Tagebuch 8. September 2015 – Heimweh
Als ich noch zwischen Hamburg und München pendelte, war die S-Bahn-Fahrt zum Münchner Flughafen immer Vorfreude auf zuhause, die Rückfahrt immer Vorfreude auf die Uni. Jetzt ist es nur noch eine nervige Stunde, die mich vom Boarding trennt, während die Rückfahrt Vorfreude auf zuhause ist, wie ich vorgestern nach dem Amsterdamtrip merken durfte.
Die S-Bahn- und Busfahrt vom Hamburger Flughafen in die ehemals gemeinsame Wohnung ist dagegen schon fast Tourismus. Ich komme nur noch zu Besuch, ich beschaue mir das Draußen vor dem Fenster und habe keine Bindung und kein Heimatgefühl mehr.
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Bisher sind meine Wohnungen immer größer geworden, wenn ich umgezogen bin. Das ist dieses Mal anders und ich erstickte den ganzen Tag lang in ZEUG. Wenn mir jemand einen Container unters Fenster stellen würde, würde ich freudig diverse Quadratmeter Erinnerungen und ZEUG wegwerfen. Brauche ich wirklich noch die US-Flagge, die ich mir damals aus den USA mitgebracht habe? Die 30 Gesellschaftsspiele, die niemand mehr anfasst? Die Platten, die ich seit 20 Jahren nicht mehr aufgelegt habe? Die Klamotten, die seit drei Jahren hier sind und nicht in München und die ich dementsprechend wohl nicht vermisst habe? Die selbst aufgenommenen Tapes aus der Pubertät, die auch nur noch aus Sentimentalität in einer großen Kiste liegen und wahrscheinlich beim ersten Einlegen in ein Abspielgerät reißen würden? Wenn ich unbedingt The Fanatic hören will, mache ich YouTube oder Spotify an.
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Vor einigen Wochen war ich schon mal hier und wollte den Umzug organisieren, aber damals hat mich das hier alles überfordert und ich habe außer fünf Tagen Rumheulen nichts gebacken gekriegt, bevor ich zurück nach München geflüchtet bin. Das war wohl der emotionale Abschied; in der Zwischenzeit habe ich anscheinend genug Abstand gewonnen und mich mit vollem Herzen für München entschieden. Der Kerl und ich gehen wie WG-Bewohner miteinander um. Wir haben uns schon so weit voneinander entfernt, dass sich unsere Gespräche wie Smalltalk anfühlen. Das macht mich einerseits traurig, aber es zeigt mir andererseits, dass die Entscheidung für die Trennung die richtige war.
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Ein letztes Augustiner im Kühlschrank gefunden. Ein Foto davon per SMS an F. geschickt, der mir per fotografiertem Augustiner aus einem Lokal zurückprostete. Ich will nach Hause.