Links vom 11. Oktober 2012
Merle Stöver über Rape Culture. Ja, das ist wieder eines dieser bösen, feministischen Schlagworte, bei denen viele sofort aussteigen, aber lest euch den Artikel ruhig trotzdem mal durch. Er beginnt nämlich mit einer ziemlich schlauen Frage:
„Bei einem Gender-Training, das ich im Sommer geteamt habe, habe ich mal einen Einstieg gewählt, den ich vorher noch nie ausprobiert habe und der auch für mich als Teamerin eine ganz neue Situation geschaffen hat. (…) Ich habe dieses Gender-Training damit begonnen, zuerst die Männer zu befragen, wie sie sich vor Vergewaltigungen schützen.“
Und hört mit genau der Schlussfolgerung auf, die ich gerne jedem/r, der oder die Frauen vorwirft, im Minirock auf eine Party gegangen zu sein, auf die Nase tätowieren lassen möchte:
„Wir leben in einer Gesellschaft, die Frauen immer und immer wieder eintrichtert: „Pass auf, dass Du nicht vergewaltigt wirst!“, anstatt ein einziges Mal zu sagen „Vergewaltigt nicht, verdammt noch mal!““
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Stefan Mesch über Futter für die Bestie: warum es so schwer ist, Bücher zu empfehlen, während das bei Filmen und Musik für Algorithmen und Freunde viel einfacher scheint.
„Nur Buchempfehlungen bleiben eine Königsdisziplin. Für Programmierer, für Freunde. Für Kritiker, für Buchhändler und Pädagogen.
Zum einen, weil Literatur oft träge 40, 80 Seiten braucht für einen fundierten ersten Eindruck – statt wie ein Song oder ein Film sofort im Lauf der ersten Takte/Bilder wesentliche Eigenheiten (und Schwächen!) zu offenbaren. Zum anderen, weil wir viel mehr Horrorfilme, Sängerinnen, Sitcoms oder Eiscremesorten in unseren mentalen Registern geordnet haben als z.B. New-York-Romane, Bücher über Mütter oder Texte aus dem vorletzten Jahrhundert.
Romane sind schwer zu „erkennen“, schwer zu „durchschauen“, schwer zu sortieren und schwer zu vergleichen; Empfehlungen sind Feinarbeit, Geschmacksprognosen fast Psychologie: Wie viele Spannungs-, Erotik-, und Anspruchs-Punkte verdient Hemingway? Reicht es zum „Tagestipp“? Wie lässt sich „Sommerhaus, später“ fassen? „Bildsprache: 83 Prozent. Satzrhythmus: 90 Prozent. Erzählfluss: 62 Prozent. Lesespaß: 78 Prozent“?“
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Barbara Beyer in der Zeit über das moderne Regietheater an Opernhäusern:
„»Kunst definiert sich durch die Unwahrscheinlichkeit ihres Entstehens«, hat der Soziologe Niklas Luhmann einmal geschrieben, und der Dramaturg Carl Hegemann, der ihn zitiert, ergänzt: »Das Unwahrscheinliche ist in der Kunst wahrscheinlich geworden.« Dieses Dilemma betrifft selbstverständlich auch die Oper in ihrer derzeit gängigen Realisierungsform. Denn das einmalig Ereignishaftes, zum Beispiel schockierende Momente oder andere irritierende Phänomene, die einen so zu fesseln in der Lage wären, dass eine nachhaltige Wirkung entsteht, und denen man im Sinne Luhmanns einen Kunstcharakter zuzusprechen hätte, vermisst man bei vielen Aufführungen zusehends.“
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In diesem Zusammenhang eins meiner Lieblingszitate der letzten Tage; ich weiß leider nicht mehr, wo ich es gelesen habe, es war ein Ausspruch eines Kindes (eines sehr schlauen, offensichtlich):
„Kunst ist, was kein anderer kann.“
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Und als Rausschmeißer ein Artikel, den ich selbst noch nicht gelesen habe, aber der Einstieg klingt ziemlich gut. (Via Dirk von Gehlens Gezwitscher.)
„Separated from his older brother at a train station, five-year-old Saroo Munshi Khan found himself lost in the slums of Calcutta. Nearly 20 years later, living in Australia, he began a painstaking search for his birth home, using ingenuity, hazy memories, and Google Earth.“