Was schön war, Freitag, 20. Januar 2017 – Innerliches Augenrollen
Nein, nicht wegen des neuen US-Präsidenten. Augenrollen reicht da nicht. Ich bin seit dem 8. November sehr pissig auf the home of the brave (is klar), weswegen ich mich standesgemäß von der drohenden Inauguration ablenken wollte.
Also fuhr ich morgens zum Stadtarchiv, wo ich an der Tür einen Zettel entdeckte, den ich vor zwei Tagen anscheinend übersehen hatte: Wegen Personalmangel bleibt der Lesesaal freitags gerade geschlossen. Ich quengelte innerlich ein bisschen und stapfte wieder zum Bus – bis mir einfiel, hey, ich kann statt mit Bus und U-Bahn auch mit der Tram zum Zentralinstitut für Kunstgeschichte fahren, was mein nächstes geplantes Ziel war.
Also wartete ich wenige Minuten bei herrlichem Sonnenschein auf die Tram, stieg ein, dankte innerlich Andreas Nagel dafür und fuhr bis zum Karolinenplatz, von wo es nur wenige Schritte zu Königsplatz und ZI sind.
Dort las ich zunächst in einem Buch, das Plakate aus 40 Jahren Amnesty-Geschichte versammelte. Bzw. ich versuchte zu lesen, denn es war auf Französisch. Interessanterweise kriege ich den Sinn von vielen französischen Texten immer so halbwegs mit, aber es dauert ewig und so richtig sicher bin ich mir auch nie, bevor ich Google Translate gefragt habe. Dann war ich mir aber sicher und so konnte ich frohgemut in die Hausarbeit schreiben, dass die Kerze im Stacheldraht schon 1961 von Amnesty verwendet wurde, wenn auch noch nicht als weltweites Logo (bisher war 1963 mein frühestes Funddatum – hier der Nachruf auf die Gestalterin Diana Redhouse, die von Anfang an AI-Mitglied war). Außerdem lernte ich, dass die frankokanadische Sektion von AI jahrelang anders hieß als die anglokanadische, nämlich Amnistie Internationale; auch die spanischsprachigen Länder hießen … irgendwie Spanisch halt, habe ich mir nicht notiert. Und die Französinnen hatten jahrelang unter dem englischen Namen noch einen französischen Untertitel (Écrire contre l’oubli).
Nachdem ich mit Amnesty durch war, vergrub ich mich im Frühwerk von Markus Lüpertz, mit dem ich mich in meiner Masterarbeit befassen werde (und mit Kiefer natürlich). Ich las mich durch mehrere Ausstellungskataloge und erwischte mich dabei, bei einem bestimmten Aufsatz alle drei Zeilen innerlich mit den Augen zu rollen. Ich begann, das Augenrollen zu verschriftlichen und schon hatte ich meiner MA-Stoffsammlung fast zwei Seiten hinzugefügt, einfach weil ich so viele schöne Gegenargumente zu einem Text hatte. Das hat sich gut angefühlt, nicht nur aus dem Bauch raus sagen zu können, nee, Junge, da schreibst du jetzt aber Quatsch, sondern es auch begründen zu können.
Nach ein paar Stunden war ich durch, fuhr nach Hause und konnte natürlich nicht widerstehen, im Internet zu gucken, ob Amerika schon auf der Seite des Bösen war. War es noch nicht ganz, und so konnte ich immerhin noch was Nettes sagen, nämlich, dass das hellblaue Ensemble von Melania Trump mir wirklich gut gefiel. Das war’s dann aber auch. Trumps Rede habe ich keine zehn Minuten ausgehalten, bevor ich ihn wieder anschreien wollte, weswegen ich dann lieber meine Nase in Serien (The Good Place! Gucken!) und ein Buch steckte.