Reverb 10: December 15 – 5 Minutes
5 Minutes. Imagine you will completely lose your memory of 2010 in five minutes. Set an alarm for five minutes and capture the things you most want to remember about 2010.
Ich möchte mich an den Winter erinnern, der kalendarisch Frühling war; die neue Winterjacke, der bunte Schal, der blaue Himmel und wie lange Hamburg weiß und ruhig war. Ich mag Kälte viel lieber als Hitze, und deswegen fand ich das sehr schön, dass die kalte Jahreszeit in die Verlängerung gegangen ist.
Ich möchte mich an den ersten Friseurbesuch seit Jahren erinnern, bei dem die Haare viel kürzer geworden sind. An Jonathan Safran Foers Eating Animals. An meine erste Polenta, die geschmeckt hat. An meine Kekse, die ich seit Jahren nicht gebacken habe. An meine ersten gelungenen Macarons. Eigentlich an die vielen Momente, in denen ich doof-grinsend in der Küche stand und mich selbst bestaunt habe.
Ich möchte mich an diesen einen Job erinnern, bei dem ich tagelang in mich selbst reingequengelt habe, dass ich mich viel zu billig verkauft habe, bis ich gemerkt habe, dass dafür andere Dinge an dem Job toll sind. Und an den anderen Job, bei dem ich gequengelt habe, dass ich in anderen Agenturen mehr verdienen würde, bis mir aufgefallen ist, dass ich hier gerade sehr viel Zeit geschenkt kriege, was ja mal der Hintergedanke des Selbständigmachens war, damals vor fast drei Jahren, was ich über den ganzen Dollarzeichen in den Augen schon wieder vergessen hatte.
Und ich will mich an das unglaublich krafteinflößende Gefühl erinnern, in einem violetten, knielangen Kleid, meine dicken Beinchen in hautengen, schwarzen Leggins, und auf hohen Absätzen durch Düsseldorf gegangen zu sein, gut gelaunt und selbstbewusst und ohne einen einzigen dämlichen Spruch abgekriegt zu haben.