Was schön war, Freitag, 21. Oktober 2016
Vormittags wieder in Leo von Weldens Korrespondenz gehangen. Nicht leicht zu entziffern, aber allmählich komme ich in seine Handschrift rein und googele wie wild Namen, die er erwähnt und die ich glaube, lesen zu können, um zu gucken, wer sich noch in seinem Umfeld aufgehalten hat. Wenn er 1948 über eine geplante Ausstellung spricht, in denen fast nur Menschen auftauchen, die auch schon zu NS-Zeiten ausgestellt wurden, finde ich das schon sehr spannend.
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Im Laufe meiner zwei Umzüge von Hamburg aus haben sich meine Habseligkeiten auf verschiedene Orte verteilt – der große Teil in meine kleine Wohnung nach München, die restlichen 20 Kisten Besitz auf den Dachboden meiner Eltern, die in der Nähe von Hannover wohnen. Beim ersten Umzug habe ich alles mitgenommen, was mir etwas bedeutet, was ich brauche und von dem ich wusste, das muss ich hier irgendwie unterkriegen. (Das Wichtigste waren mein geliebtes Sofa, auf dem ich nie Rückenschmerzen habe, und 40 Kisten Bücher in sechs Billy-Regalen.) Bei meinen Eltern landeten viel Geschirr, Blumenvasen, Küchengeräte, die ich selten benutze, Klamotten, die ich kaum anziehe und die ich nur deswegen nicht gleich weggeschmissen habe, weil sie als Pack- und Füllmaterial dienten. Je länger ich hier in München wohne, desto mehr fehlt mir aber Kleinkram wie ein bestimmter Teller, auf dem Futter besonders schick aussieht oder eine hohe, schmale Vase, in die man eine einzelne Blume stellen kann. Kleinscheiß halt. Braucht man nicht, um durch den Tag zu kommen, ist aber schön und macht mich glücklich. Und weil ich nicht mal eben nach Hannover spazieren kann, um einen Teller und eine Vase zu holen, setzte ich mich gestern in eine U-, eine S-Bahn und einen Bus, um zu Ikea zu fahren.
Das Praktische daran, mit Öffis zu Ikea zu fahren, ist: Man kann nicht besinnungslos Quatsch kaufen, weil man alles schleppen muss anstatt es in einen Kofferraum zu werfen. Das Unpraktische daran ist: Das ist egal, weil man ja zwei große Einkaufstüten dabei hat und notfalls auch noch die große blaue Ikeatasche an der Kasse erwerben könnte, wenn man sich doch nicht zurückhalten kann.
Ich habe mich halbwegs zurückgehalten und neben drei Tellern und einer schmalen Vase nur noch zwei Schälchen, zwei Packungen Servietten, neue Bettwäsche und eine Tischdecke erworben. Die wird zwar vermutlich nur zwei Wochen auf meinen Esstisch liegen, weil der sich im Laufe des Semesters sehr schnell in einen mit Büchern vollgepackten Schreibtisch verwandelt, aber ich habe mich gestern abend sehr über den Anblick gefreut.
Für Teelichter und Kerzen ist inzwischen mein Supermarkt zuständig und ich fühle mich immer ein bisschen schlecht, wenn ich das dort kaufe. Das ist doch klassische Ikea-Ware!
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Abends endlich zwei Bücher von Pénélope Bagieu durchgelesen, die ich mir schon vor Wochen aus der Münchner Stadtbibliothek geliehen habe. California Dreamin’ ist ein Comic über Mama Cass Elliot, der auf Eddie Fliegels Biografie beruht. Der Band ist schwarzweiß und sieht fast aus wie eine Vorstudie zu einem farbigen Buch, aber mir hat das Flüchtige sehr gefallen. Die Story natürlich auch, und danach hatte ich einen fiesen Make your own kind of music-Ohrwurm.
Der zweite Band, Eine erlesene Leiche, erzählt von einer jungen Frau, die einen älteren Mann kennenlernt, und wo ich schon schlimmste Klischeebefürchtungen hegte, geht natürlich alles anders aus. Auch eine Empfehlung.