deutlich: „Flach“ wäre noch geschmeichelt, es fühlt sich an, als ob der Mund mal kurz mit flüssigem Wackelpudding durchgespült wird, dann ist der Wein weg, und es bleibt ein ungutes, klebriges Gefühl zurück. Der Wein ist so dünn und hat es so eilig, dass ich mir einbilde, das Glas fühle sich leichter an als vorher.
Mit der Suppe zusammen wird es noch schlimmer. Auf einmal ist der Rachen das Batmobil unter Beschuss: Der ganze Mundraum wird blitzschnell mit einer Felswand eingekleidet, alle Geschmacksnerven werden mit mineralischem Wackelpudding zugespachtelt und können sich überhaupt nicht mehr wehren. Der Feind in meinem Mund.
Den Rest der Suppe esse ich ohne Weinbegleitung und freue mich trotz des ekligen Syrahs über die Vielfältigkeit des Weins. Tolles Zeug. Immer wieder.
(Jetzt nochn Schnaps, um die Gummibärchen zu vertreiben.)