Von den Alten lernen

Konfirmandenblase. Hat mein Opa immer gesagt, wenn meine Schwester und ich alle zehn Minuten lang aufs Klo gegangen sind.

Vogelkekse. So hießen bei meiner Omi Löffelbiskuits, weil Wellensittich Pitti die immer gekriegt hat. Ich sage immer „Ich muss noch Mascarpone und Vogelkekse einkaufen“, wenn ich Tirami Su machen will. Glücklicherweise nicht zum Verkaufspersonal. Das Wort Löffelbiskuit kommt mir bis heute schrecklich überkandidelt vor.

Tiet-Schört. Meine Omi konnte kein Englisch. Ich weiß zwar nicht, warum man T-Shirt nicht Ti-Schört aussprechen kann, aber ich kann Omi leider nicht mehr fragen.

Rockers. Sammelbegriff für Musiker aller Art. Ich erinnere mich, dass meine Oma mich einmal mit der BRAVO in der Hand abgefangen hat, auf deren Titelbild der Gitarrero von Barclay James Harvest abgebildet war, dessen Frisur größer war als sein Instrument. „Das sind doch alles Nichtsnutze, diese Rockers da. Wer sone Haare hat, kann doch nich richtich im Kopp sein.“

Beetenbartsch. Ostpreußische Rote-Beete-Suppe, die meine Omi gerne mit einer Speckstippe serviert hat. Ich muss gestehen, ich habe sie nienienie gegessen, weil ich die rote Farbe zwar unglaublich faszinierend fand – aber gleichzeitig auch unglaublich eklig.

Pikus der Buntspecht. Lieblingsansage von meinem Opa beim Skat-Spielen. Immer wieder gern genommen auch „Beim Grand spielt man Ässer“, „Wer einen kann, soll einen mitnehmen“, „Nimm ihn du, ich kann ihn auch nicht“ oder „Pik? Steck den Finger in den Arsch und quiek“.

Annamernalinke. So hieß die uralte Puppe, die meine Mutter auf der Flucht von Ostpreußen in die damalige DDR und schließlich in die Nähe von Hannover geschleppt hat und die dann bei meiner Omi und ihrer Schwester auf einem Stuhl im Flur saß. Sie hatte immer und ewig ihr rotes Strickkleid an, ihre braunen Haare waren ebenso lang wie verzottelt und ihre Papp-Haut über dem Papp-Körper bröselte an allen Ecken und Enden. Aber Annamernalinke hatte ja auch eine weite Reise hinter sich. Beziehungsweise Anna Minna Linke, aber bis ich verstanden hatte, dass das drei Worte waren und nicht nur eins, war ich mindestens 15.

(inspired by Franziskript, wenn auch nur sehr um die Ecke)

14 Antworten:

  1. Mein Opa, wenn ihm beim Skat-Mischen eine Karte unterkam, die versehentlich mit der Bildseite nach oben lag: “Huch, da liegt ja eine nackich im Bett”.

  2. Der damals als nervigste und heute als richtigste Auspruch meiner sehr sehr geliebten Ömchen:
    “Kind, du weißt nie wöfür’s gut ist.”
    Je älter ich werde umso öfter kommt mir die Antwort. Wenn damals nicht X passiert wäre, dann wär ich heute … gut das es damals alles genauso passiert ist!!!

  3. Das ist ja lustig! Meine Oma hat immer Teht-Schört gesagt und ich habe mich auch immer gefragt, woher das zweite T am Ende des ersten Wortes denn nun herkommt…

  4. …und meine Oma hat immer Kom-Puter gesagt (für Computer) oder Mon-tan-Pike (beides nicht auf englisch sondern in abgehacktem Deutsch ausgesprochen).
    Mein Bruder und ich brauchten echt ne Weile bis wir begriffen haben was sie meint…aber stricken konnte sie!

  5. Wenn ich das lese, bekomme ich richtige Sehnsucht nach meiner Omi, die mir das Binokel-Spielen beigebracht, die statt Anorak Anofrak sagte und statt Träningsanzug Trainingsanzug.

  6. Meine Oma hat noch nie Tiet-Shirt oder Teht-Shirt gesagt. Aber damals, in den 80ern, als man noch gerne Sweat-Shirts trug, hat sie gerne etwas gesagt, das mir noch heute wie “Twäschört” in den Ohren klingt.

    Ich glaube, das würde sie auch heute noch sagen, würde jemand noch Sweat-Shirts tragen.

  7. Vom Grossvater beim Skatspielen übernommen:
    Karausche mit Maibutter
    Pikus der Buntspecht oder die gemeine Hupfdohle
    Herz hat jeder

    Statt Konfirmandenblase heisst es bei uns Sextanerblase,
    aus Antiquitäten wurden, inspiriert durch eine Haushaltsperle:
    Antiquantitäten

    Schön, sich an all das zu erinnern.

  8. Ich korrigier ihren Opa ungern. Aber man spielt Ässe beim Grand. Sonst kriegt man nämlich auf die Fresse.

    Ansonsten fällt mir noch Oppa Knaack ein, der mal fragte, ob man “dat Schurfbrett” auch mit in den Urlaub nehmen wolle :-)

  9. Meine Oma hat mich letztens gefragt, was denn Züberschpacke sei… so klang es zumindest. Was Züberschpacke sei, wisse ich nicht, sagte ich. Dann zeigte sie mir den Zeitungsartikel, in dem sie den Begriff gefunden hatte. Mit “Cyberspace” hatte ich nach der Aussprache nicht unbedingt gerechnet… :)

  10. Da muss ich mich doch gleich ganz verzückt mit einklinken. Meine von mir über alles vergötterte Ur-Oma hatte immer “Ketschatt” oder auch mal “Ketschack” statt Ketchup gesagt. Ich fand das zum knutschen süss, wenn sie das immer gesagt hat.
    Hach…..Wehmut macht sich gerade breit.
    *Träne von der Backe wisch*

    liebe Grüße

    Sabrina

  11. Achja, und wehe, man traute sich zu fragen was es denn zu Mittag gibt, da gab es immer nur die eine Antwort: “kalter Arsch mit Schneegestöber” sagte sie dann mit gespielter Empörung, denn schliesslich hatte man das zu essen, was auf den Tisch kam. Ausser mir, ich war ja auch ihr Liebling und konnte heimlich für den Vortag bestimmen, was es zu essen gab ! :-) So, un nu’ is aber Schluss…

  12. Bei uns gab es auf die Frage: was gibts zu essen?
    Immer die Antwort: Junge Hunde mit Perücken.

    Hören unsere Kiddies jetzt auch :-)

  13. Ob “Tiet-Schört” vielleicht plattdeutsch inspiriert ist? Das Wort “tiet” gibt es ja dort wirklich und müsste “Zeit” bedeuten.

    Erinnert mich an das lautmalerische Mitsingen von Liedern in Sprachen, derer man nicht wirklich mächtig ist. ;-)

  14. schön, diese geschichtchen, woran man sich
    dann wieder erinnert….
    “Ach, ich kauf’ jetzt immer den Pi-la-del-pi-a
    (Sprechsilben) – Käs’. Den is ja soooo gut”
    ?????
    Das war Philadelphia Frischkäse, damals
    was ganz Neues für die Großtante

    und zu T-Shirt kann ich auch noch was beisteuern
    Tien-Job ……und “Job” hieß auch der Shop,
    da gab es dann ja auch viele Tien-Job