Wie Herr Schröder die Zahl der Bundesratsblockaden der letzten Jahre mit denen in sämtlichen Jahren seit Gründung der Bundesrepublik verglich (fast genauso viele, wie soll man denn da noch regieren können, armer Junge/blöde Opposition/manchmal glaube ich, euch macht das alles Spaß, Hauptsache, wir gewinnen und nicht die anderen, wer auch immer die anderen gerade sind und was auch immer die anderen gerade wollen). Wie Frau Merkel Rot-Grün unabsichtlich Handlungsfähigkeit per Versprecher bescheinigte und sich danach das angeblich Hohe Haus wie ein Kasperletheater aufführte (guck mal, das Mädel da vorne, der zerquatschen wir jetzt ihre Rede). Wie Herr Westerwelle die Agenda 2010 als „Schmalspuragenda“ bezeichnete, worauf Herr Fischer Herrn Westerwelle als „Schmalspurpolitiker“ bezeichnete und kurz und wahr darauf hinwies, dass die beiden vielleicht zukünftigen Regierungsmitglieder aber sowas von gar keine Alternativen aufgezeigt hätten in ihren Wahlkampfreden (das übliche Nachtreten und Kläffen eben, was sollen sie auch sonst machen, die können ja auch nicht zaubern, dann brüllt man eben, damit es keiner merkt, und die Gegenseite brüllt, damit es wer merkt). Wie die PDS-Abgeordnete und der CSU-Mensch nur noch wiedergekäut haben, weil alles gesagt war und die Abgeordneten doch schon ihre Stimmkärtchen in den Händen hatten, die blaue für ja, die rote für nein, und vorher bitte die gelbe Karte an die Schriftführer, muss ja alles seine Ordnung haben, auch so eine getürkte Vertrauensdingens. Wie dann ganz zum Schluss der Abgeordnete von den Grünen den Bundestag mit der Volkskammer verglich, wo die Abgeordneten auch eingeladen wurden, so abzustimmen, wie die Oberen es gerne hätten – ja, da hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass irgendjemand mal sagt, was für ein blödes, kleinkariertes, unwürdiges Schmierentheater das Ganze doch war. Ich habe bis zum Schluss naiverweise darauf vertraut, dass die Abgeordneten der SPD sich zusammenreißen und ihrem Kanzler das Vertrauen aussprechen, das ihm die Wähler vor einiger Zeit geschenkt haben, und dass die CDU-Abgeordneten sich ebenfalls zusammenreißen und die Blockadepolitik im Bundesrat aufgeben, um die angefangenen Reformen zu Ende zu bringen oder sie zu verbessern oder was immer nötig ist, herrgottnochmal, ihr könnt doch auch nichts großartig anders machen und einschneidende Reformen tun halt weh, jetzt lasst es uns doch durchziehen, wo wir schon mal damit angefangen haben, nicht jetzt auf halber Strecke einfach aufgeben und der gegnerischen Seite den Ball in die Hand drücken und sagen, vielleicht habt ihr ja ein paar Ideen, die haben sie nicht und das weißt du auch, was für eine blöde Weicheitour, oh du mein Kanzler, da du hangest. Jetzt behalte ich mein Parteibuch erst recht. Aber die Show eben, die nehme ich dir wirklich, wirklich persönlich übel.
19 Antworten:
ich denke, dem habe ich nichts hinzuzufügen…
ich hätte mir ja von schröder, den ich bis jetzt eigentlich für einen guten staatsmann und politiker gehalten habe, etwas mehr rückgrat erhofft. und einen ehrlichen rücktritt hätte ich mir auch gewünscht, wenn er denkt, nichts mehr erreichen zu können.
aber da hab ich wohl zuviel erhofft…
ma am 01. July 2005
àbgeordnete sind volksvertreter, ich habe dem meinen nicht erlaubt dafür oder dagegen zu stimmrn. trotzdem hatter gemacht was er wollte.
das ist keine demokratie oder doch, einfach nur gelebte?
wie auch immer, ich verweigere allen mein vertrauen und fordere auf mich zu wählen. na gut, köhler hat mich nur ausgelacht ob dieser forderung. :o(
wirtschaftsweiser_ch am 01. July 2005
@Wirtschaftsweiser CH:
Abgeordnete müssen in Deutschland lediglich ihrem Gewissen folgen, das garantiert ihnen nun mal das Grundgesetz (Artikel 38 I). Folglich kannst Du ihm gar nichts erlauben oder verbieten.
Observer am 01. July 2005
der fraktionszwang zeigt ja, wie gewissenhaft man es mit dem gewissen nimmt. ;o)
ausserdem unterschlägst du, dass sie vertreter des volkes sind. getreten wurde, doch ver?
wirtschaftsweiser_ch am 01. July 2005
So sehr ich Schulzens Verärgerung verstehen kann – den Verweis auf die Volkskammer hätte er sich sparen können. Und ich denke das wird jetzt wirklich ein Aufbruch mit den Neuwahlen: Hoffentlich jedoch in die richtige Richtung.
Jens am 01. July 2005
Fraktionszwang ist “sozialer Druck” – kein “demokratischer”.
Ich stimme aber mit Dir überein, daß zumindest diskussionswürdig ist, ob heute das Volk vertreten wurde oder nicht. Spätestens bei eventuellen Neuwahlen kommt findet Volkes Stimme wieder Gehör. – Nur ob das bereits jetzt schon siegestrunkene Schwarz-Gelb-Lager die Lösung für alle Probleme ist…
Observer am 01. July 2005
Ein unwürdiges Verfahren, ja. Trotz seiner vielleicht besten Rede bisher. Aber verdienen wir (das Volk) wirklich Besseres? Falls gewählt wird, erwarte ich eine absolute schwarze Mehrheit bei sehr niedriger Wahlbeteiligung, Ihr werdet sehen. Die Hoffnung ist ein Affe, der sich auf einem Tisch kratzt und vor Kälte zittert. (Julio Cortazar)
Neo-Bazi am 02. July 2005
Das übliche Nachtreten und Kläffen wird (hoffentlich) nicht reichen. Frühe Vögel holt die Katz!
Piranhase am 02. July 2005
Ich spüre meine politische Naivität aufsteigen: Unsere (ausgezeichnete) Verfassung sieht sehr absichtlich nicht vor, dass man das Parlament auflösen und Neuwahlen vorzeitig ansetzen kann. Wer feststellt, dass wir diese Möglichkeit unbedingt brauchen, sollte sich um eine Änderung der Verfassung bemühen statt zu lügen und zu täuschen. Jaja, ich weiß, das geht nicht so einfach. Eben.
kaltmamsell am 02. July 2005
Ja, ja, jetzt ist das Geschrei gross. Aber was wäre denn die Alternative gewesen? Der “linke” Flügel der SPD hätte weiter fröhlich an des Kanzlers Stuhl und wir hätten die Agonie des langsamen Niedergangs bestaunen dürfen.
So werden wir hoffentlich einen klaren Schnitt bekommen und Frau Dr. Merkel kann zeigen, ob sie nicht nur dicke Backen machen, sondern auch liefern kann.
Das ändert natürlich nichts an der, wie immer bei Rot/Grün, hundsmiserablen Umsetzung, aber Frau Dr. Merkel dürfte dem Kanzler da in nichts nachstehen. Ausser, dass wir wie bei Herrn Dr. Kohl wieder innerparteiliche Diktatur, Skandale und die Bundesrepublik als Geisel von Leuten erleben dürfen, die die Bundesrepublik als ihren persönlichen Selbstbedienungsladen verstehen.
Stolzer Sklave Spartakus am 03. July 2005
Rücktritt wäre die Alternative gewesen zu diesem genialen Schachzug, vielleicht wären mir dann sogar ein paar Freunde dabei gefolgt, in Gerhard’s SPD einzutreten.
Neo-Bazi am 03. July 2005
@ Neo-Bazi,
angesichts der Meldung letzte Woche, die NPD hätte sich schon längst undercover in der WASG eingenistet finde ich deine Namenswahl gepaart mit dem Aufruf, dir in Gerhards SPD zu folgen, zumindest befremdlich.
Bist du jetzt also so´n Faschisten-Sch…, oder klingst du nur “versehentlich” so?
Zecke am 04. July 2005
Gratulation. liebe(r) Frau/Herr Zecke, Sie sind die/der Erste der/dem das auffällt. Mein Künstlername ist selbstverständlich Absicht. Zu Ihrer Frage: ich bin ein armes Schwein. Fröhlichen Tag noch!
Neo-Bazi am 04. July 2005
Ich kann mich eines gewissen Kopfschmerzes nicht erwehren, wenn ich Kommentare der Qualität von Zecken lese.
Ole am 04. July 2005
Sorry.
(Mehr trau ich mich schon gar nicht zu schreiben, nicht dass der Volkszorn über mich herfällt – rein künstlerisch natürlich)
Zecke am 04. July 2005
Keine Sorge, Mr./Mrs. Zecke, das wird nicht passieren. Irren ist menschlich …!
Neo-Bazi am 04. July 2005
ich finde, dass mr. schulz recht hat: unser parlament unterscheidet sich im grunde nicht mehr von so einer volkskammer. es geht um machterhaltung, um sonst nichts. rücktritt wäre die einzige ehrliche lösung gewesen für herrn schröders verhaltungen. ich fürchte nur, dass alles, ich sage ALLES, aus machtkalkül geschieht. was tun wir mit diesen politikern? was ist die alternative zu dieser ganzen dilletantischen, machtgeilen crew?
am abend, als schröder erklärte, er wolle neuwahlen, da bin ich fast zusammengebrochen, weil mir so deutlich wie nie klar wurde, dass es keinen kontakt mehr gibt zwischen der bevölkerung und ihren problemen und dem leben und entschjeiodungsraum der politikerkaste. wir müssen die vielleicht vertreiben und die sache selbst in die hand nehmen. so gehts jedenfalls nicht weiter. es ändert sich nichts, wenn wir weiterhin lächerliche kompro misse schließen und am ende von der inkarnierten aussichtslosigkeit frau merkel und ihren gefährlich dummen kollegen regiert werden. es wird sowas von zurückgehen in unserem land: alle offenheit, aller liberalismus, alle möglichkeit für ein differnzirertes und freies urbanes leben in unserem kleinen land das ganz schön groß ist wird flöten gehen. schade. ich könnte unendlich weiter schreiben, weil ich mir wirklich sorgen mache über den zustand unseers landes.
MirkoMaschiene am 05. July 2005
Mirko, Deine Sorge verstehe ich. Sie erinnert mich an Helmut Schmidt, der in der Debatte vor seinem Sturz ausrief, als etwas Unruhe im Saal entstanden war: “Noch darf ich hier reden!” Und dann kamen tatsächlich diese Nazis und haben alles zurückgedreht und uns wiedervereinigt … Die Ruh ist hin. Bald werden wir auch nicht mehr bloggen können.
Elsheimer am 05. July 2005
Es geht tatsächlich nicht mehr um den besten Weg, um eine gute und vernünftige Lösung. Nein, es geht nur noch um Machterwerbung und Machterhalt. Das demonstrieren die Politiker uns leider beinahe täglich. So wird das nichts — auch nicht unter einer konservativ/liberalen Regierung.
Andererseits ist es so, dass es auch ein Problem ist, dass heute jeder alles, was irgendein anderer sagt, quasi per Federstrich (ob nun im Blog, im Forum, in einem anderen Medium) mal eben zunichte oder ad absurdum führen kann. Worte, Worte, nichts als Worte. Dieser Satz wird William Shakespeare zugesprochen. Wenn also die Menschen vor fast 400 Jahren schon Probleme mit der Kommunikation hatten, wie soll es dann heute sein, wo uns doch quasi ein Kosmos voller Worte zur Verfügung steht.
apollon am 05. July 2005