True Grit
Ich bin mit Western groß geworden, weil mein Vater die dauernd geguckt hat. Im Wohnzimmerschrank stehen ne Menge davon, und selbst an der Uni belegte ich ein Seminar dazu. Die Coen-Brothers kann man auch immer gucken, und daher sollte eigentlich für mich ein prima Film dabei rauskommen, wenn die Coens einen Western drehen. Ist es auch.
In True Grit (Vergeltung) marschiert die 14-jährige Mattie (Hailee Steinfeld) zu einem Pferdehändler, um von ihm Geld dafür zu kriegen, dass er es zugelassen hat, dass Tom Chaney (Josh Brolin) erst ihren Vater erschoss und dann auch noch sein Pferd stahl. Mit einer Menge schlauem Gequatsche und der Androhung einer Gerichtsverhandlung bekommt sie ihr Geld – und nutzt es gleich, um von dem Typ ein Pferd zu kaufen. Den Rest bietet sie Marshall Rooster Cogburn (Jeff Bridges) an, einem versoffenen, aber beharrlichen Typen, den wir als jemand kennenlernen, dessen Revolver recht locker zu sitzen scheint. Sein Auftrag: Chaney finden. Nach kurzem Hin und Her nimmt Rooster den Job an – aber am gleichen Tag stellt sich heraus, dass auch der etwas überondulierte Texas Ranger LaBoeuf (Matt Damon) auf den Spuren von Chaney ist. Er will ihn nach Texas bringen, um ihn für den Mord an einem Senator vor Gericht zu stellen, während Mattie ihn in Arkansas hängen sehen will.
Schließlich reiten die drei notgedrungen gemeinsam los, jeder entpuppt sich als ein bisschen mehr als man von ihm oder ihr gedacht hatte, es gibt viele dreckige Zähne und äußerst unangenehme Verletzungen (das kennt man ja von den Coens), aber was mir am meisten im Gedächtnis geblieben ist, ist der wunderbare Jeff Bridges. Klar macht er immer einen guten Job, aber das hier fand ich fantastisch. Ich musste zwar die DVD-Untertitel einschalten, um ihn zu verstehen, aber das passte alles zum Charakter. Das tumb-Nuschelnde, das blitzschnell dem gewieft-Gefährlichen weicht, der angeblich einsame Outlaw, der sich bei der gemächlichen Verfolgung des Flüchtigen als Plaudertasche vor dem Herrn erweist, der angetrunkene Torkler, der trotzdem alles trifft, auf was er zielt – ein wunderbarer Typ. Matt Damon beweist, wie schon in 30 Rock, eine Menge Selbstironie, und die junge Frau Steinfeld steht aufrecht und überzeugend ihren Mann (haha) zwischen den ganzen Kerlen.
True Grit ist kein klassischer Western mit Saloon, Spucknapf und Show-down, sondern eine ziemlich simple Geschichte um Gerechtigkeit und Freundschaft. Aber das fällt kaum auf, weil man die ganze Zeit damit beschäftigt ist, dem Team die Daumen zu drücken oder sich über Jeff Bridges totzulachen. Ein herrlicher Film. Muss ich meinem Papa auf DVD schenken.
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Bechdel-Test bestanden?
1. Es müssen mindestens zwei Frauen mitspielen, die
2. miteinander reden
3. und zwar über etwas anderes als Männer.
Das machen wir kurz: Die einzige Frau, die neben Mattie was sagen darf, ist die Pensionswirtin ganz am Anfang des Films. Ungefähr fünf Sätze.
Bechdel-Test bestanden? Aber sowas von überhaupt gar nicht niemals und nicht. Was sehr schade ist, denn Mattie ist ein toller Charakter, und es wäre noch toller gewesen, wenn sie nicht nur Männer um sich gehabt hätte.