Links vom 8. Februar 2014
Against Playing the Short Game: In Defense of Art History
Der Artikel von Tina Rivers passt hervorragend zu dem ersten Lesetipp von gestern. Auch hier wird eine Lanze für die Kunstgeschichte gebrochen – und zwar aus einem interessanten Grund (Hervorhebungen von mir):
„[T]hough our world used to be dominated by the dissemination of text, our society is increasingly dominated by visual modes of communication. In the coming years, it’s likely that visual literacy will become a key skill, alongside textual literacy, for workers throughout our economy. This is why it’s important for President Obama to understand that art historians don’t simply teach the historical development of artistic styles; more critically, we teach people how to look at images. I don’t think he would make a public statement against teaching our children to read … so why should he implicitly ridicule teaching people how to read images, when images are now as important as text in the construction of our common culture?“
Ich bin im bisherigen Studium bereits mehrmals über die Diskussion Kunstgeschichte versus Visual Studies (Bildwissenschaften) gestoßen. Welche Art der Lehre ist die heute angemessene? Muss sich die Kunstgeschichte mehr mit digitalen Bildern, Werbung, Comics und anderen modernen Bildelementen befassen, was aber den Terminus „Geschichte“ ad absurdum führen würde? Einer meiner Profs meinte mal scherzhaft, alles nach 1980 würde er ignorieren, das sei noch keine Geschichte. Im Gegensatz dazu beschäftigen sich die Visual Studies mehr mit heutigen Symbolen und Zeichen, die uns umgeben, aber vernachlässigen sie nicht genau die lange Historie, die hinter ihnen steckt? Müssen sich die zwei Fächer ergänzen, sollten sie verschmelzen, sollten sie sich noch strikter trennen?
Die Frage nach der heutigen bildlichen Darstellung berührt unter anderem die Gender Studies, die es inzwischen natürlich auch in der Kunstgeschichte gibt (Linda Nochlin* und Griselda Pollock** sei dank). Wir haben im letzten Semester den Text What do „Bildwissenschaften“ want? von Sigrid Schade gelesen, die ziemlich erbost darüber ist, dass die Kunstgeschichte sich erst jetzt mit dem feministischen Blick auf Bilder befasst, denn genau das tun die Visual Studies und die Genderforschung seit über 30 Jahren. Zusätzlich beklagt sie, dass die Kunstgeschichte, die traditionell eine männliche Wissenschaft über männliche Kunstwerke ist, weiterhin Exklusionsstrategien nutze, indem sie Erkenntnisse der Genderforschung nachträglich als ihre eigenen ausgebe.
* Hier steht Nochlins grundlegender Aufsatz Why have there been no great women artists? von 1971. Ich zitiere aus dem Dictionary of Art Historians zu ihrer Person: „Instead of attempting to elevate minor women artists to a status of males artists of the period, the article focused on the “feminist gaze,” and the coded, gender-biased reception [of] major art works, then and today.“
** Hier (Link startet pdf-Download) findet sich das gekürzte Vorwort von Pollock zu ihrem Buch Vision and Difference: Feminism, Femininity and the Histories of Art.
(Erster Link via coldethyl)
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Ignant präsentiert eine schöne Serie von Stillleben, die aus Weggeworfenem oder einmalig Benutzem zusammensetzen. Produziert wurden sie von Laurie Frankel und Diane Gatterdam.
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Olympia-Ruinen in Sarajewo – Schanze im Minenfeld
Weniger Kunst, mehr Geschichte: Spiegel EinesTages guckt sich an, was aus den Sportstätten in Sarajewo geworden ist.
„Auch die Olympiaanlagen, auf die die Bevölkerung und die Welt jahrelang so stolz waren, wurden in den zerstörerischen Sog des Krieges hineingezogen. Aus der einst modernsten Bobbahn der Welt, in der DDR-Athlet Wolfgang Hoppe zweimal Gold holte, wurde ein Artillerieposten für serbische Freischärler. Das Kosevo-Stadion, in dem 1984 die pompöse Eröffnungsfeier stattfand, wurde von den Kämpfen schwer zerstört, seine Ãœberbleibsel wurden zur Begräbnisstätte umfunktioniert. Und in der Zetra-Olympiahalle, wo Kati Witt ihre erste Goldmedaille gewann, lagerten neben Essensrationen der Luftbrücke bald auch Leichen. Es war einer der wenigen Orte in der Stadt, an dem es konstant kühl war. Nach einem Bombenangriff im Sommer 1992 brannte die Zetra-Halle komplett aus und lag in Schutt und Asche. Die Holzsitze des Stadions wurden laut “New York Times” als Material zum Zimmern von Särgen verwendet.“