Tagebuch, Montag, 5. März 2018 – Monday, monday, ba-daaa *singt*
Ich habe das Gefühl, dass sich Einträge à la „Gearbeitet, geschlafen“ wiederholen und sie langweilen mich selbst beim Aufschreiben. Was daran liegen könnte, dass meine geldwerte Arbeit leider weitaus weniger spannend ist als das, was ich die letzten fünf Jahre für lau gemacht habe.
Das ist mir in den letzten Tagen verstärkt aufgefallen: wie wenig sich das Lesen und Schreiben in Bibliotheken nach Arbeit angefühlt hat, sondern stattdessen wie ein schlauer Urlaub. Natürlich war ich auch da nach sechs bis acht Stunden angemessen hirntot und brauchte Pausen und Kohlehydrate, aber ich war nie so gefühlt doof wie ich jetzt abends bin, wo ich mich kaum noch zu anständigen Büchern aufraffen kann.
Ich erwähnte bereits, dass sich das teilweise ziellose Rumlesen nie wie verschwendete Zeit angefühlt hat. Derzeit bin ich auf mehreren Kunden gebucht, die manchmal Texte oder Konzepte haben wollen, von denen man schon vorher weiß, dass sie Quatsch sind. Man macht sie aber trotzdem, damit der Kunde was vorgelegt bekommt, dass er dann als „Quatsch“ abtun und sich was Neues wünschen kann. Manchmal muss man Dinge halt ausformuliert oder gestaltet vor sich sehen, um zu wissen, nee, das war eine blöde Idee. Ich bin davor auch nicht gefeit, wie ich weiß, seitdem ich meine Website habe umgestalten lassen. Aber wenn man auf der anderen Seite sitzt und weiß, dass man gerade für den Papierkorb arbeitet, strengt es ungemein an. Deutlich mehr als wenn man in der Bibliothek sitzt und ziellos ein Buch nach dem anderen durchblättert, einfach weil es da ist und man Zeit hat.
Ich merke auch, dass mich meine Arbeit wieder körperlich anstrengt. Dass sie mich geistig anstrengt, ist normal und erwartbar. Auch wenn man gerne über die Dösbaddeligkeit von Werbetexten lästern kann – es kostet Mühe, sie zu schreiben, vor allem, wenn man trotz ihrer inhärenten Sinnlosigkeit möchte, dass sie gut lesbar sind, gut klingen und vielleicht doch ein winziges bisschen was zu sagen haben. Ich merke, dass ich abends wieder körperlich ausgelaugt bin, was ich nach acht Stunden Bibliothek weitaus weniger war. Ich muss mir leider eingestehen, dass ich keine 25 mehr bin und auch keine 35 mehr, wo ich das weitaus besser weggesteckt habe. Ich brauche mehr Zeit für mich selbst, mehr Zeit, den Kopf wieder für mich anzuknipsen, und das kam in letzter Zeit leider zu kurz. Wenn der Schreibtisch eh voll ist und man dann noch angekränkelt an ihm sitzt, fällt alles doppelt schwer. Deswegen passierte im Blog auch in der letzten Woche so wenig; ich hatte nicht mehr die Kraft, Nullnummern wie oben beschrieben – „gearbeitet, geschlafen“ – aufzuschreiben.
Am Freitag und Samstag dieser Woche findet mein erstes Doktorandenkolloquium statt. Ich kann zwar leider selbst noch nicht über meine Arbeit Auskunft geben, weil ich schlicht noch nichts Sinnhaftes vortragen kann außer einem tollen Plan und viel zu wenig gelesenen Seiten, aber ich freue mich wie irre darauf, von den anderen zu hören, was sie machen und worüber sie nachdenken. Seit Tagen sitze ich hier, texte vor mich hin und denke: „Nur noch drei Tage, dann siehst du endlich wieder normale Leute.“ Den Satz habe ich auf der republica zum ersten Mal gehört und ihn als wahr abgenickt. Hier stimmt der Satz jetzt wieder.
Ich freue mich ebenfalls sehr auf den Semesterbeginn im April, wo ich versuchen werde, mich wenigstens in ein paar Vorlesungen zu setzen, um nicht zu verblöden. Ich merke erschrocken, wie sehr meine Unizeit gefühlt schon in der Vergangenheit liegt, obwohl ich erst im Oktober mein Masterzeugnis bekommen habe. Aber seitdem habe ich mich so brutal wieder in Richtung Werbung gepolt, dass sich das schon wie ein anderes Leben anfühlt. War es wohl auch. Merke ich auch erst jetzt so richtig.
Ich möchte daher bewusster versuchen, mir wenigstens Reste dieses schlauen, schönen, selbstbestimmten Lebens ins Werberleben zu retten. Deswegen ja auch die Diss, die ich nicht mehr als Karrierestufe sehe, sondern als roter Faden, an dem ich mich ein bisschen langhangeln kann an schlechten Tagen oder denen, die mich übermäßig anstrengen, weil sie mit Quatsch gefüllt sind. Ich möchte versuchen, sie nicht als Pflicht anzusehen, als Ding, was auch noch erledigt werden muss neben dem ganzen Kram, der auf meinem Tisch liegt. Ich möchte versuchen, sie als großartiges Ding wahrzunehmen, dass dafür sorgt, dass ich ein winziges bisschen weiter Kunsthistorikerin spielen darf, obwohl das auf meiner Visitenkarte erst nach der Werberin kommt. Ich möchte auf meinen Alltag besser aufpassen, damit er nicht zu alltäglich wird. Sonst bin ich in fünf Jahren wieder da, wo ich schon mal war. Andererseits könnte ich dann noch einen Politik-Bachelor hintendranhängen, wär auch spannend.