The Interpreter
Klassischer Thriller mit sozial-modernem Anstrich. The Interpreter (Die Dolmetscherin) erzählt die Geschichte von Sylvia (Nicole Kidman), die Simultanübersetzerin bei der UN in New York ist. Sie überhört eines Abends eine Unterhaltung, in der ein Mord an einem afrikanischen Staatschef angekündigt wird, der in wenigen Tagen vor der UN sprechen soll. Das FBI, genauer gesagt Sean Penn und Katherine Keener, untersuchen – mit vielen Helferleins aus allen Regierungsbehörden – den Fall, bei dem man bis zum Schluss nicht ganz sicher sein, wer nun lügt und wer nicht. Wer der Böse ist, wird allerdings viel zu früh klar.
Ich fand den Film spannend, und mir haben einige andere Dinge sehr gefallen, so zum Beispiel, dass Kidman und Penn sich nicht geküsst haben, wie man das ja schablonenmäßig erwartet. Mir hat das Tempo gefallen, in dem sich der Film entfaltet hat: gemächlich, aber nicht zu langsam. Mir haben viele Details gefallen, angefangen von der noch ungesehene Kulisse der Vereinten Nationen bis hin zu Anspielungen auf die Zustände in einigen afrikanischen Ländern, bei denen man inzwischen auch den Überblick verloren hat, wer eigentlich gerade gegen wen kämpft und warum – und vor allem, dass es anscheinend niemand interessiert, außer es sind Menschen betroffen, die man persönlich kennt.
Ich fand allerdings Nicole Kidman völlig fehlbesetzt. Als Dolmetscherin, die zuhause eine afrikanische Flöte bläst, war sie okay. Was sich dann aber im Laufe des Films als ihre Hintergrundstory entpuppt, war für so ein zierliches Püppchen dann doch ein bisschen arg aufgetragen. Und warum für die Rolle eine weiße Schauspielerin genommen wurde, ist mir auch nicht klar. Sean Penn knautscht sich sehr ordentlich durch den Film, und Keener ist immer gut – auch wenn ich mich bei jeder ihrer Szenen gefragt habe, ob FBI-Beamtinnen ihre langen Haare wirklich offen tragen.
Lustig, den Film hatten wir uns Freitagabend auf DVD gegeben. Spannend fand ich den in der Tat auch, aber die Kidman als AK47-schwingende Rebellenkämpferin war doch etwas overdone. Nichts desto weniger trotz fand ich den Film gut und daß sie sich nicht geküsst haben (obwohl sie auf derselben Seite des Ufers standen) fand ich gut. Das wäre sonst zu fad gewesen.
sirstick am 19. September 2005
Hm. Nein, da muss ich jetzt mal widersprechen. Ich fand die Kidman großartig in der Rolle. Nur weil sie eine zierliche Person ist, nimmt man ihr kein handgreifliches politisches Engagement ab? Die Argumentation zieht doch nicht. Ich kenne keine afrikanischen Rebellenkämpfer, aber ich bin sicher sie entsprechen nicht alle dem bärtiger-finsterer-muskulöser-Terrorist-Klischee. Und im Film ist gerade der Gegensatz spannend.
Zudem, ich bin absolut für mehr farbige Schauspieler in Hollywood-Filmen, aber dann wäre es eine andere Geschichte gewesen.
Lillian am 19. September 2005
Ja, es wäre eine andere Geschichte mit einer Schwarzen in der Hauptrolle geworden – und genau die hätte ich gerne gehört. Ich habe Kidmans Geschichte (oder die einer Weißen in einem fiktiven afrikanischen Staat) als typisch kolonialistisch empfunden. Vielleicht ging das nur mir so, aber ich denke, mich hätte die Geschichte etwas mehr erwischt, wenn die Rolle von, keine Ahnung, Angela Bassett oder so verkörpert worden wäre. Der hätte ich auch das Maschinengewehr im Arm abgenommen. Und die ist auch zierlich (oder immerhin kein bärtiger Muskelprotz).
Aber es kann auch alles daran liegen, dass ich Frau Kidman in fast keinem Film mag, einfach weil ich sie langweilig finde, wenn ich sie mir anschaue.
Anke am 19. September 2005
War am Samstag abend auch im Kino, auch in “Die Dolmetscherin” und war auch im Großen und Ganzen mit dem Kino-Abend sehr zufrieden. Ich hätte mir lediglich gewünscht, dass ich die Wiedergabe von Anrufen auf den verschiedenen Anrufbeantwortern eindeutiger hätte zuordnen können.
Ansonsten gibt es – aus (männlicher) Sicht – zumal an Nicole Kidman eigentlich nicht viel herumzumäkeln.
Ihre Rolle ist allerdings dubios. Nicht nur optisch macht sie einen fragilen und eher zweifelnden Eindruck, der so gar nichts damit zu tun hat, dass sie vor einigen Jahren im bewaffneten Widerstand mitgemacht hat. Und bei der zur Schau gestellten Bürgerlichkeit (Wohnungsinterieur) und Intellektualität (Musik, Bücher, randlose Brille, Vielsprachigkeit) bleibt unklar, warum sie den heutigen Diktator ehedem verehrt hat.
varzil am 19. September 2005
Die, die einst die größten Revoluzzer waren, sind heute die größten Spießer.
Ok, ich bin ja schon still. ;-)
Lillian am 19. September 2005
Nee, das Argument finde ich jetzt gar nicht so doof :-)
Anke am 19. September 2005