BA-Tagebuch 5. Juni 2015
Der elende Mittelteil, der mir vermutlich graue Haare beschert hat, ist bezwungen. Na gut, fast. Ein bisschen puzzele ich noch an ihm rum, aber wer mich kennt, weiß, dass ich an allem noch ein bisschen rumpuzzele, bis mir irgendjemand die Arbeit aus der Hand reißt.
Dieses Mal muss das niemand anders machen, denn die Deadline nähert sich sehr schnell. Mein Abgabetermin ist der 22. Juni – das ist allerdings ein Montag, das heißt, am Tag vorher kann ich nichts mehr machen, nichts drucken oder binden lassen, nix, und ich bin überhaupt keine Freundin davon, irgendwas auf den letzten Drücker zu erledigen.
Am Freitag davor hat das Prüfungsamt geschlossen, da kann ich nichts abgeben. Daher möchte ich meine Arbeit am 18. loswerden, das heißt, ich möchte am 16., spätestens am 17. die Daten zum Drucker schicken. Das heißt wiederum, dass ich am 15. fertig sein muss, damit ich am 16. noch mal über alles rüberlesen kann (bis mir irgendjemand die Arbeit aus der Hand reißt). Ich will meiner geschätzten Korrekturleserin drei Tage Zeit geben, was bedeutet, dass sie am Freitag mein Dokument kriegen sollte. Ich selbst habe mir den Donnerstag als Deadline gesetzt, weil ich eh wieder puzzele und noch ne Nacht drüber schlafen will. Also: Am 11. Juni müssen irgendwie 60.000 Zeichen in meinem Dokument stehen, damit da jemand drüberlesen kann.
Nach den ersten Tagen, an denen ich schrieb wie eine junge Göttin, ging dann in den letzten Tagen kaum was. Ich habe ewig an dem bereits erwähnten Mittelteil rumgefummelt, habe ernsthaft zweimal das Objekt gewechselt, das sowohl aus Stein als auch aus Pixeln vorhanden ist, damit ich es beschreiben kann bzw. habe den Schwerpunkt von einem zum anderen und wieder zurück gewechselt – warum auch immer, vielleicht weil ich noch nicht genug Druck hatte. Jetzt ist Hasi aber wirklich Hasi, es ist liebevoll beschrieben in all seinen architektonischen Ausprägungen, und nebenbei habe ich viel über den Dresdner Zwinger und die Münchner Hauptsynagoge gelernt, die nicht Hasi geworden sind, obwohl ich sie vermutlich noch in irgendwelchen fein ziselierten Nebensätzen unterbringen werde, weil sie mein Argument (digital ist besser) so brav unterstützen und weil es verdammt noch mal Literatur über sie gibt, die ich total toll zitieren kann.
Hasi ist das Kloster Weihenstephan, das nach 1803 im Zuge der Säkularisation fast komplett abgerissen wurde, aber 2003 digital wieder auferstehen durfte. Im verlinkten Wikipedia-Artikel fehlt die Korbinianskapelle, ein, laut meiner Literatur, Kleinod des Barock, das wir leider nicht mehr haben. Sie wurde von Cosmas Damian und Egid Quirin Asam geplant und gebaut, und jeder, der die Jungs kennt, wird darob bittere Zähren vergießen.
(Beim Durchlesen der beiden Wikipedia-Artikel ahne ich, an welchen ich in den Semesterferien endlich mal rumkorrigieren werde. Wir haben durchaus Informationen, wie die Kapelle ausgesehen hat.)
Das ist mir zwar ein bisschen peinlich zuzugeben, aber ich habe in den letzten Tagen einen Schreibbuddy beauftragt, mir ein bisschen Zuckerbrot und Peitsche zu geben. Der Herr gibt mir eine Zeichenzahl vor, die ich gefälligst zu erfüllen habe, und auf einmal geht’s, warum auch immer. Ich habe keine Ahnung, warum das vorher nicht ging; da habe ich mir selbst schließlich auch gesagt, komm, Gröner, heute 5.000 Zeichen, das kriegste hin – habe ich aber tagelang nicht. Gerade als Selbständige bin ich es gewohnt, mir meine Arbeit selbst einteilen zu können, und ich mag diese Freiheit sehr. Hier hat sie mich zum ersten Mal in den Arsch gebissen, und anscheinend brauchte ich einen Impuls von außen, der mich wieder in die Spur bringt.
Die letzten Monate haben sehr vieles auf den Kopf gestellt, was ich als gegeben angesehen habe – vielleicht ist diese Art zu schreiben auch eine Facette von allem, und ich nehme das einfach mal so hin. Anscheinend bringt mir die Uni gerade was fürs Leben bei. Wer hätte es gedacht.