Die Krankheit zum Feiertag: Jerusalem-Syndrom.

Ich kann nicht mehr zählen, wie oft ich in den letzten Monaten das Gefühl hatte, glücklich zu sein, und dankbar. Ich kann zählen, wie oft ich in den letzten Monaten unglücklich war.“

„Ihm (Wagner) war (…) aufgegangen, dass die Orchestermelodie nicht etwa Begleitung der Szene, sondern so etwas wie Substanz oder Funktion des Dramas zu sein habe. (…) Nun könnte man schon jetzt fragen: Worin besteht demnach das Spezifische der Wagner’schen Orchestermelodie? Etwa darin, dass sie auf die Separierung von Arie, Duett, Ensemble, Chor und damit auf Füllsel, Floskeln, Überleitungen und Schlussformen weitgehend verzichtet oder doch verzichten will, um den dramatischen Fluss herzustellen? Dass sie kein Rezitativ kennt, sondern den Dialog durchkomponiert? Nein, das ist nur der ihr immanente Zug zur „unendlichen Melodie“, ein sekundäres Kompositionsmerkmal. Ihr Neues ist der ungleich stärkere Bezug auf den harmonischen Kontext, was sie erst „universell“ macht, übrigens auch schwieriger memorierbar und weniger nachpfeifbar – während nach Wagners Auffassung (…) die glänzende „Einseitigkeit in der Zeichung der Melodie“ nur ein schönes Gehäuse erzeugt, „welches über die dramatische Stimmung gesetzt ist, so dass diese sich gleichsam wie unter Glas und Rahmen ausnimmt“. Eine solche dekorative Orchestermelodie, die an der Handlung wie eine Girlande aufgehängt ist, drückt nach Wagners Meinung von der Tiefe menschlicher Empfindung nichts aus. Die Orchestermelodie soll aus den „gewaltigen Tiefen der reichsten menschlichen Natur“ dringen. Schon in Eine Pilgerfahrt zu Beethoven (1840!) hieß es, die Instrumente gäben die Urgefühle der Natur wieder, die Stimme das menschliche Herz. Und in den siebziger Jahren, nach Beendigung des Rings, sagte Wagner zu Cosima, das Orchester sei die Natur, in der sich der Sänger bewege. (…) der Orchestermelodie kommt eine Selbständigkeit zu, durch die ihre bloße „Form“ zum mitsprechenden „Inhalt“ wird.“

Aus: Richard Wagner – Sein Leben, sein Werk, sein Jahrhundert, Martin Gregor-Dellin

iTunes by the numbers

Via Bloggold. Ich muss allerdings zugeben, dass mein iTunes ziemlich bescheiden ist. Ich höre kaum Musik, während ich am Rechner bin, weil ich meistens lese oder schreibe und beides ohne Musik besser kann. Eigentlich nutze ich es nur, um Zeug aus meiner CD-Sammlung draufzuspielen oder Songs zu kaufen, um die dann aufs iPhone zu packen. Daher auch die eher „kleine“ Anzahl von Songs.

Statistik:

1155 Titel
3,2 Tage
5,04 GB

Kürzester und längster Track:

The Mustard aus Buffy the Vampire Slayer (0:20 min)
Beyond the sea, Robbie Williams (28:15 min. Dusseliger Bonustrackquatsch mit gefühlten 22 Minuten Stille. Sonst wäre es ein Medley von Andy Williams geworden, das immerhin 12:53 min lang ist und vor allem aus 12:53 min Musik besteht.)

Erster und letzter Track (Titelname):

À l’arrière des taxis, Noir Désir
7000 Danses (Version acoustique), Indochine (Ts. Diese Franzosen neuerdings.)

Erster und letzter Interpret:

– ABBA
– 3 Doors Down

Erstes und letztes Album (Titel):

American Beauty-Soundtrack
White City, Pete Townshend

Die fünf meistgespielten Tracks:

Here come the girls, Ernie K. Doe
Cobrastyle, Teddybears
Le vent nous portera, Noir Désir
I’m shipping up to Boston, Dropkick Murphys
Sister Golden Hair, America

Fünf Songs im Partyshuffle:

Die Funktion hab ich noch nie benutzt und lasse die Frage daher schamlos weg.

Suche nach folgenden Begriffen – wieviele Songs tauchen als Ergebnis auf?

Sex: 3 (jugendfreies iTunes sozusagen)
Death: 12
Love: 74
You: 156
Home: 9
Boy: 16
Girl: 10

Ich erweitere die Liste patriotisch um:

Black: 11
Red: 7
Gold: 6

„For Martin Sheen, one small rudeness is a badge of honour. “You see,” he says, “the extraordinary thing is how closely The West Wing overlapped with the administration of George Bush. And every now and then, the whole crew on the show would go to Washington to shoot some exteriors and get the snow on the ground. Well, Andy Card was Bush’s chief of staff then and when we were in town invitations came out from him so that each person on the show could get to meet the equivalent person in the White House. Except for me! That man would not give me the time of day because he knew I had a history as a radical!”“

The Elder Statesman – schöner Artikel über Martin Sheen, Apocalypse Now, seinen Glauben, seine Karriere.

(Danke, Pavel.)

Vielen Dank an Mike für ein weiteres nachträgliches Geburtstagsgeschenk: Held von Flix kam gestern bei mir an – und wurde gestern auch gleich durchgelesen.

„Ja, ich weiß, dass das Ding ausverkauft ist, aber ich kann ja trotzdem spaßeshalber im Internet nachgucken, ob nicht doch noch eine einzelne Karte irgendwo … HA!“

Musik zum Tag: das Finale in der Chéreau-Inszenierung von 1976–1980 in Bayreuth, die Winifred Wagner laut Biografie ganz fürchterlich fand. War ja klar. Wer wissen will, was vor dem Finale passiert: klick.

Vielen Dank für die nette Geburtstagspost. Oder den, kann man lesen, wie man will.

Ich zieh nach Österreich. Nur der Sprache wegen. (Der Claim! Der Claim! Ich kann nicht mehr.)

Hallo, Spiegel-Online-Leser: Der Blogeintrag zu den Tagebuchhölzern meines Opas ist hier.

Mein iPhone will per Autokorrektur aus Blog immer blöd machen.

Ich bin sehr selten mit Malte einer Meinung, aber diesmal dann doch und zwar total.

Danke für die vielen Glückwünsche per Mail, Twitter, SMS, Xing (haha), Telefon und face-time. Neben Blümchen, vier French Dunnies, der Ulrike-Meinhof-Biografie und der IT Crowd auf DVD, die ich von netten Menschen bekommen habe, habe ich mir selbst noch ein nachträgliches Geschenk gemacht: Ich habe gefühlte drei Stunden von einem Date mit Viggo Mortensen geträumt (mit Knutschen!). Ich erinnere mich an eine blitzende Gläserbatterie bei Kerzenlicht in einer gemütlichen, riesigen Küche, an ein schummeriges Kino, das nur Plakate in schwarzweiß hatte, an einen Buchladen, in dem wir gestöbert haben und an ein paar Zigaretten auf seinem Balkon mit Blick über das nächtliche New York. Falls irgendwer mich mal auf ein date to remember ausführen will – das wäre die Benchmark. Außerdem habe ich auf englisch geträumt, was mir meines Wissens noch nie passiert ist (“While you were shooting The Lord of the Rings with the boys …”). Und netterweise haben wir uns direkt vor dem Weckerklingeln verabschiedet, so dass ich nicht unhöflich von den Nachrichten unterbrochen wurde.

Warum der Mann allerdings über seinem groben, grauen Anzug, der hervorragend zu seinem strubbeligen Aussehen gepasst hat, die ganze Zeit einen pinkfarbenen Flauschbademantel getragen hat, weiß ich auch nicht.

Enjoy the silence

Hallo, liebe SZ-online-Leser. Warum ich keine Kommentare (mehr) habe, steht hier. In etwas längerer Ausführung als nur der eine Satz im verlinkten Artikel. Lustig, dass dieses Thema gerade so aktuell ist; ich habe mich das letzte Mal Ende 2005 großartig mit Kommentaren beschäftigt und finde es komisch, dass jetzt auch andere darüber nachdenken (Spreeblick, Niggemeier).

Das hier ist ein persönliches Blog. Ich decke keine Skandale auf, ich gebe keine lustigen Tipps zur Suchmaschinenoptimierung und ich will auch nicht den Journalismus revolutionieren, verbessern oder sonst was mit ihm machen. Ich möchte einfach nur schreiben. Wer’s mag, darf gerne mitlesen, wer’s nicht mag, darf gerne weiterklicken. Aber ich brauche eben nicht für jeden Zweizeiler Feedback. Und auch nicht für die 200-Zeiler. Wer mir unbedingt ganz wahnwitzig dringend etwas mitteilen möchte, schreibt mir eine E-Mail. Was dazu führt, dass ich fast nur noch gehaltvolle Rückmeldungen bekomme oder Post, die sich über das freut, was ich schreibe.

Ich glaube nicht, dass es das Wesen eines Weblogs ist, eine Kommentarfunktion zu haben, und ich glaube auch nicht, dass jeder User ein Recht darauf hat, immer und dauernd etwas sagen zu dürfen. Ich genieße inzwischen Seiten, die Kommentare vorsortieren oder bewerten; ich nutze z.B. bei Salon.com grundsätzlich die Editor’s-Choice-Funktion, die mir nur die Kommentare liefert, die den Artikel sinnvoll ergänzen, und mir 100 weitere Me-too-Sätze, Beleidigungen, Sexismus (gerade bei „Frauenthemen“ immer gerne genommen), themenfremdes Geseier oder kaum entzifferbares Spackentum erspart. Noch eher verzichte ich allerdings darauf, Leserreaktionen zu lesen, weil ich ganz zufrieden damit bin, nur die Stimme des Autors zu hören. Ich lese Salon wegen der Artikel, nicht wegen der Kommentare. Und genauso geht es mir bei den meisten Weblogs, die ich lese.

Seit ich keine Kommentare mehr zulasse, hat sich auch mein eigenes Kommentarverhalten geändert. Denn ich habe zu meinem eigenen Entsetzen festgestellt, dass ich zum Schluss genau die gleiche banale Grütze unter viele Artikel gesetzt habe, die mich an manchen meiner eigenen Kommentatoren genervt hat. Inzwischen lese ich wieder viel mehr anstatt mir schon beim Überfliegen der Zeilen eines anderen darüber Gedanken zu machen, was ich wohl dazu sagen könnte.

Ich kommentiere fast nur noch in Blogs, deren Betreiber ich kenne oder die ich schon so lange lese/die mich schon so lange lesen, dass ich das Gefühl habe, sie zu kennen. Dort ist die offene Kommentarfunktion für mich eine Art Watercooler Talk, bei dem man sich kurz austauscht und dann weitergeht. Aber auch in diesen Blogs schreibe ich nicht unter jeden Artikel irgendwas, sondern habe mir inzwischen angewöhnt, meistens stumm zu nicken, den Kopf zu schütteln oder mir anderweitig meine Gedanken zu machen, ohne sie zwingend dem Blogbetreiber mitteilen zu müssen.

Und selbst mein Bloggen hat sich verändert. Die ganzen Nichtigkeiten sind zu Twitter ausgelagert worden, wo sie sich sehr, sehr wohlfühlen inmitten einer Horde weiterer Nichtigkeiten. Und die Dinge, über die ich schreibe, sind inzwischen auch deutlicher vorsortiert als früher. Ich muss nicht jedes Buch, das ich lese, und jeden Film, den ich sehe, und jeden Sonnenuntergang, den ich genieße, beschreiben, rezensieren, kommentieren. Vieles nehme ich einfach hin – und behalte es ganz für mich. Schweigend.

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Herzliche Glückwünsche nach Berlin und in die Nachbarschaft.