Tagebuch 28. Oktober – BRD/DDR, NED/BRA

Im deutsch-deutsche-Dialoge-Seminar sprachen wir über Fritz Winter und die Rezeption vor allem seiner „Triebkräfte der Erde“-Werke direkt nach 1945, für die auch Werner Haftmann zuständig war. Haftmann sah in Winter einen Protagonisten für die innere Emigration, also für einen Künstler, der sich mit dem NS-Regime arrangierte, aber trotzdem Kunst schuf. Es gibt einen Aufsatz von Haftmann, in dem er dieses innere Exil als wertvoller ansieht als ein äußeres; die tägliche Auseinandersetzung mit einem politischen Regime, in dem man leben muss, schafft größere Kunst als ein Leben außerhalb dieses Regimes. (Den gedanklichen Salto muss man auch erst mal machen.) Generell setzte die Kunst der jungen Bundesrepublik sich so gut wie gar nicht mit dem Faschismus, dem Krieg, dem Holocaust auseinder, sondern floh, böse ausgedrückt, in die Abstraktion, die Historiker wie Haftmann dem misstrauischen Publikum durch derartige Deutungen schmackhaft machte. In diesem Zusammenhang hörte ich auch ein schönes Paul-Klee-Zitat, der sich darüber bewusst war, dass seine Kunst schwierig war: „Uns trägt kein Volk.“

In der SBZ bzw. der DDR setzte man sich anfangs durchaus künstlerisch mit dem Faschismus auseinander. Ab ca. 1951 sollte allerdings themengebundene Kunst nach sowjetischem Vorbild geschaffen werden, die für den Aufbau des Sozialismus begeistern sollte. Im Zentrum stand der werktätige Mensch, der Stil war naturalistisch. Wir sahen ein Bild von Hans Grundig, das die Opfer des Faschismus würdigte (1946/47) und im Gegensatz dazu eines von Otto Nagel (1953).

Zwei zusammenhanglose Dinge, die ich auch gelernt habe: Von den zur NS-Zeit ausgewanderten Künstler*innen kehrte nur ein Viertel nach Deutschland zurück und fast alle davon gingen in die SBZ. Und: Franz Marcs Briefe aus dem Feld wurden noch 1941 gedruckt, obwohl der Maler seit 1937 als „entartet“ galt.

Nachmittags hatte ich dann wieder die Vorlesung, die sich mit den künstlerischen Reiseerfahrungen ab der frühen Neuzeit beschäftigte. Mit der Vorlesung hadere ich immer noch, weil ich noch keinen roten Faden habe. Aber ich habe ein Bild wiedergesehen, vor dem ich vor einigen Wochen in Amsterdam im Rijksmuseum stand: Frans Posts Brasilianische Landschaft von 1652.

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(Hier mal wieder der Dank ans Rijksmuseum für die hochauflösenden Bilder, die man sich einfach so legal runterladen kann. Heel erg bedankt.)

((Hier mal wieder der Dank an Google Translate.))

Die Niederlande eroberten 1630 einige brasilianische Hafenstädte von den Portugiesen. (War mir auch nicht klar, dass die Kolonialmächte sich gegenseitig Land geklaut haben und nicht nur den Menschen, die schon da waren.) Bereits 1654 hatte das wieder ein Ende, aber in der Zeit war Johann Moritz von Nassau-Siegen in Südamerika, um eine anständige Kolonie zu errichten. Also mit afrikanischen Sklaven, die Zuckerrohr verarbeiteten und den Reichtum der Niederlande mehrten, was man eben so unter anständig verstand. Zu seiner Expedition gehörten auch Maler und Kartografen, unter anderem Frans Post, der es in diesen Bild schafft, eine idyllische Landschaft zu malen, die das brutale Vorgehen der Eroberer komplett verschweigt. Der Betrachter bekommt einen Einblick in die vielfältige Vegetation des Landes, vor allem im Vordergrund, wo wir zum Beispiel einen kecken Vogel sehen oder eine Ananas.

Ich weiß noch, wie ich im Rijksmuseum vor diesem recht großformatigen Bild stand, dessen halbrunde Gestaltung mir von anderen europäischen Bildern bekannt war, und mich fragte, wieso ein Niederländer um diese Zeit eine brasilianische Landschaft malt. Jetzt weiß ich’s.

Vielleicht sollte ich doch mal wieder die Audioguides der Museen nutzen.