Nicholas Nickleby
Nicholas Nickleby: Es gibt Filme, bei denen einem einfach das Herz aufgeht, bei denen man sich nach wenigen Minuten wieder wie ein Kind fühlt, dem vorgelesen wird. Man folgt mit offenem Mund der Geschichte, obwohl man bereits ahnt, wie sie weitergeht, aber man möchte jedes Detail mitbekommen, jede Geste würdigen und die Hauptpersonen gar nicht wieder ziehen lassen. So ein Film ist Nicholas Nickleby.
Er ist vordergründig eine altmodische Familiengeschichte und doch so viel mehr: Es geht um Freundschaft, Liebe und den Sieg des Guten. Die Buchvorlage stammt von Charles Dickens, und dementsprechend wimmelt es im Film von bösen Oberschurken, die aber zum Schluss natürlich ihre Strafe bekommen, und ehrlichen, großherzigen Lichtgestalten, die zwar einiges durchstehen müssen, aber doch als die Sieger vom Platz gehen.
Dickens birgt ja stets die Gefahr, dass die relativ simple Botschaft seiner Werke durch ebenso simple Dialoge runtergedummt wird oder dass man den Schauspielern ihre Emotionen nicht abnimmt, weil diese schon ziemlich plakativ angelegt sind. Hier funktioniert aber alles: Die Geschichte wird mit einer wundervollen Leichtigkeit und einem großartigen Ensemble erzählt. Nathan Lane und Barry „Dame Edna“ Humphries machen jede ihrer Dialogzeilen zu einem Genuss, Jamie „Billy Elliot“ Bell bricht einem mit jedem Blick das Herz, und Charlie Hunnam in der Titelrolle ist so unschuldig und bemüht, stets das Richtige zu tun, dass man ihm nachsieht, ein bisschen wie ein weichgespülter Heath Ledger zu agieren. Christopher Plummer, Edward Fox, Juliet Stevenson und Jim Broadbent als die Bösen runden die Darstellerriege perfekt ab. Besondere Beachtung verdient Tom Courtenay als Butler von Plummer, der einen wundervollen Sidekick abgibt und das Böse stets ein wenig lächerlich aussehen lässt.
Der Film ist fürchterlich altmodisch, strotzt nur so von theatralischen Sets und nimmt sich viel Zeit für seine Story. Aber ich habe mich die ganze Zeit so wohl und warm und aufgehoben gefühlt, dass ich den Beginn des Abspanns verflucht habe wie schon lange nicht mehr.
Also: die Sofakissen aufschütteln, Kuscheldecke bereitlegen, Tee kochen und DVD ausleihen. Sofort.
(Ich guck ihn jetzt nochmal. Nee, watt isset schön.)