Was schön war, Sonntag, 6. November 2016 – Fertig
Gestern war es eher ein Grundgefühl, das mir den Tag verschönerte, auch wenn er ein bisschen tranig und nicht ganz so produktiv war, wie ich nach dem motivierten Samstag gehofft hatte. Das Gefühl war: getting things done. Ich stopfte endlich mal den Berg aus Socken, der hier seit, ich geb’s ja zu, Monaten vor sich hinwächst. Jetzt haben die Socken keine Löcher mehr, sehen aber aus wie Frankensteins Monster, weil ich zu Handarbeiten offensichtlich nicht die Bohne Talent habe. Trotzdem habe ich lieber stofflichen Murks gemacht als neues Zeug zu kaufen.
Wäsche gewaschen, Körperpflege betrieben, mein Fernleihebuch weitergelesen und Franzbrötchen gebacken. Die nehmen es mir anscheinend persönlich übel, dass ich nicht mehr in Hamburg wohne: Sie schmecken immer prima, sehen aber auch aus wie Frankensteins Monster.
Eher unkonzentriert bei der Arbeit gewesen, denn immer wenn ich einen Aufsatz durch habe, denke ich, ach, toll, was haste wieder gelernt – und in dem Augenblick fällt mir ein, dass das in anderthalb Semestern ein Ende hat und ich immer noch keine Ahnung, nicht mal einen Hauch davon, habe, was nach der Abgabe der Masterarbeit mit mir so passieren soll. Vermutlich auch ein Grund, warum ich endlich die blöden Socken gestopft habe: Das lenkt alles so schön ab.
Gerne gelesen: den Artikel im Guardian über die Elbphilharmonie. (Die nennt ihr in Hamburg nicht ernsthaft „Elphi“, oder? Lasst das!) Sehr gelacht habe ich darüber, dass die Rolltreppe, deren Ende man nicht sehen kann und die bisher jeder meiner Hamburg-Kontakte schon instagramt hat, an die Pyramide von Gizeh erinnert – wenn Liberace sie gestaltet hätte. Ansonsten schwärmt der Artikel liebevoll vor sich hin, was ich sehr gerne mag – wenn man durch Worte spürt, wie schön das Gebäude ist.
Im Artikel werden die hochpreisigen Toilettenbürsten angesprochen, über die es zum Streit kam. Das scheint ein wiederkehrendes Motiv bei Herzog & de Meuron zu sein: dass Auftraggeber nicht verstehen, dass auch die Möglichkeit zum schönen Koten bedacht wurde. Im Nationalstadion in Peking mussten die Entwürfe ebenfalls angepasst werden, dort waren den Auftraggebern die Toilettenschüsseln zu teuer. Aber zurück zu Elfi:
„From here, a second escalator leads up to a brick-paved plaza on the roof of the old warehouse, planned as a new (free, but ticketed) public space for the city, jacked 40 metres up in the air. It is one of the project’s most exhilarating moments, where you’re sandwiched between the plinth of the brick shed (which now mostly houses the car park) and the diaphanous cloud of culture above. A sculpted white ceiling swoops above your head, flaring out on either side of the building to frame views of the city in a pair of vaulted apses – an appropriate form for what is a cathedral of our time.“
Die NZZ setzt die Elbphilharmonie in Bezug zu weiteren Bauten Herzog & de Meurons und erwähnt auch den Siegerentwurf für das neue Berliner Museum des 20. Jahrhunderts; das Caixa Forum konnte ich mir vor einigen Wochen in Madrid selbst anschauen.
„Da wirkt die bereits vor 13 Jahren konzipierte Elbphilharmonie fast wie aus einer anderen Welt. Und doch vereint sie wesentliche Aspekte des Schaffens von Herzog & de Meuron. Lässt der Zusammenklang von Alt und Neu an die Tate Modern denken, so stellt der Glasaufbau eine Weiterentwicklung des Prada Flagship Store in Tokio dar. Die gewellte Dachform der Hamburger Ikone thematisiert dagegen das Bild der Architektur als gefrorene Musik; und die aus sphärisch gebogenen und teilweise bedruckten Einzelelementen bestehende Glashülle scheint die vor hundert Jahren von der deutschen Moderne erträumte kristalline Architektur der Wirklichkeit näher zu bringen.“
Der NDR sendete vergangenen Freitag einen 45-Minüter zur Baugeschichte.