„Mein Vater arbeitete an seinem Opus magnus, meine Mutter in einer Tagesklinik für psychisch Gestörte. Ihr berühmtester Patient war ein Mann, der mit der Wand redete, in der Annahme, dem Geheimdienst auf diesem Wege Nachrichten zu übermitteln. Als der Geheimdienst nicht auf seine Berichte einging, wurde er destruktiv. So landete er bei meiner Mutter. Über diesen Mann hat sie promoviert. Dank meiner Mutter erkannte er, dass er zwanzig Jahre lang umsonst mit einer Wand geredet hatte. Diese Erkenntnis war zuviel für ihn, und er stürzte sich in einen Fahrstuhlschacht. Das war ein Wermutstropfen in der Promotionsfeier meiner Mutter, schließlich war er dort als Ehrengast geladen worden. Nach diesem Vorfall veröffentlichte sie einige Artikel, in denen sie die Frage aufwarf, ob es wirklich vernünftig sei, Menschen völlig von ihren Wahnideen zu heilen.“

Phantomschmerz, Arnon Grünberg

3 Antworten:

  1. Ich habe gerade “Der Vogel” gelesen. Tolles Buch. Ich frage mich vor allem, warum er die Geschichte z.T. zumindest in Göttingen spielen lässt. Bzw. wie er darauf gekommen ist.

  2. Ich habe mir “Phantomschmerz” gestern bestellt. Wehe, der Rest hält nicht, was der Aszug verspricht :-)

  3. Bis jetzt isses nett (halb durch).