groundhog days
Tage beim Kunden fühlen sich immer an wie Wochen beim Kunden. Was nicht am Kunden liegt, sondern am Taxifahren zu nachtschlafender Zeit, den Kundenklamotten, in denen ich mich zwar halbwegs wohl, aber nie wirklich heimisch fühlen werde, an der Haarspange statt des Mützchens, der schwarzen Schultertasche statt des Rucksacks, am Quittungensammeln, Kaffeetrinken auf Flughäfen zum Langeweilewegschlumpfen, weil ich die Zeitung schon durch hab und immer das falsche Buch dabei und keine Lust auf den Spiegel, an den Security-Checks, wo ich unwürdig meine Hosen hochhalte, weil ich den Gürtel mit der Metallschnalle ablegen muss, und natürlich am Fliegen.
Bloß nicht am Gang sitzen, wo der eigene Ellenbogen dem Getränkewägelchen ausgeliefert ist und im Ganzen der Konfirmandenblase der Sitznachbarn (wir fliegen doch bloß ne gute STUNDE, Herrgott, ihr seid doch erwachsene Männer, jetzt reißt euch doch mal zusammen!), bloß nicht in der Mitte, wo man sich auf zwei Seiten um die Armlehne prügeln muss und nie die komplette Zeitung aufgefaltet kriegt, nein, nur am Fenster ist es auszuhalten, gegen das man sich lehnen kann, um der Illusion zu erliegen, die Nase in den Flugwind halten zu können und wo man immer und immer wieder rausgucken kann, weil Wolken nun mal so großartig aussehen und Lichterpunkte und der Sonnenaufgang und beleuchtete Stadien und Schwimmbäder und Straßen mit roten und weißen Scheinwerferlinien … Moment, ich wollte ja schreiben, wie nervig Fliegen ist. Hröm.
Für das Warten im Flugzeug, wann’s endlich losgeht, rächen sich andere prima und total kindisch, indem sie vom Sitz in den Gang springen, in der SEKUNDE, in der die endgültige Parkposition erreicht ist, um so dem Personal unmissverständlich klarzumachen, hey, ihr seid nur ein besserer Bus, I’ve got places to go, wofür sich das Flugpersonal prima und kindisch rächt, indem es jedem beim Aussteigen überfreundlich ein „Auf Wiedersehen“ zuzwitschert, so dass man antworten muss, will man sich nicht als totaler Sozialversager outen (warum ist mein Busfahrer nie so freundlich?). Wenn ich nach Hause komme, fühle ich mich, als ob ich die Zeitzone gewechselt hätte. Vielleicht weil sich meine Haut nach der Flugzeugluft einbildet, seit Tagen keine Creme bekommen zu haben, vielleicht weil ich meine heiligen Essenszeiten nicht einhalten konnte, vielleicht weil es für mich Kleinhirn immer noch unverständlich ist, so viele Kilometer in so kurzer Zeit zurückzulegen.
Und wegen all dieser Anstrengungen habe ich mich sehr über eine kleine SMS gefreut (auch albern: das Handy sofort wieder anmachen, sobald die Anschnallzeichen über Ihren Sitzen erloschen sind), in der mein Lieblingsmensch, den ich hier kaum „Kerl“ zu nennen wage, weil ich mich so gefreut habe, mir mitteilte, dass er mich vom Flughafen abholen würde. Abends kam zwar noch der obligatorische Spruch, dass das nicht zur Regel werden würde, worauf ich Harry oder Sally zitieren musste, von denen einer genau dieses Phänomen schon hinreichend beleuchtet hatte („Du holst mich gar nicht mehr vom Flughafen ab!“), aber selbst diese Einschränkung hat meiner Freude keinen Abbruch darüber getan, dass mich verdammt nochmal jemand vom Flughafen abgeholt hat. Ist schon lange her. Wusste gar nicht mehr, wie nett das ist.
(Ob er mich vom Bus abholen würde, wenn ich nur laut genug quengelte?)