Oscars 2006
23.30. E! ist seit Stunden auf dem roten Teppich, ich klinke mich jetzt ein und versuche, Pro Sieben weitestgehend zu ignorieren. Bis zur Verleihung natürlich. Bring it on, Hollywood! Kleider gucken galore!
23.35. Die Mitmoderatoren (Giuliana Irgendwas und Ryan Irgendwer) von Isaac Mizrahi lassen ihn schwören, sich am roten Teppich zu benehmen und nicht wieder Scarlett Johanssons Auslagen anzugrabschen. Er erwidert, dass er jeden Promi nach seiner sexuellen Ausrichtung fragen wird anstatt sie zu befummeln. Die beiden sehen nicht glücklich aus.
23.51. Rachel Weisz erscheint ziemlich schwanger und ziemlich schick in schlicht-schwarz. Im Publikum hinter der Absperrung schmeißen sich Leute Stoffpinguine zu.
0.34. Bisher nix passiert. Aber jetzt kommt Dolly Parton in einem pinkfarbenen Kleid, das ein bisschen selbstgestrickt aussieht. Und sie quatscht Isaac an die Wand. You go, girl! Keira Knightley posiert in burgunderfarbenem Vera Wang und irgendwelchem Ethnoschmuck (knapp daneben, zehn Minuten später sagt sie bei Isaac: “1960’s Bulgari necklace”). Wunderschön. AAAAAH, George Clooney! The Million Dollar Smile. Hach. Angeblich findet er Ang Lee doof, weil der viel zu viel gewinnt.
0.38. Weiterschmachten. Eric Bana. Bei den Kerlen gibt’s nie was Spannendes über die Klamotten zu berichten. Außer wenn Johnny Depp da ist. Michelle Williams trägt Goldgelb mit Chiffonärmelchen und Göttergatte (?) Heath einen Schnurrbart. Hm. E! bezeichnet ihr Kleid als „yellowy-mustardy“.
0.41. Will Smith ist da. Können Kerle bittebitte damit aufhören, quadratische Klunker im Ohr zu tragen? Gattin Jada Pinkett-Smith trägt schulterfreies Quietschblau. Jack Nicholson sieht aus wie … er immer aussieht. Und Paul Giamatti hat zur Feier des Tages seinen Ziegenbart aufgeplustert und die Tonsur poliert.
1.13. Jessica Alba (Versace) und Jane Seymour tragen beide schlicht-gold. Hoffentlich stehen sie auf dem roten Teppich nicht mal zufällig nebeneinander. Jetzt ist Jessica bei Isaac. Hm. So richtig klug klingt sie nicht. Aber lecker issie.
1.21. Speaking of lecker: Salma Hayek mal wieder atemberaubend in mittelblau und offenen Haaren. Keanu Reeves hat Sandra Bullock im Schlepptau, die entweder ein sehr ungünstiges Kleid (dunkelblau) trägt oder schwanger ist – aber es hat Taschen. Sehr praktisch. Felicity Huffman in schwarz mit doofem Ausschnitt (Brustbeinalarm!), Meryl Streep in dunklem Flieder.
1.30. Was? E! überträgt nicht direkt bis zur Verleihung? Grmpf. Muss ich doch zu Pro Sieben. Aber anscheinend ersparen sie uns Frau Engelke, sondern übernehmen das Programm von ABC (?).
1.41. ABC bringt Felicity Huffman zum Weinen, als sie ihr Einspieler ihrer Housewives-Kolleginnen vorspielen, die ihr viel Glück wünschen. Philip Seymour Hoffman trägt schwarz mit silberner Krawatte und sieht ein bisschen strubbelig aus. Marry me!
1.58. Diesmal war wirklich nix los auf dem Teppich. Keine bösen Fashion-Patzer. Langweilig. Hoffentlich kein böses Omen für die Show.
2.05. Schöner Einspieler zu Beginn, wo ne Menge alter Gastgeber ziemlich deutlich sagen, dass sie die Show ums Verrecken nicht moderieren wollen. Unter anderem Billy Crystal und Chris Rock, die sich aus einem Zelt in den Bergen melden. “We’re busy.” Jon Stewart kommt einigermaßen rein: “Welcome, ladies and gentlemen – Felicity … Hey, movie pirates out there, look at these people here! These are the people you are stealing from. There are women here who can barely afford enough fabric to cover their breasts … Steven Spielberg’s here, who made Schindler’s List and Munich. I think I can speak for all Jews when I say: I can’t wait what happens to us next … Sorry Björk couldn’t be here – she tried on her Oscar dress and Dick Cheney shot her …”
Trotzdem ist alles noch ein bisschen Late Night auf großer Bühne. Dafür kommen jetzt ein paar schöne Szenen aus klassischen Western, die “not gay at all” sind. Ne Menge Winchester-Jokes und lächelnde Männer mit nacktem Oberkörper. Und John Wayne: “I’ll have you spread-eagled on a wagon wheel.”
2.15. Nicole Kidman trägt verdammt elegantes Elfenbein und vergibt den Oscar für den besten männlichen Nebendarsteller. Und es wird … George Clooney. Mein erster Tipp liegt schon mal fett daneben. Aber jetzt gibt’s wieder das Strahlelächeln. “Okay, so I’m not winning director …” Dann wird’s politisch und gut: “They say Hollywood is a bit out of touch with the normal America. We were talking about AIDS when it was only whispered about. We talked about Civil Rights when they were not popular. And this Academy gave Hattie McDaniel an Oscar in 1939 when Blacks were still sitting in the back of the busses. I am proud to be part of this Academy and this Hollywood.” Auch Jon Stewart „applaudiert“ dem Oscar für Clooney: “What more could that guy HAVE?”
2.26. Ben Stiller trägt einen grünen Ganzkörperanzug … ich weiß noch nicht, warum … ah, er vergibt den Preis für Visual Effects und behauptet, vor einer Green Screen zu stehen. Naja. Der Oscar geht an King Kong, und mein zweiter Tipp war richtig. Nebenbei: Das Orchester spielt schon während der Dankesrede. Wie unhöflich ist das denn bitte?
2.30. Reese Witherspoon kommt zu Walk the Line auf die Bühne und trägt irgendwas goldglitzerndes Altmodisches. Sie vergibt Best Animated Feature an Wallace and Gromit. Yay, ich liebe das Titelthema, zu dem die Jungs auf die Bühne dürfen. Lalala … knappe Rede, die sie mit dem Kampfruf: “Cheeeese, Gromit!” beschließen.
2.34. Naomi Watts in hautfarben – wenn da keine Chiffonblümchen wären, würde ich sagen, sie steht vor einer Beige Screen – sagt den ersten nominierten Song an: Travellin’ Thru aus Transamerica. Dolly Parton in weißem Hosenanzug und mal wieder auf 43 cm Taille geschnürt hat anscheinend ne Menge Spaß auf der Bühne. Das Publikum auch – alles klatscht.
2.38. Der erste Clip zu den nominierten Best Pictures kommt – ohne prominente Ansage. Munich.
2.42. Luke (ochnaja) und Owen (YAY!) Wilson vergeben Live Action Short an Six Shooter und begrüßen dann Chicken Little und … äh … die komische Ente aus Chicken Little. Die beiden vergeben Animated Short Film an The Moon and the Son. Mir fällt grad auf, dass die Academy anscheinend die dämliche Idee vom letzten Jahr, Awards aus dem Publikum zu vergeben, wieder geknickt hat.
2.48. Jennifer Aniston in fließend-Schwarz vergibt Best Costume an Memoirs of a Geisha.
2.51. Russell Crowe marschiert zu Klängen von Gladiator ein und moderiert eine Montage aus diversen Biopics und ihren echten Vorbildern an. Er selber ist als John Nash aus A Beautiful Mind auch dabei.
2.57. Steve Carell und Mike Farrell kommen kalkweiß bzw. puterrot geschminkt und mit falschen Wimpern auf die Bühne und vergeben todernst Best Make-up an The Chronicles of Narnia.
3.00. Jon Stewart: “Why didn’t Cinderella Man win the make-up-category? It must be so hard to make Russell Crowe look like he got into a fight.”
3.01. Rachel McAdams in goldgelb erzählt was von den Technical Awards. Knappe 30 Sekunden lang, würd ich sagen.
3.02. Morgan Freeman verhaspelt sich bei seiner Ansage zur besten weiblichen Nebenrolle (muss an der fehlenden Krawatte liegen). And the Oscar goes to … Rachel Weisz für The Constant Gardener. Kurze, bescheidene Rede. Und: Schwangere Frauen haben einfach eine klasse Oberweite.
3.08. Der zweite Clip: Good Night, and Good Luck.
3.11. Lauren Bacall im schwarzen Hosenanzug moderiert einen Clip mit den angeblich most memorable characters in the history of movies an. Alles in Schwarzweiß. Aber wenn ich mich nicht irre, ist die Musik im Hintergrund dazu größtenteils aus L. A. Confidential.
3.18. Jon Stewart moderiert Terrence Howard an – “he played a pimp … which is kind of like an agent with a better hat” –, der Best Documentary Short an A Note of Triumph: The Golden Age of Norman Corwin vergibt. Die weibliche Preisträgerin bedankt sich bei der Academy, dass sie beim Academy Luncheon neben George Clooney sitzen durfte.
3.21. Charlize Theron in schwarz (anscheinend Trendfarbe du jour) vergibt Best Documentary an March of the Penguins. Ah, da sind die Stoffpinguine wieder!
3.23. Wow, Jennifer Lopez in sehr elegantem Grün moderiert den zweiten nominierten Song an: In the Deep aus Crash, gesungen von der Komponistin Kathleen York. Haha, brennende Autos als Bühnenbild. Sind wir hier bei Wetten, dass …?
3.32. Sandra Bullock und Keanu Reeves kommen zu Klängen von … na? Genau: Speed auf die Bühne und vergeben Best Art Direction an Memoirs of a Geisha.
3.36. Samuel L. Jackson mit Glitzerkram am Revers moderiert einen Clip mit passionate movies an, die uns verändert haben. The Pianist. Born on the 4th of July. Erin Brockovich. The China Syndrome. Thelma & Louise. The Great Dictator. To Kill a Mockingbird. All the President’s Men. Philadelphia. Network. Coming Home. Norma Rae. On the Waterfront. Und ne Menge andere. Märchenonkel Stewart: “And all of those issues were never a problem again.”
3.40. Der Präsident der Academy Sid Ganis freut sich, dass alle da sind und erzählt, dass zurzeit in New Orleans sechs Filmdrehs laufen.
3.44. Seufzzzz … Salma Hayek … sie sagt irgendwas, aber ich guck nur auf ihren Ausschnitt. Ja, klar, streich dir auch noch so total unbewusst das Haar aus der Stirn … ah, sie stellt das Orchester vor, das mal wieder von Bill Conti geleitet wird. Sie sagt Itzhak Perlman an, der Motive aus den fünf nominierten Soundtracks spielt. Direkt danach vergibt Salma den Oscar an Gustavo Santaolalla für Brokeback Mountain. Ha, im Tippspiel bei Mama liege ich endlich alleine vorne. Aber ich wette, der Dramaking hat mich gleich wieder eingeholt.
3.51. Filmclip Capote.
3.56. Jake Gyllenhaal moderiert epics an. (Hey, ich erkenne ein Thema im Oscar-Abend: Große Filme. DasjamalnDing.) Es beginnt mit Tanzfilmen, dann kommen die Monumentalschinken, dann die großen Abenteuer. Schlussbild: erst die fliegenden Räder aus E.T., dann Scarlett aus Gone with the Wind. Stewart: “Wow, I can’t wait for Hollywood’s Salute to Montages. Hey, we’re running out of film clips. If you have some, send them. Even if they are on Beta. We got three hours!”
4.00. Eric Bana und Jessica Alba vergeben Sound Mixing an King Kong.
4.03. Lily Tomlin und Meryl Streep bekommen Szenenapplaus und sind die ersten, die die blöden Teleprompter-Texte lustig rüberbringen. Sie scheinen zu improvisieren und fallen sich ständig ins Wort. Nebenbei preisen sie Robert Altman, der den diesjährigen Ehren-Oscar bekommt. Ja, klar, standing ovations. Altman unterbricht den Applaus: “They got me on a clock here.”
4.18. “Our next presenter is a very famous musician. You don’t know him. Go upstairs where your kids are downloading his music. Let them explain his significance. Ladies and gentlemen: Ludacris.” Der gute moderiert den letzten nominierten Song an: It’s hard out here for a pimp aus Hustle & Flow. Dargeboten wird er von … äh … hab ich beim Tippen nicht mitgekriegt. (3-6-Mafia?)
4.22. Queen Latifah zeichnet … ich glaub’s grad nicht … It’s hard out here for a pimp als den besten Song aus. Die Jungs kriegen sich überhaupt nicht ein vor Freude. Und Jon Stewart hat einen Gackerflash. “You know what? I think it just got a little easier out here for a pimp.”
4.27. Jennifer Garner fällt fast, aber nur fast, von ihren High Heels in ihrem ewig langen Goldkleid – “I do my own stunts” – und vergibt grinsend Sound Editing an King Kong.
4.30. George Clooney kündigt den Clip mit den im letzten Jahr Verstorbenen an. Anne Bancroft kriegt den dicksten Applaus.
4.37. Zu den Klängen vom Weißen Hai marschiert Will Smith ein und vergibt den besten ausländischen Film an … na, Sophie Scholl? Nein, Tsotsi aus Südafrika. (Immerhin richtig geraten. Trotzdem schade.)
4.41. Stewart: “For those of you who keep score: Martin Scorsese – zero. 3-6-Mafia – one.”
4.42. Eine freundliche Asiatin vergibt Best Editing an Crash. Preisträger Hughes Winborne will gleich dem Empfang der Statuette von der Bühne gehen, bis ihm einfällt, dass er noch was sagen darf.
4.44. Hillary Swank – auch in schwarz, allmählich wird das echt langweilig – vergibt den Oscar für den besten männlichen Hauptdarsteller an … come on, Philip … ja, er isses. Philip Seymour Hoffman für Capote. Ähnlich langweilige Rede wie bei den Globes. Aber bis jetzt hat noch keiner irgendwelche Zettel dabei gehabt, um eine Liste von Namen abzulesen. In irgendeinem Oscar-Blog hab ich gelesen, dass Bill Conti gedroht haben soll: “If you pull a piece of paper out of your pocket, I will play you off the stage.” Scheint gewirkt zu haben.
4.50. Clip Brokeback Mountain.
4.54. John Travolta (buzz cut) vergibt Best Cinematography an Memoirs of a Geisha.
4.57. Jamie Foxx (schickes blaues Hemd unter dem schwarzen Anzug) vergibt den Oscar für die beste weibliche Hauptrolle an … jetzt bin ich gespannt, ob Reese ihn wirklich kriegt oder doch Felicity Huffman … ja, Reese Witherspoon für Walk the Line. Niedliche Rede. An ihre Eltern gewandt sagt sie: “It never mattered if I made my bed or if I made a movie, you were always proud of me.” Und noch kurz vor Toresschluss erinnert sie sich an ihren Ehemann, auf den die ganze Zeit die Kamera gerichtet war.
5.07. Dustin Hoffman kündigt den Oscar für Adapted Screenplay an und öffnet den Umschlag schon, bevor die Nominierten angesagt wurden. “Acting is so much easier than doing this stuff.” Er kann sich aber gerade noch zurückhalten und wartet bis nach den Einspielern, bis er den Oscar an Brokeback Mountain vergibt. Einer der Autoren dankt den Buchhändlern auf der ganzen Welt für die Verbreitung der Kurzgeschichte und dem Aufrechterhalten der Kultur des Lesens.
5.12. Uma Thurman in goldigbeige (und mit ein bisschen zu wenig body fat) vergibt Best Original Screenplay an Crash.
5.15. Clip Crash.
5.20. Tom Hanks (der muss mit der Forrest-Gump-Musik für den Rest seiner Tage leben) vergibt den Oscar für die beste Regie an Ang Lee für Brokeback Mountain. Es würde mich doch sehr wundern, wenn der Cowboyfilm jetzt nicht auch den Besten Film abräumen würde.
5.22. Keine Werbepause? Gerne. Jack Nicholson stellt nochmal die fünf nominierten besten Filme vor und vergibt dann den letzten Oscar des Abends an … näh! Crash! Na immerhin eine Ãœberraschung. Obwohl ich das Gefühl habe, dass Nicholson den Umschlag gar nicht aufgemacht hat.
Oh, noch nicht mal halb sechs? Ziemlich straffe Veranstaltung dieses Jahr. Jon Stewart hat mir gut gefallen, und ohne die doofen Dankeslisten machen auch die Reden wieder ein bisschen mehr Spaß. Reicht dann jetzt aber auch. Ab ins Bett. Good night … and good luck.