Le scaphandre et le papillon
Der Elle-Herausgeber Jean-Dominique Bauby erleidet einen massiven Schlaganfall, fällt ins Koma und erwacht drei Wochen später – bei vollem Bewusstsein, aber eingesperrt in seinen fast vollständig gelähmten Körper. Er kann nur noch blinzeln, um sich zu verständigen. In diesem Zustand schafft er es, ein Buch über eben diesen Zustand zu schreiben, indem seine Sprachtherapeutin bzw. später die Mitarbeiterin eines Verlags ihm immer und immer wieder das Alphabet aufzählen und er beim richtigen Buchstaben blinzelt. Le scaphandre et le papillon (Schmetterling und Taucherglocke) ist die Verfilmung dieses Buchs.
Regisseur Julian Schnabel nutzt einen einfachen Kunstgriff, um uns Jean-Dominique näherzubringen: Er filmt den Großteil von Scaphandre aus seiner Perspektive. Wir sehen, was er sieht, wir blinzeln, wenn er blinzelt. Rückblenden erzählen vom „alten“ Jean-Do, wie er genannt wird, von seinem Vater, seiner Familie, seinen Affären. Der Film nimmt einen sofort mit, weil er uns genauso unvermittelt in diesen schier unerträglich scheinenden Zustand wirft wie Jean-Do. Kurze Traumsequenzen machen seine Qual noch deutlicher: Der Mann, der gebadet wird, angezogen wird, dem der Speichel aus dem schiefen Mund läuft, sitzt im Traum mit seiner Stenografin in einem kleinen Restaurant und verspeist, nein, verschlingt Austern, Fisch, Meeresfrüchte, scheinbar nicht nur mit dem Mund, sondern mit dem ganzen Körper, er bewegt sich, greift ausladend über den Tisch, lacht, nimmt sich noch eine Auster und noch eine, füttert, wird gefüttert, küsst, wird geküsst, genießt so überschwenglich und mit allen Sinnen, dass der harte Schnitt zum bewegungslosen Mann im Krankenhaus noch schmerzhafter wird.
Scaphandre erzählt eine für uns nicht nachvollziehbare Geschichte so, dass man sie nachvollziehen kann. Er verzichtet auf hollywoodeskes Zerren an den großen Gefühlen, sondern bildet einfach nur ab. Er zeigt, dass in Ausnahmesituationen aus jedem ein Ausnahmecharakter werden kann, vielleicht muss, ohne einen falschen Helden aufzubauen. Er zeigt einfach. Bilder, die ich noch nie so gesehen habe und hoffentlich nie sehen werde. Ganz große Empfehlung.