8 Mile
8 Mile (2002)
Darsteller: Eminem, Kim Basinger, Brittany Murphy, Mekhi Phifer
Drehbuch: Scott Silver
Kamera: Rodrigo Prieto
Musik: Eminem
Regie: Curtis Hanson
Meiner Meinung nach haben die Produzenten von 8 Mile sich keinen Gefallen getan, einen der bekanntesten HipHop-Künstler als den Underdog aus Detroit zu besetzen. Eminem ist leider nicht ganz so wandlungsfähig wie Madonna, die in jedem Video (und in jedem Film) anders aussieht, so dass man wenigstens VERSUCHEN kann zu vergessen, dass da gerade ein Megamusikstar VERSUCHT zu schauspielern. Was allerdings weder bei Madonna noch bei Eminem funktioniert. Die beiden können gerade mal das darstellen, was sie kennen, nämlich sich selber. Deswegen haben Evita, The next best thing, Shanghai Surprise und wie sie alle heißen, nicht funktioniert. Und deswegen funktioniert 8 Mile auch nicht. Weil Eminem vielleicht zwar mal White Trailer Trash war, inzwischen aber Millionen verdient. Und deswegen fällt es einem verdammt schwer, ihm, ohne zu schmunzeln, dabei zuzusehen, wie er in einer typisch verranzten Detroiter Farbrik um Extraschichten bettelt, um ein paar Dollar zusammenzukratzen.
Die Geschichte von 8 Mile ist keine großartig neue Sache: Der junge Jimmy, genannt Rabbit (Eminem), versucht sich bei einem HipHop-Battle in einem Club, den ein Freund von ihm führt. Beim ersten großen Auftritt versagen ihm die Nerven, und er wird von der Bühne gebuht. Sein Privatleben sieht auch nicht besser aus: Er hat sich von seiner Freundin getrennt, muss deswegen wieder bei seiner alkoholkranken Mutter (Kim Basinger, ja, geht) unterkriechen, die in einem, genau, Wohnwagen lebt. Mehr Klischee geht kaum noch.
Der Film erzählt von Rabbits Versuch, etwas eigenes auf die Beine zu stellen, sich irgendwann nicht mehr auf seine Gang zu verlassen, sondern mit seinen Songs selber etwas zu erreichen. Kann man machen, hab ich aber auch schon spannender gesehen. Die Lovestory mit der chronisch erkältet klingenden Brittany Murphy im Schlampenlook wirkt ziemlich aufgesetzt und überflüssig, aber immerhin kriegen wir dadurch Eminem in einer Sexszene zu sehen. Nötig gewesen wäre diese allerdings nicht, vor allem, weil man ständig auf seine dunklen Haare guckt, die man an ihm einfach nicht gewöhnt ist.
Das war jedenfalls konstant mein Problem: Ich krieg die wahre Eminem-Geschichte einfach nicht aus dem Kopf. Genau wie Britney Spears noch 100 Filme drehen kann – auch sie wird immer der Megapopstar bleiben. Ich werde ihr keinen anderen Charakter abnehmen, weil sie eben keine Schauspielerin ist. Und leider ist Eminem auch kein Schauspieler. Er macht seine Sache recht ordentlich, kommt auch gut durch die Dialoge, aber man sieht eben immerimmerimmer Eminem vor sich und nicht Rabbit. Und beim letzten, entscheidenden Battle, den er gewinnt, steht eben auch Eminem, der Superstar, auf der Bühne – mit genau den Moves, die wir von ihm kennen, und mit der Professionalität eines Showmenschen, der es gewohnt ist, sich vor Publikum zu präsentieren. Das ist nicht der kleine Jimmy, der gerade das erste Erfolgserlebnis auf der Bühne hat, das ist Eminem, wenn auch nicht ganz so großkotzig wie sonst.
Der Film hat durchaus gute Momente, etwa wenn Jimmy spontan eine gerappte und neu getextete Version von Sweet Home Alabama bringt oder seine kleine Schwester in den Schlaf singt. Er schafft es zeitweilig wirklich, seinem Charakter etwas Faszination und Wahrhaftigkeit einzuhauchen, die über die übliche Macho-HipHop-Posen-Reißerei hinausgeht. Aber wenige Augenblicke später guckt er eben wieder böse unter seiner Strickmütze hervor, und die ganze Stimmung ist im Eimer.
Dafür gibt’s ne Menge Musik, im Original lernt man ganz viele böse Wörter, und … öhm … das war’s dann auch. Vielleicht hätte der Film besser mit jemandem anders in der Hauptrolle funktioniert, obwohl ich persönlich dann gar keine Lust mehr gehabt hätte, in den Film zu gehen. Vielleicht will er auch gar nicht als Film funktionieren, sondern nur zeigen, dass Eminem ganz anders ist, als wir glauben. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass8 Mile , so wie er gedreht wurde, eine ziemlich halbgare Sache bleibt. Nicht wirklich schlecht, aber auch nicht wirklich gut.
Ach ja, und wenn ich dir, lieber Marshall, noch einen kleinen Rat mit auf den Weg in den nächsten, wohl unvermeidlichen Film mitgeben darf: Wenn du auf die nächste Dialogzeile wartest, kannst du den Mund ruhig zumachen. Wirklich.
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Anke am 13. March 2005