FlashForward

FlashForward ist eine neue US-Serie, die vor wenigen Tagen auf ABC und gestern auf Five im britischen Fernsehen Premiere feierte. Das ist zwar etwas ungewöhnlich für mich, schon nach einer Folge was dazu zu schreiben – normalerweise gucke ich eine Staffel weg, bevor ich mir eine Meinung gönne –, aber das Dumme an Flash Forward ist, dass es genau wie Lost eine dieser Serien ist, die keine Wartezeit vertragen.

Die Serie spielt in Los Angeles. Hauptfiguren sind ein FBI-Mitarbeiter und seine Frau, eine Ärztin. Wer sonst noch dabei ist, kann ich nicht sagen; momentan spielt sich fast alles im FBI-Büro und im Krankenhaus ab. Und: in den Straßen von Los Angeles, wo alle Menschen auf einmal scheinbar in Ohnmacht fallen und knapp drei Minuten später wieder aufwachen. In diesen drei Minuten haben sie alle Visionen vom 29. April 2010 gehabt – alle vom gleichen Tag zur gleichen Zeit. Und: Das Ganze betrifft nicht nur Los Angeles, sondern die ganze Welt.

Das klingt jetzt erstmal nach einer sonaja-Exposition. Warum ich trotzdem begierig auf nächsten Montag warte, wenn die nächste Folge (legal) läuft, hat zwei Gründe. Erstens: Einer der Entwickler der Serie ist Brannon Braga, einer der wenigen Namen, die ich mir aus meiner Hardcore-Trekkie-Phase gemerkt habe. Er ist verantwortlich für viele grandiose Episoden aus The Next Generation wie zum Beispiel Cause and Effect, wo die Enterprise in einer Zeitschleife festhängt. Oder Schisms und Frame of Mind, deren verwirrende Handlungen erst kurz vor Schluss einen Sinn ergeben – und bis dahin darf man als Zuschauer eben Rätsel raten. Kurz gesagt: Ich traue dem Mann grundsätzlich erstmal was richtig Gutes zu.

Der zweite Grund ist noch nerdiger: Ich wittere Verschwörungstheorien oder ein charmantes Tie-in für das Finale von Lost, das in einem halben Jahr ansteht. Bereits in den ersten Sendeminuten von Flash Forward ist ein Werbeplakat für Oceanic Airlines zu sehen. Die Ärztin wird von Sonya Walger gespielt, die in Lost Penny darstellt; im englischen Wikipedia-Eintrag steht auch schon Dominic Monaghan (Charlie) in der upcoming-cast-Liste. Im Chaos von Los Angeles, direkt nach der „Ohnmacht“, hüpft ein Känguruh durch die Straßen. (Der Oceanic-Flug startete in Sydney.) Die anderen Querverweise hab ich schon wieder vergessen, aber Google weiß garantiert noch ein paar.

Ich hoffe, das ganze ist kein billiges Zugpferd, um die ganzen Lost-Vernarrten langsam, aber sicher zu FlashForward zu ziehen. Beide Shows laufen auf dem gleichen US-Sender, und das ist ja nichts Neues, dass sich Serien aufeinander beziehen (siehe so ziemlich jede Show von David E. Kelley), was den Stammzuschauern immer wieder Spaß macht. Vielleicht war das auch einfach nur ein sehr gelungenes Bonbon, weil jetzt alle, genau wie ich, brav über diesen Kram nachgrübeln anstatt ein gutes Buch zu lesen.

Einen Nachteil hat die Serie allerdings: Sie beruht auf einem Buch (Vorsicht, Spoiler), was bedeutet, dass jeder sich das Ende bzw. die Auflösung bereits durchlesen kann. Kann natürlich auch sein, dass sie nur die Prämisse genommen haben und alles ganz anders kommt. Ich kann mich noch nicht entscheiden, ob ich mir den Roman kaufe oder lieber ein halbes Jahr lang Fingernägel kaue. Außerdem weiß ich nicht, wie FlashForward über Jahre hinaus funktionieren soll, aber das habe ich bei 24 auch gedacht.

Ich glaube, ich warte erstmal auf nächsten Montag.

„Dann bedachte ich, welch geistiges Brot doch eine Zeitung ist, noch warm und feucht von der Presse, aus der es eben hervorgegangen ist, und vom Nebel des Morgens, an dem es schon in den frühesten Stunden an die Dienstmädchen ausgeteilt wird, die es der Herrschaft mit dem Frühstückskaffee bringen, jenes Wunderbrot, das, mit der Gabe unendlicher Vermehrung beschenkt, gleichzeitig eines und Zehntausende ist und dennoch das gleiche für jeden einzelnen bleibt, während es in unübersehbarer Zahl in sämtliche Häuser ausgeschüttet wird.
Was ich in der Hand hielt, ist nicht ein bestimmtes Exemplar der Zeitung, sondern nur ein beliebiges von den Zehntausenden; es ist nicht nur das von mir Geschriebene, sondern das von mir Geschriebene und von allen Gelesene.“

Marcel Proust, Auf der Suche nach der verlorenen Zeit 6: Die Flüchtige, Suhrkamp 3646, 2000, Seite 226/227, Übersetzung von Eva Rechel-Mertens.

„Puis je considérai le pain spirituel qu’est un journal encore chaud et humide de la presse récente dans le brouillard du matin où on le distribue, dès l’aurore, aux bonnes qui l’apportent à leur maître avec le café au lait, pain miraculeux, multipliable, qui est à la fois un et dix mille, qui reste le même pour chacun tout en pénétrant innombrable, à la fois dans toutes les maisons.
Ce que je tenais en main, ce n’est pas un certain exemplaire du journal, c’est l’un quelconque des dix mille; ce n’est pas seulement ce qui a été écrit pour moi, c’est ce qui a été écrit pour moi et pour tous.“

Marcel Proust, À la recherche du temps perdu 6: La fugitive, Quelle)

Die Mädchenmannschaft hat einen interessant klingenden Buchtipp:

„Susie Orbachs Bodies ist mit seinen gerade mal 145 Seiten so dicht und grundlegend, dass es nicht nur zu einem Klassiker wie ihr Buch Fat is a Feminist Issue werden wird, sondern es einem auch richtig schwer macht, wo man jetzt anfangen soll beim Empfehlen. Deswegen greife ich mir einfach mal ihre zentralen Thesen heraus:

“Our bodies no longer make things.”
Dass unsere Körper nichts mehr wirklich tun, mag erst mal nur eine schlichte Feststellung sein, für Orbach ist sie allerdings einer der zentralen Gründe, warum das Verhältnis zwischen uns und unseren Körpern immer gestörter wird. Beziehungsweise Störungen wie die verschiedenen Body Image Disorders zunehmen. Denn weil unsere Körper nicht mehr für unsere tägliche Arbeit funktionieren müssen, wir unseren Körper nicht mehr bei körperlich anstrengenden Arbeiten z.B. auf dem Feld oder in der Fabrik spüren, wird unser Blick – quasi aus Langeweile – auf unseren Körper ein anderer. Er wird vom Subjekt zum Objekt:

“Our bodies are and hace become a form of work. The body ist turning from being the means of production to the production itself.” “

Die Ministerbilanz der Großen Koalition: Wer hat was erreicht oder auch nicht?

Und die Tagesthemen so: yeaahh. Bitte auf jeden Fall auch den fantastischen Kommentar des BR anschauen.

Der bessere Wahlomat: Wen wählen? (Da kommt bei mir jedenfalls genau das Ergebnis raus, das ich eh wählen wollte.)

Und alle so: Are you FUCKING kidding me?

Frankreichs Parlament billigt die Internetsperre für „Raub“kopierer (können wir irgendwann mal ein Gegenwort* erfinden, das kein Widerspruch in sich ist? Eine Kopie ist kein Raub, weil nichts weggenommen, sondern im Gegenteil vervielfältigt wird), nach der man nach dreimaligem MÖRDERISCHEN Download von UNFASSBAR WERTVOLLEN Musik- oder Filmdateien ein Jahr lang keinen Zugang mehr zum Netz hat. Ich hoffe, die Jungs da drüben haben auch so was Nettes wie ein Bundesverfassungsgericht, das diesen Schwachsinn sofort kippt. Recht auf Informationen, anyone? Arschlöcher.

Edit: Malte schlägt „Bootleg“ vor.

Waaah, die nächste Staffel Top Gear wird in HD ausgestrahlt. Ich krieg doch jetzt schon einen Herzkasper bei der Blingblinglackerotik. Man reiche mir das Riechsalz.

(via allesaussersport)

Sehr geehrte Bahn,

machen Sie den Herbst zu Ihrer nervigsten Jahreszeit – mit tollen Mails für Bahncardkunden in Deutschland und Europa. Jetzt ist die beste Zeit dazu. Denn mit der folgenden, extradoof formulierten Anrede ärgern Sie Ihre Kunden gleich doppelt.

bahncard

Die NYT berichtet in einem Artikel über The Budget, einer Zeitung von Amish für Amish:

“The national edition of The Budget, now available in print only, is largely composed of submissions from hundreds of volunteer “scribes” from across the country. Typically, a scribe talks about the weather and segues into the goings-on in the local community. Around 500 scribe letters a week take up roughly 50 pages, said the publisher, Keith Rathbun, who like the rest of the Budget staff is not Amish. (The local edition covers just the area around Sugarcreek.)

In a letter dated Sept. 3, a scribe from Camden, Ind., told how a great-uncle, Owen, had the family over to “cut down a big tree in the front yard and turn it into firewood. Uncle Owen cut it down while his sons stopped traffic as they had to throw it on the road. He got tired out, but at 89 I think that is doing quite well.”

By assembling detailed reports from around the country, Ms. Best said, the editors of The Budget “have been doing for 100 years what we have only been doing recently – looking at news on the hyperlocal scale and asking each person what is on your mind,” she said in an interview from Newport, Wales, where she is a reporter at The South Wales Argus.” “

Vor einigen Wochen war eine Journalistenschülerin zu Gast bei den Amish und hat über ihre Erfahrungen – wie verbreiten sich Nachrichten in der Gemeinschaft und welche Neuigkeiten sind relevant – gebloggt.

Simon’s Cat gibt’s demnächst auch als Buch. Meow.

„UND ALLE SO: YEAAHH.“

(Interweb, j’adore.)

I will not read your fucking script.” Sagt Josh Olson. Zu Recht.

“It rarely takes more than a page to recognize that you’re in the presence of someone who can write, but it only takes a sentence to know you’re dealing with someone who can’t.

(By the way, here’s a simple way to find out if you’re a writer. If you disagree with that statement, you’re not a writer. Because, you see, writers are also readers.)

You may want to allow for the fact that this fellow had never written a synopsis before, but that doesn’t excuse the inability to form a decent sentence, or an utter lack of facility with language and structure. The story described was clearly of great importance to him, but he had done nothing to convey its specifics to an impartial reader. (…)

Which brings us to an ugly truth about many aspiring screenwriters: They think that screenwriting doesn’t actually require the ability to write, just the ability to come up with a cool story that would make a cool movie. Screenwriting is widely regarded as the easiest way to break into the movie business, because it doesn’t require any kind of training, skill or equipment. Everybody can write, right? And because they believe that, they don’t regard working screenwriters with any kind of real respect. They will hand you a piece of inept writing without a second thought, because you do not have to be a writer to be a screenwriter.“

Wir sollten das Netz verwenden, um die Zeitungen zu reparieren, weil sie inzwischen, aus Gründen, die vermutlich mit Bildung zu tun haben, zu einem guten Teil von Halfwits, besinnungslosen Positionslaberern und nachlässigen Schwachmaten, die immer was mit Medien machen wollten, übernommen sind — anstatt das Kapital darüber zu belehren, daß Tradition kein Geschäftsmodell sei. Das Kapital kommt sicher ganz gut ohne die Ratschäge seiner Tagelöhner klar.“

(via Holgis Gezwitscher)

(He, pssst, am Ende dieses wunderbares Zitats aus einem wunderbaren Buch stehen drei Anführungszeichen hintereinander. Indirekte Rede in direkter Rede in einem Zitat. Toll. Und eventuell sogar grammatikalisch korrekt.)

” ‘I make the world’s best-selling rat poison.’ (…)

‘What’s your secret?’ I asked.

‘My competitors approach rat poison the wrong way,’ he said. ‘They study rats. I study people.’ Signor Donadon pointed at my plate with his fork. ‘Rats eat what people eat.’

I glanced down at my fegato alla veneziana and suddenly saw my dinner in a new light.

‘Venetian rats would be very happy to eat what you have on your plate,’ he said, ‘because they’re used to eating that kind of food. But German rats would not be interested at all. They prefer German cuisine – wuerstel, Wiener Schnitzel. So for Germany I make a rat poison that is forty-five percent pork fat. My French rat poison has butter in it. For America I use vanilla, granola, popcorn, and a little margarine, because Americans eat very little butter. I base my New York rat poison on vegetable oils and essential oils with orange fragrance to remind the rats of hamburgers and orange juice. For Bombay I add curry. For Chile, fish meal.
‘Rats are very adaptable. If their hosts go on fad diets, the rats go on the diets, too. I maintain thirty research stations around the world so I can update the tastes and flavours of my poisons in order to make them consistent with the latest trends in human dining.’

‘What’s in your Italian rat poison?’ I asked.

‘Olive oil, pasta, honey, espresso, green-apple juice, and Nutella. Especially Nutella. I buy tons of it. Rats love it. I told the Nutella company I would be happy to endorse it on television, and they said, “Oh, God, no! We beg you. Please tell no one!” ‘ “

John Berendt, The City of Falling Angels, Sceptre 2006, Seite 99/100