Was schön war, Sonntag, 31. Juli 2016

Mein 13-Uhr-Flug wurde annulliert. Okay, das war nicht schön, weil mich so was immer nervt, aber da der nächste Flug erst um 17 Uhr ging (Hannover, du Nestchen – aus Hamburg kann man einmal pro Stunde München anfliegen), hatte ich noch die Gelegenheit, mit Eltern und Verwandten Mittag zu essen. Wir haben die Reste des samstäglichen Festessens mitnehmen dürfen – also die Speisen, die noch in der Küche waren, nicht die fast leeren Platten auf den Tischen –, und deswegen gab es gestern noch mal Hirsch mit Preiselbeeren, Pute, Kartoffeln, diverses lustiges Gemüse, schöne dicke Saucen und vorher ein paar Kellen Hochzeitssuppe, die bei uns traditionell mit Knopfnudeln, Eierstich, Fleischklößchen und Spargelspitzen serviert wird. Mein geliebter Nachtisch, der Nachtisch aller Nachtische und das Schönste, was es gibt auf der Welt, die Welfenspeise, war leider komplett aufgegessen worden. (Zwei Schüsseln vermutlich von mir.)

Vor dem Essen konnte ich außerdem an meiner Geschichtshausarbeit weitertippen. Natürlich hatte ich den Laptop und meine 50-seitige-Stoffsammlung (ja, schon gut) dabei und konnte daher ohne ein einziges Buch entspannt über die Begriffsdefinition eines Festes sowie das bürgerliche Selbstverständnis im 19. Jahrhundert schreiben.

Eine Tupperschüssel Blaubeeren, die meine Schwester frisch gepflückt hatte, im Handgepäck.

Ein freier Mittelplatz im Flieger. Die Maschine war nur zu zwei Dritteln gefüllt, und ich ahne jetzt, warum der 13-Uhr-Flug gestrichen wurde.

Schon beim Hinflug durfte ich erstmals das neue Satellitenterminal am Flughafen München antesten. Dafür fährt man vom Terminal 2 eine un-glaub-lich lang-sa-me Rolltreppe über drei Stockwerke in den Keller, besteigt dort ein kleines Bähnchen, das mich ein bisschen an den Heidepark Soltau erinnert hat, das dann führerlos ungefähr 400 Meter zuckelt und einen am neuen Terminal ausspuckt. Die Strecke ist komplett beleuchtet, aber es fühlt sich trotzdem an, als ob man in eine Mine zur Schicht einfährt. Beziehungsweise so würde es sich vielleicht anfühlen, wenn das Bähnchen und die Wände nicht so schön weiß wären.

Jetzt beim Rückweg war ich gespannt, wo mich das Bähnchen am Terminal 2 ausspucken würde. Zunächst kam wieder die un-glaub-lich lang-sa-me Rolltreppe, dann drei sehr zackige Walkways – und dann stand ich am Baggage Claim, wie sich’s gehört. Ich hatte zwischendurch die Orientierung verloren und war daher beeindruckt von der Logistik.

Mit dem Rollkoffer rollkofferte ich zur S-Bahn und guckte, ob die S1 oder die S8 auf mich wartete. Bei der S8 kann ich länger in der klimatisierten S-Bahn sitzen und muss erst am Hauptbahnhof umsteigen, wo dann noch lockere drei, meist unklimatisierte, U-Bahn-Stationen auf mich warten. Dort muss ich auch den Koffer eine Treppe runterschleppen, weil es an dieser Stelle keine Rolltreppe gibt. Gefühlt ist die Strecke drei Minuten kürzer als die mit der S1, und falls wirklich mal was mit meiner U2 sein sollte, gäbe es noch viele weitere Möglichkeiten für mich, nach Hause zu kommen, weil der Weg nicht mehr so weit ist. Gestern aber stand die S1 bereit – auf die S8 hätte ich 16 Minuten warten müssen –, die mich bis Feldmoching bringt, von wo ich in die U2 umsteige. Das tat ich dann und war sehr überrascht davon, wie gerne ich plötzlich die nuscheligen U-Bahn-Ansagen der nächsten Stationen hörte. Ich als gebürtige Hannoveranerin war immer stolz auf mein perfektes, akzentloses Hochdeutsch – und jetzt, wo ich in München wohne, kommt es mir plötzlich sehr blutleer vor. Ich freute mich sehr über meine schwäbischen Verwandten am Tisch, damit ich wenigstens ein bisschen Singsang um mich hatte. Damn you, Süddeutschland. You ruined Hochdeutsch for me!

Den Abend mit dem Lieblingsmenschen auf dem Balkon verbracht und einen wie immer hervorragend gemixten Gin Tonic vorgegesetzt bekommen. Schokolade, Kuscheldecke, Aussicht über München und gefühlt zehn Kirchen, die gleichzeitig zur vollen Stunde läuten.

Zuhause.