Referatsnotizen zur Frankfurter Küche (1926)

Letzte Woche hielt ich im Esskulturenseminar mein Referat zur Frankfurter Küche. Ich schreibe hier mal die Dinge runter, die ich spannend fand bzw. die mir bei der Recherche aufgefallen sind; alles weitere steht ja in der Wikipedia.

Als Einleitung zum Referat stellte ich die Diskussion um Arbeits- oder Wohnküchen vor. Dafür recherchierte ich erstmal, wie Küchen überhaupt so aussahen. Bis ins 16. Jahrhundert spielte sich, vor allem im bäuerlichen Bereich, fast das ganze Leben in einem Raum statt: Um die Feuerstelle herum, wenn’s einem richtig gut ging, war sie ummauert, wurde geschlafen und gearbeitet, auf ihr wurde gekocht. Sie war Wärme- und Licht-, allerdings auch Rußquelle. Oft lebte in diesem Raum auch noch Kleinvieh, wurde aufgezogen, geschlachtet und weiterverarbeitet. Erst im 19. Jahrhundert und mit dem Aufkommen des Bürgertums änderte sich am Raum Küche wirklich etwas, was auch den kleineren Familien, den neuen industriellen Errungenschaften und dem neuen Wissen über Hygiene zu verdanken war.

Es entwickelten sich die schon angesprochenen Wohn- und Arbeitsküchen. In der Arbeiterklasse herrschte die Wohnküche vor; wieder wurde in diesem warmen Raum nicht nur gekocht, sondern auch gearbeitet; der Hausherr nutzte die oft vorhandene Küchenbank für ein kleines Schläfchen, generell herrschten Holzmöbel vor, die die Küche klar als Wohnraum auswiesen. Bestickte Handtücher schmückten nicht nur, sondern schützten die noch ungekachelten Wände vor Fettspritzern. Ein Badezimmer gab es nicht; in der Küche stand meist eine Blechsitzwanne. Beim Herd lief Altes neben Neuem: Es gab weiterhin die gemauerten Feuerstellen, weiterhin gab es gekachelte Öfen mit einer Eisenplatte, auf der gekocht wurde, und im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts kam ein tragbarer Eisenherd, die sogenannte Kochmaschine, in Mode. Seit 1807 war Gas in Städten zur Beleuchtung verwendet worden, zum Kochen wurde es ab den 1880er Jahren verwendet. Für den elektrischen Strom wurde ab den 1890er Jahren geworben, er blieb aber lange Zeit teurer als andere Heiz- und Kochmittel, was auch die Akzeptanz der Frankfurter Küche beeinflussen sollte.

Fließendes Wasser gab es eher in den städtischen Bürgerhäusern; dort war neben der Küche gerne noch eine Spülküche, in der das Geschirr gewaschen wurde, weiterhin befand sich in der Wohnung eine Waschküche. Diese Bürgerhäuser besaßen meist auch schon ein Badezimmer. In anderen Häusern gab es stattdessen eine Wasserzapfstelle im Treppenhaus für mehrere Parteien.

Beim Stöbern in diversen Büchern zur Küchengeschichte fielen mir Gegenstände auf, die ich von meiner Omi kannte. Das war ein sehr seltsames Gefühl, in der Bibliothek zu sitzen und mit einem Wort wieder in der Küche in der Nähe von Hannover zu sein, in der ich als Kind immer gern gespielt hatte. Omi hatte einen Tisch mit einem ausziehbaren Holzeinsatz, weswegen der Tisch sechs statt vier Beine hatte, was mich immer irritierte. In diesen Einsatz konnte man zwei große Emailleschüsseln setzen, die ich als Kind schlicht deswegen toll fand, weil sie so groß waren und so schön in den Tisch passten. Erst durch die Lektüre zu diesem Referat ist mir klargeworden, dass in diesen Schüsseln das Geschirr oder auch kleine Wäschestücke gesäubert wurden; das Wasser dafür kam eben aus dem Treppenhaus. Ich meine mich daran zu erinnern, dass Omi diesen Ausziehtisch und die Schüssel sogar noch verwendet hat, aber ich glaube, eher für riesige Familienfeiern, wo man halt große Schüsseln brauchte, um für 40 Leute Schokoladenpudding anzurühren.

Zurück in die bürgerliche Küche vor dem 1. Weltkrieg. Sie war eine reine Arbeitsküche. Das Bürgertum hatte repräsentative Räume, in denen auch gespeist wurde; in die Küche verirrte sich die Hausfrau höchstens mal, um der Köchin oder dem Dienstmädchen zu sagen, was sie gerne hätte. (Einschub aus dem Rebekka-Habermas-Referat, in dem ich über zwei Generationen des Besitz- und Bildungsbürgertums sprach: Anfang des 19. Jahrhunderts war für die Hausfrau die Nahrungszubereitung genau das: Nahrung, die zubereitet wurde und die wurde dann gegessen, fertig. Eine Generation später legte die Tochter großen Wert darauf, ihrem Gatten mal sein Leibgericht zu servieren und sich daran zu erfreuen, dass er sich freute. Die Rolle der Hausfrau war nun mehr als „nur“ die Verwaltung von Haus und Hof (Stichwort Schüsselgewalt), sondern die liebevolle Verwaltung. Die Frau sollte nun bitteschön darauf achten, dass nicht nur alles lief, sondern dass es auch noch hübsch war und alle glücklich lächelten. Ich übertreibe, aber das hat mich schon wieder wahnsinnig gemacht. Die Mutter im Buch schreibt ihrer Tochter auch wütende Briefe, warum sie jetzt selbst stricke und häkele und nähe, anstatt das gefälligst Leute machen zu lassen, die dafür Geld kriegen, aber das Töchterlein fand das halt so nett, mit ihren Töchtern beisammenzusitzen und etwas Schönes zu produzieren, das keinerlei ökonomischen Wert hatte.

Stoßrichtung des Habermas’schen Buch ist es, die angeblich tradierten Geschlechterrollen neu zu betrachten: Viele Entscheidungen seien den Frauen nicht von den Männern aufgedrückt worden, sondern sie hätten sie selbst gefällt. Das kann sie auch sehr gut begründen, wobei ich ihr, genau wie jede*r andere*n Biograf*in unterstelle, die Quellen so zu interpretieren, wie es passt. Da ich für mein Kindheitsseminar viele andere Texte über das gleiche Thema gelesen habe, ist mir aufgefallen, dass ihr Buch – zusammen mit Trepps Sanfte Männlichkeit und selbstbewusste Weiblichkeit – irgendwie immer die Exotinnenfußnote bildet. Die Forschung scheint anzuerkennen, dass es Gegenstimmen zum gelernten „Mann geht raus und arbeitet für Geld, Frau bleibt im Heim und macht nix“ gibt, aber so richtig niedergeschlagen hat sich das in der weiteren Literatur noch nicht. Einschub Ende.)

Die bürgerliche Küche war ihrer Aufgabe entsprechend eher kleiner als die Arbeiterküche, eher weiß eingerichtet (das kam Anfang des 20. Jahrhunderts in Mode), eher schlicht als wohnlich. Es gab kurz nach dem 1. Weltkrieg Bestrebungen, Familien ganz von der Last des Kochens zu befreien. In Berlin entstanden einige sogenannte Einküchenhäuser; dort war im Erdgeschoss oder Souterrain eine große Küche, in der Bedienstete für das ganze Haus kochten und die Nahrung per Speiseaufzug in die einzelnen Wohnungen schickten. Die Wohnungen selbst hatten höchstens einen kleinen mobilen Gaskocher, falls doch mal etwas erhitzt werden musste. In der jungen Sowjetunion gab es die gleichen Bestrebungen, allerdings eine Nummer größer: Hier wurden Kommunalgebäude geplant, in denen hunderte von Familien von einer Großküche verpflegt wurden. Sie aßen allerdings alle gemeinsam in einem großen Speisesaal. Ich habe das betreffende Buch leider schon zurückgegeben, daher weiß ich nicht mehr genau, ob diese Kommune über das Planungsstadium hinauskam (ich glaube ja). Die Häuser in Berlin (hier weiß ich nicht mehr genau, wo sie waren) besaßen nur wenige Jahre eine Gemeinschaftsküche – schon um 1920 herum wurden die einzelnen Wohnungen mit Küchen nachgerüstet.

In den USA entwickelte sich in den 1880er Jahren das Home Economics Movement, das darauf hinwies, dass gerade in der Küche und ihren Arbeitsabläufen nicht mehr alles zeitgemäß und viel zu umständlich war. Nach 1910 wurden sowohl in den USA als auch in Deutschland die Handgriffe der Hausfrauen vermessen, um festzustellen, wo Arbeit einzusparen war. Das Movement und auch Teile der Frauenbewegung wollten die Frau nicht aus der Küche herausholen, ihr aber einen effizienten und ergonomischen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Küchenarbeit sollte als eben das anerkannt werden: Arbeit.

Schon bei der Ergonomie haperte es: Es gab noch keine einheitlichen Standards für Möbel oder technische Geräte. Meist sahen gerade Arbeiterküchen aus so wie heutige WG-Küchen: Jeder bringt was mit und irgendwie passt das dann halt. Nur in Hotelküchen hatten sich Standards bereits durchgesetzt, denn dort wurde professionell und in größerem Ausmaß gekocht, ähnlich wie sich Effizenzbestrebungen und ergonomische Arbeitsabläufe langsam in der Industrie durchsetzten, um die Produktion zu erhöhen. (Darüber kann man natürlich auch diskutieren, wie toll das für die Arbeiter*innen war, dass sie mehr produzieren konnten.)

Margarete Schütte-Lihotzky, die Architektin der Frankfurter Küche, ließ sich vom Mitropa-Speisewagen inspirieren. Sie stellte fest, dass dort auf 8 qm (eine Küche und ein Raum zum Anrichten der Speisen) in 15 Stunden über 400 Gäste verköstigt werden konnten und fragte sich, wieso eine Familie von fünf Personen, die dreimal am Tag isst, doppelt oder dreifach so viel Platz brauchte.

Kurz zur Wohnungsbausituation. Nach dem 1. Weltkrieg zogen immer mehr Menschen in die Städte. Der Anteil der Stadtbewohner*innen stieg von 1910 bis 1930 von 21 auf 37% der Bevölkerung. 1930 lebte ein Siebtel aller Deutschen im Großraum Berlin. Dort und in Frankfurt (unter der Leitung von Ernst May) wurden als Pilotprojekte große Wohnanlagen in Vorstädten geplant, die die überfüllten Innenstädte entlasten sollten. Aus Kostengründen entschied man sich für die Plattenbauweise und relativ kleine Wohnungen. Zwischen 1920 und 1932 wurden im Deutschen Reich 2,6 Millionen Wohnungen mit fließendem Wasser, Gas und Elektrizität gebaut. In 10.000 dieser Wohnungen in Frankfurt wurde die Frankfurter Küche eingebaut. Einige wenige sind meines Wissens nach noch erhalten, aber auch sie befinden sich nicht mehr komplett im Originalzustand.

(Wenn Sie sich bitte mal das Bild in der Wikipedia angucken? Sie können meine folgenden Ausführungen dann besser nachvollziehen.)

Die Küche war eine reine Arbeitsküche und folgte damit auch der Maxime von Bruno Taut, der 1924 gefordert hatte, nur noch Arbeitsküchen in neue Wohnungen einzubauen. Die Sozialwissenschaftlerin Erna Meyer (die später die Münchner Küche entwarf) vertrat 1926 eher die Wohnküche; sie propagierte eine Kochzeile im Wohnraum, damit die Hausfrau nicht so von ihrer Familie abgeschnitten war. Schütte-Lihotzky entschied sich für eine Arbeitsküche, in der auf 6,5 qm Kochen, Abwaschen und Bügeln möglich war.

Besonders an der Küche war, neben ihrer geringen Größe, zum Beispiel das Abtropfgestell über der Spüle. Effizienzuntersuchungen hatten festgestellt, dass Frauen die schmutzigen Teller meist links von sich liegen hatten; sie mussten aufgenommen und gewaschen werden, wurden dann rechts abgelegt und später verräumt. Mit dem Abtropfgestell erspart man sich einge Handgriffe: Das Geschirr wird aufgenommen, abgewaschen und im links hängenden Gestell deponiert, wo es trocknet und auch seinen endgültigen Aufbewahrungsplatz hat.

Der Drehstuhl vor der Tischplatte ist höhenverstellbar, das Fenster extra etwas höher angebracht, damit man es entspannt öffnen kann, selbst wenn der Tisch mit Nahrung oder Gerätschaften zugestellt ist. In der Tischplatte befindet sich ein Loch, durch das Gemüsereste wie Kartoffelschalen etc. direkt in eine kleine Schublade geschoben werden konnten. Die Schublade wurde später entleert. (Sowas hätte ich gerne! Außer wenn ich Tomatensauce koche, saue ich meine Küche dann am großflächigsten ein, wenn ich Müll von der Arbeitsplatte in den Mülleimer transportiere.)

Neben dem elektischen Herd befindet sich eine Kochkiste, die, wenn ich den Foodblogs glauben darf, gerade eine kleine Renaissance feiert. In ihr garen angekochte Speisen stundenlang einfach weiter, bis sie fertig sind – ganz ohne Strom oder andere Energie. An der linken Wand der Küche befindet sich ein herunterklappbares Bügelbrett, und der Weg ins Esszimmer nebenan soll nicht mehr als drei Meter betragen. Rechts in der Schrankwand, die, auch neu, bewegliche Einlegeböden hatte, befinden sich die Haarer Schütten, die ich auch gerne hätte. Sie ersparen der Hausfrau das ewige Packungsaufreißen und -wiederverschließen; Mehl, Zucker, Hülsenfrüchte etc. werden einfach in die Schütte getan und können von dort aus auch verwendet werden – daher der Name Schütte. Man konnte den Zucker einfach rausschütten und musste nicht noch löffeln oder ähnliches. Und schick sehen sie aus! Mein Lieblingsfeature in der Küche ist allerdings die Deckenlampe, die man genau dahinschieben oder -ziehen konnte, wo man sie gerade brauchte. Okay, heute haben wir drehbare Halogenspots, aber wie clever!

Für die Frankfurter Küche wurde erstmals mit der Industrie zusammengearbeitet, die einheitliche Maße fertigte und das durch die geforderte hohe Stückzahl auch noch halbwegs erschwinglich. Trotzdem wurden die Wohnungen für Arbeiter meist zu teuer, die meisten Bewohner*innen waren kleinbürgerlich – und teilweise nicht ganz glücklich mit der neuen Küche, obwohl sie in Radiospots und Veranstaltungen erklärt wurde und es Informationsmaterial zu ihrer Benutzung gab. Hauptkritikpunkt war, und das freute vermutlich Frau Meyer, dass die Hausfrau sich von ihrer Familie zu sehr abgeschnitten fühlte in ihrem kleinen Arbeitskabinett. Es wurde außerdem bemängelt, dass eigene Möbel keinen Platz mehr hatten, das Loch im Tisch sorgte für Erstaunen, und mit der Elektrizität konnten sich auch viele nicht anfreunden. Teilweise war es eine Preisfrage, teilweise wollten sie schlicht nicht damit kochen. Einige nutzten kleine Gaskocher für ihre Mahlzeiten, andere gaben zu, gar nicht mehr warm zu essen.

Die Frankfurter Küche war auch deshalb so neu, weil sie erstmals im privaten Bereich einen kompletten Raum durchgestaltete. Heute gaukeln uns Einbauküchen und Ikea wenigstens vor, dass wir noch eine Wahl hätten, aber im Prinzip machen wir heute das gleiche: Wir gestalten einen Raum anstatt dass wir wild Möbel in ihm platzieren. Die blauen Oberflächen waren übrigens nicht nur Deko; angeblich hatten Wissenschaftler*innen herausgefunden, dass Fliegen sich nicht auf blaue Flächen setzten.

Die Nationalsozialisten propagierten wieder die gemütliche Wohnküche. Nach 1945, als wie schon in den 1920er Jahren große Wohnungsnot herrschte, entschied man sich wieder für eher kleine Küchen, die inzwischen unter dem Namen Schwedenküche aus den USA in die Bundesrepublik kamen. 1956 hatte eine Sozialwohnung durchschnittlich 57,6 qm (zwei Zimmer, Küche, Bad). Die Küche war meist zwischen 4 und 7 qm groß und mit Herd, Spüle, Speisekammer oder entflüftbarem Speiseschrank ausgerüstet. Ich meine mich zu erinnern, dass Kühlschränke erst in den 1960er Jahren in der Bundesrepublik Standard wurden, aber das weiß ich nicht mehr genau.

In den 1950er Jahren wurden in Westdeutschland erstmals glatte, durchgehende Arbeitsflächen und industriell genormte Geräte, die fugenlos verbunden waren, verbaut. Die Ausstattung und Einrichtung der Küche wurde allerdings nicht mehr vorgegeben, sondern konnte bereits individuell zusammengestellt werden. Seit 1957 gab es DIN-Normen für Elektrogeräte und Schrankteile, in dieser Zeit kamen auch Kunststoffoberflächen in Mode. Küchen wurden cleaner und aseptischer, was in den 1970ern zum Umschwung in Richtung gemütliche Landhausküche führte. 1970 war die durchschnittliche Küche 11 qm groß, nicht nur in Mietwohnungen, auch in Eigenheimen. 1993 hatten dreiviertel aller Küchen eine Größe zwischen 5 bis 15 qm. Meiner Meinung nach hat sich weder die reine Arbeits- noch die reine Wohnküche durchgesetzt.

In der DDR machte man sich nach 1949 Gedanken zum sozialistischen Design, das ähnlich schwer zu definieren war wie die sozialistische Kunst (Formalismusstreit). Man endete ungefähr da, wo auch Westdeutschland war: bei kleinen Küchen mit skandinavisch anmutendem Design. Der Grundgedanke war auch hier: günstige, funktionale Möbel in erschwinglichen und schnell zu bauenden Wohnungen.

Mit der Planung von mehrgeschossigen Wohnbauten wurde Gerhard Kosel beauftragt, der 1954 aus der Sowjetunion in die DDR zurückkehrte. Er war 1932 mit Bruno Taut (wir erinnern uns: Arbeitsküche 1924) in die UdSSR übergesiedelt und hatte unter Ernst May (wir erinnern uns: Frankfurt) am Aufbau eines Kombinats mitgewirkt. Ich gehe stark davon aus, dass seine Kollegen, Lehrmeister und Vorgesetzten seine architektonische Auffassung von Küchen- und Wohnraumgestaltung entscheidend mitgeprägt haben. Außerdem quietsche ich immer glücklich, wenn ich solche Querverbindungen finde, weil man dann einen schönen roten Faden fürs Referat hat. „Auf den Herren komme ich nochmal zurück.“ Zack, Aufmerksamkeit.

Kosel entwickelte zwischen 1960 und 1962 den Plattenbau P2, der bis 1989 verbaut wurde. Das Besondere an ihm war die innenliegende, fensterlose (und kleine) Küche, die nur durch einen Vitrinenschrank mit Durchreiche belichtet wurde, der die Küche vom Wohnraum abtrennte. Ab 1972 gab es zusätzlich den Bautyp WBS 70, dessen Küchen größtenteils außenliegend waren.

Die Frage, die ich zum Beginn des Referats stellte, war: Hat die Frankfurter Küche die Küchenentwicklung in der Bundesrepublik und der DDR nach 1945 beeinflusst? Das würde ich mit einem dicken Ja beantworten. Die Frankfurter Küche hat kleine Küchen zu einem Normalzustand gemacht (das kann man positiv oder negativ sehen), wir setzen heute ergonomische, flexible Möbel in der richtigen Höhe voraus und verlassen uns auf eine standardisierte Fertigung, damit der neue Herd auch ja in die Lücke passt, die der alte hinterlassen hat.

Literatur (Auswahl):

Andritzky, Michael (Hrsg.): Oikos – von der Feuerstelle zur Mikrowelle. Haushalt und Wohnen im Wandel, Gießen 1992.

Däuper, Anne: „Zwischen Kochtopf und Fassade“, in: ach. Ansichten zur Architektur 23/24 (2006), S. 7/8.

Heßler, Martina: „The Frankfurt Kitchen: The Model of Modernity and the ‚Madness‘ of Traditional Users, 1926 to 1933“, in: Oldenziel, Ruth/ Zachmann, Karin (Hrsg.): Cold War Kitchen. Americanization, Technology, and European Users, Cambridge, Mass. 2009, S. 163–184.

Mai, Gunther: Europa 1918–1939. Mentalitäten, Lebensweisen, Politik zwischen den Weltkriegen, Stuttgart 2001.

Miklautz, Elfie/Lachmayer, Herbert/Eisendle, Reinhard (Hrsg.): Die Küche. Zur Geschichte eines architektonischen, sozialen und imaginativen Raums, Wien/Köln/Weimar 1999.

Noever, Peter (Hrsg.): Margarete Schütte-Lihotzky. Soziale Architektur. Zeitzeugin eines Jahrhunderts, Wien 1996.

Palutzki, Joachim: „Der standardisierte Wohnungsbau. Zur Entwicklung der Wohnungsbauprogramme der 1960er und 1970er Jahre in der DDR“, in: Lichtnau, Bernfried (Hrsg.): Architektur und Städtebau im südlichen Ostseeraum zwischen 1936 und 1980, Berlin 2002, S. 409–433.

Pfützner, Katharina: „‚But a home is not a laboratory‘. The Anxieties of Designing for the Socialist Home in the German Democratic Republic 1950–1965“, in: Schuldenfrei, Robin (Hrsg.): Atomic Dwelling. Anxiety, Domesticity, and Postwar Architecture, London 2012, S. 149–168.

Silbermann, Alphons: Die Küche im Wohnerlebnis der Deutschen. Eine soziologische Studie, Opladen 1995.

Surmann, Antonia: Gute Küchen, wenig Arbeit. Deutsches Küchendesign im westeuropäischen Kontext 1909–1989, Berlin 2010.

Das Surmann-Buch ist der Kracher! Das ist eine kunsthistorische Dissertation, laut Einleitung die erste, die sich mit Küchendesign in Westeuropa von 1909 bis 1989 beschäftigt. Die Bilder sind eine einzige Schatztruhe. Alleine damit könnte man einen entspannten Diaabend mit Mettigel und Früchtebowle bestreiten.

Eine Leserin wird sehr über den Noever stöhnen, aber ich fand den recht informativ.