Tagebuch, Montag, 27. Juni 2016 – Neue Stimme
Vor dem Biografieseminar zwei Stunden in der Stabi verbracht, danach ins ZI geradelt und getippt.
Ich arbeite gerade an einem nicht-universitären Projekt, für das ich Gebäude beschreibe und ich erwische mich dabei, wie sich ein paar Adjektive in meine Texte schleichen, die ich in meinen Uni-Arbeiten immer brav streiche. Andererseits ist es eben kein Text für die Uni, er hat durchaus wissenschaftliche Ansprüche, richtet sich aber eher an interessierte Laien. Von daher fühle ich mich ganz wohl mit einem leicht veränderten Stil, aber es ist noch ungewohnt, ihn zu sehen.
Ich habe schon so viele kunsthistorische Texte gelesen, bei denen ich dachte: „Hase, jetzt entferne doch bitte mal das Stöckchen aus dem Popöchen und schreib einfach, was du siehst/entdeckst/meinst.“ Ich habe hingegen noch nie bei einem kunsthistorischen Text gedacht: „Nein, das ist mir jetzt wirklich zu viel Begeisterung für das Objekt, damit komme ich nicht klar.“ Auch das ist durchaus ein Argument für meine Adjektive und nicht gegen sie. Aber wie gesagt: Ich lese mich jetzt eher wie die Anke, die überschwänglich mit den Ärmchen wedelt, während sie den Freundinnen, die nicht weglaufen können, die Schönheit von Architektur nahebringt als die Anke, die ihre Uni-Dozent*innen diszipliniert davon überzeugen möchte, gefälligst eine sehr gute Note unter das Paper zu schreiben.
Mir gefällt die neue Anke. Es fühlt sich sehr gut an, eine andere professionelle Stimme in mir zu finden als die, die ich aus der Werbung kannte. Herzlich willkommen, nimm dir nen Keks. Oder fünf. Und ein paar Bauklötze.