Was schön war, Dienstag, 5. Juli 2016 – Veganes Backen
Morgens hatten wir die vorletzte Sitzung im Esskulturenseminar. Der Dozent kündigte an, nächstes Mal Kaffee und Tee mitzubringen – ob irgendjemand was dazu backen würde? Ich meldete mich sofort, und in dem Moment, wo meine Hand oben war, fiel mir ein, dass wir eine Veganerin im Kurs hatten. Mein geliebter (und Uni-erprobter) Orangenkuchen würde es also nicht werden. Aber was dann?
Ich erinnerte mich an Kathas Essperiment, sich 21 Tage lang vegan zu ernähren (dabei ist ein herrliches Kochbuch rausgekommen), und besonders an den Tag, an dem sie einen Schokokuchen bäckt, der sie verzweifeln lässt. Die ganzen 21 Tage habe ich bei ihr gerne gelesen, vor allem ihre reflektierte Herangehensweise an das Thema. Für mich selbst ist vegane Ernährung ausgeschlossen; ich habe 25 Jahre meines Lebens mit Restriktionen vergeudet, was ich essen darf und was nicht – damit bin ich durch. Ich esse seit dem Foodcoaching vor jetzt schon fast sieben Jahren, was ich will, wann ich will und wieviel ich will, und es geht mir seitdem psychisch und physisch deutlich besser als in den Jahrzehnten davor. For the record: Ich halte seitdem auch mein Gewicht, was ich davor knapp 30 Jahre lang nicht geschafft habe. Ich habe zwar keine Waage mehr, aber Kleidung, an der ich es merke, wenn ich plötzlich mehr oder weniger wiegen würde. Ja, ich bin immer noch dick. Nein, das ist nicht schlimm.
Zurück zum veganen Backen. Natürlich habe ich genug Foodblogs in den Lesezeichen, durch die ich mich wühlen könnte und ich kann auch googeln, aber wozu hat man eine Twittertimeline mit lauter Menschen, die man fragen kann und die im besten Falle den Kuchen auch schon mal gemacht und gegessen haben, den sie mir hoffentlich empfehlen können. Die Antworten kamen schnell, allerdings auch die kurze Diskussion, warum ich mir für eine Dame im Kurs die Mühe machen würde und muss das denn sein und womöglich will sie an dem Tag gar nichts essen und wenn doch, könnte ich ihr ja auch was vom veganen Bäcker kaufen und die anderen kriegen den guten Tierkuchen und bla. Das hat mich nicht mal wirklich geärgert, weil ich schon damit gerechnet habe, dass diese Diskussion wieder kommt, aber ich fand es schade, dass sie kommt. Wenn ich mein Seminar bebacke, dann sollen gefälligst alle die Möglichkeit haben, am gemeinsamen Mahl teilzunehmen. Gerade weil wir ausführlich über die soziale Funktion von geteiltem Essen gesprochen habe, fände ich es sehr doof, von dieser schönen Sitte eine Ausnahme zu machen. Und bei den vielen Kochblogger*innen, die brav alles aufschreiben, was schmeckt, wird es ja wohl verdammt doch mal einen Kuchen geben, den man auch als Omnivore*r genießen kann?
Seit gestern weiß ich: jau. Gibt es.
Ich habe mich sehr gefreut, dass der erste Tipp, den ich nachgebacken habe, ausgerechnet aus meiner Fußballtimeline kam – ich weiß gar nicht, ob der Herr vegan lebt oder nicht (edit: nein) – und dazu noch auf Chefkoch verlinkte. Ist aber beides egal, denn der Kuchen schmeckt sehr gut.
Ich habe das Rezept halbiert und musste gerade mal Margarine und irgendwas aus der Reihe Hafer- oder Sojadrink kaufen, den Rest der Zutaten hatte ich im Haus. Es ist dann ein Kokosdrink geworden, auf dem schön groß „vegan“ stand. Ich habe die Hälfte Kokosraspeln sowie Haselnusskerne verwendet und den Kuchen in einer kleinen Kastenform gebacken. Das ist auch der Grund, warum ich ihn nochmal backe, und zwar in einer Brownieform, und erst dann verbloggen werde: Er ist ein bisschen krümeliger als meine geliebten klietschigen Kuchen, aber wenn ich ihn flacher backe statt aufrechter, müsste das egal sein. Heute morgen ist er auch feuchter als gestern, wo er mir zu bröselig vorkam. Mir ist ein bisschen zu viel Kokos im Teig, daran werde ich etwas schrauben und stattdessen Mandeln nehmen. Aber ansonsten ist das ein wirklich schmackhafter Kuchen. Ich bin überrascht und erfreut.
Und am Wochenende, wenn meine Geschichtsklausur durch ist und das ZI geschlossen hat, backe ich noch diesen und diesen Kuchen. Nur aus Neugier.