I Am Sam
I Am Sam
(Ich bin Sam, USA 2001)
Darsteller: Sean Penn, Michelle Pfeiffer, Dakota Fanning, Dianne Wiest
Drehbuch: Kristine Johnson, Jessie Nelson
Kamera: Elliot Davis
Musik: John Powell
Regie: Jessie Nelson
In I Am Sam geht es um einen geistig behinderten Vater (Sean Penn) einer siebenjährigen Tochter, die sich weigert zu lernen, um nicht klüger zu werden als ihr Vater. Ein Gericht möchte die kleine Lucy (Dakota Fanning, ganz neu im Geschäft, aber schon so süüüüüß, dass mein Uterus schreit, wenn sie ihren Augenaufschlag macht) zu Pflegeeltern geben; Vater Sam und Anwältin Rita (Michelle Pfeiffer) kämpfen dagegen an, und nach anfänglicher Niederlage darf Sam die kleine Zuckerschnute zum Schluss doch behalten.
I Am Sam hätte so vieles werden können: eine Geschichte über das ganz normale Leben von Behinderten. Eine Geschichte über das langsame Erwachsenwerden von Kindern und wie sie mit Veränderungen umgehen. Eine Geschichte über die Wichtigkeit von Familie und Freundschaft.
Warum ist also aus I Am Sam eine widerliche, klebrige und langweilige Moralpredigt geworden, bei der man zum Schluss das unvermeidliche Hollywood-Ende richtig blöd findet?
Vielleicht, weil die Gegenseite einfach die besseren Argumente hat. Man möchte die fast schon zu kluge Lucy einfach nicht bei jemandem lassen, dessen höchste berufliche Qualifikation es ist, bei Starbucks die Süßstofftüten zu sortieren. Und wenn er die Kleine noch so liebt – es wird nicht funktionieren. Leider erzählt der Film nicht diese vielleicht unschöne Wahrheit, sondern überwältigt alles mit der unschlagbaren Beatles-Zeile: Love is all you need.
Machen wir’s kurz: Wer eine Geschichte über das Leben von Behinderten und die Schwierigkeiten ihrer Umwelt sehen möchte (wo man den Hauptdarsteller sogar sympathisch findet und nicht nur nervig wie Sean Penn), der möge sich bitte Dominick And Eugene angucken. Oder What’s Eating Gilbert Grape.
Die Geschichte über das Erwachsenwerden von Kindern (in der Kinder Kinder spielen und nicht kleine, naseweise Erwachsene mit perfekten Dialogen, die Siebenjährige niemals über die Lippen bringen würden): Rocket Gibraltar. Oder The Mighty. Oder Stand By Me.
Die Geschichte über Familie, die nicht in zuckersüßen Weichzeichnerbildern versinkt: American Beauty. Oder Parenthood.
Und weil es mir in der Seele wehtut, dass so großartige Schauspieler wie Sean Penn oder Michelle Pfeiffer in diesem Müll verheizt werden, obwohl sie mutig und intelligent spielen und unverwechselbare Charaktere schaffen können: Sean Penn in At Close Range, Dead Man Walking oder Hurlyburly. Michelle Pfeiffer in The Fabulous Baker Boys, Love Field und (ja, wirklich) Batman Returns.
Und eine persönliche Note zum Schluss: Wenn Brent Spiner, der Data aus Star Trek – The Next Generation nur einen Schuhverkäufer spielen darf, der drei Sätze hat, dann hab ich erst recht keine Lust mehr auf den Film.
(Dem hab ich’s jetzt aber gegeben.)