Bilderbuch vom Mittwoch, 1. März 2017 – La La Land, Moonlight

Gestern twitterte Entertainment Weekly ein Foto aus einer Reihe, die es nur in meinem Kopf gibt: Oscar-Statuetten außerhalb des Verleihungsortes. Hier ist das goldene Ding neben Moonlight-Regisseur Barry Jenkins zu sehen.

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Eines meiner Lieblingsexponate ist ein Instagrambild von Lupita Nyong’o, das inzwischen leider nicht mehr in ihrem Stream zu finden ist. Sie hatte es sich in der Award Season 2014 angewöhnt, ihr Kleid und ihre Schuhe mit dem jeweiligen Preis zu instagrammen, den sie im fotografierten Outfit für 12 Years a Slave erhielt. Das sah dann nach den Academy Awards so aus:

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(Quelle: Telegraph.co.uk, wo Nyong’o auch im Ensemble zu sehen ist.)

(Nachtrag: Mir ist noch Diablo Cody am Morgen nach ihrem Oscar-Gewinn für Juno eingefallen.)

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Heute morgen landete dann ein Artikel von Slate in meiner Timeline, in dem gar liebreizende Bilder der Moonlight-Darsteller Alex Hibbert, Ashton Sanders, Mahershala Ali und Trevante Rhodes in recht wenig Calvin Klein zu sehen sind. Sowas lässt den Tag ja gleich sehr schön beginnen.

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Und es scheint der letzte Anstoß gewesen zu sein, doch mal über La La Land und Moonlight schreiben zu wollen, die ich beide nicht für herausragende Filme halte, aber Moonlight ist in meinen Augen immer noch deutlich besser als Bla Bla Dings.

La La Land hat mich fürchterlich genervt. Ich fand die Musicalnummern weder zauberhaft noch inspirierend noch durch gute Musik unterlegt, eher das Gegenteil. Wenn man sich auch nur die bekanntesten klassischen Musicalnummern in den Hinterkopf holt, stinken die Sing- und Tanzkünste von Ryan Gosling und Emma Stone ziemlich ab. Vielleicht war das gewollt, um den Film dann doch nicht ganz ins Traumland zu versetzen, aber dagegen spricht die große, wenn ich mich richtig erinnere, ewig lange und ungeschnittene Tanznummer auf dem Highway, mit der der Film losgeht und damit gleich mal eine Vorgabe liefert, was uns die nächsten zwei Stunden erwartet. Die war schon sehr ordentlich, und deswegen hat mich das Schultheater danach auch so genervt.

Ebenfalls doof: die vielen, vielen, vielen, vielen, vielen einfarbigen Kleider, die Stone tragen durfte. Die knalligen Farben und schlichten Schnitte waren unübersehbar, aber ich konnte mir keinen Reim darauf machen, was sie sollten. Für Kostüme, die einfach nur an der Schauspielerin hängen, damit sie nicht nackt rumläuft, waren sie zu auffällig, für einen Punkt, den sie hätten machen können, zu beliebig. Die einzige Erklärung, die mir eingefallen ist, war der Unterschied zum schwarzen Kleid, das Stone in der letzten, langen Einstellung trägt, in der sie Gosling noch einmal wiedersieht. (Ich hoffe, ihr habt den Film inzwischen alle gesehen, ich spoilere ein bisschen.) Wenn ich mich richtig erinnere, ist das das einzige Mal, wo sie ein quasi farbloses Kleid trägt, was den Unterschied zum Rest des Films verdeutlicht. Aber dass ich für diesen einen Punkt, den nebenbei die Story auch prima alleine hinkriegt, die ganze Zeit diese Augenkrebsensembles mitansehen musste, fand ich sehr anstrengend.

Das Ende rettet den Film meiner Meinung ein bisschen, weil es passt und kein klebriger Quatsch ist, aber bis ich damit halbwegs versöhnt wurde, knurrte ich zwei Stunden lang. In Whiplash ging mir Damien Chazelles Liebe zum Jazz auch schon auf den Keks, weil dieser freie, individuelle Musikstil als Grundlage für eine beknackte Story von Drill und Perfektionsdrang genutzt wurde. In La La Land dient er dazu, eben diese Freigeistigkeit von Gosling zu betonen, der dann aber doch kommerziellen Kram abliefert, um seine Miete zahlen zu können. (Nebenbei sind die meisten gesungenen Nummern im Film dann auch kommerzieller Pop und kein Free Jazz, was ich nicht verstanden habe. Welche Aussage hat dieser Film noch mal?) Gosling kennt Jazz gut und er wird auch nicht müde, das Stone zu erklären, der hier die Rolle des brav zuhörenden Weibchens zukommt. Auch ihr großes Vorsprechen, das sie verpasst hätte, wenn der gute Gosling sich nicht ins Auto gesetzt und ihr davon erzählt hätte, wäre ohne des großen Mannes Hilfe nicht zustande gekommen. Spätestens bei der Szene brüllte ich innerlich: HANDYS! ES GIBT HANDYS! Ihr tippt auf Laptops, ihr habt auch HANDYS! Genauso wie bei der Szene, als Gosling von Stone vor dem Kino versetzt wird. Shoot him a fucking text, girl! Generell hat Stone zwar das bessere Ende, aber auf dem Weg dahin ist sie nur ein Anhängsel, was mich wahnsinnig gemacht hat. Selbst bei der eben erwähnten Audition, die alles verändert, hat die Dame nichts eigenes zu erzählen, sondern singt eine Mischung aus The Rainbow Connection und einer Apple-Werbung. Immerhin hat James Corden das ganze schön nach dem Verleihungsheckmeck vom Sonntag aufgearbeitet.

Auch in Moonlight fehlt mir bei einigen Charakteren ein Motiv oder eine Backstory, die über Klischees hinausgeht, aber generell finde ich einen Film über ein Coming out wichtiger als tanzende Hollywoodstars. Ich mochte an Moonlight das Tempo, mit dem die Geschichte sich entwickelt, die Begrenzung auf wenige Räume (Chirons Zuhause und seine Schule im Gegensatz zum Strand und zu Theresas Haus). Ich mochte außerdem die klare Trennung vom jungen zum erwachsenen Chiron; wo sich vorher fast alles in gleißendem Tageslicht abspielt, findet fast die komplette zweite Hälfte des Films abends und nachts statt, dem Ort, an dem wir vielleicht unsere Masken und Rüstungen ablegen, die wir tagsüber mit uns rumschleppen. Auch hier mochte ich das Ende, auch wenn es mir ein winziges bisschen zu beliebig war. Ich mochte aber den Bruch, der hier zusammen mit dem Wechsel des Lichts stattfand: Wo wir Chiron vorher sehr wortkarg erlebt haben, muss er nun endlich mal sagen, was Sache ist, und die letzten zwei Sätze von ihm wiegen das große Schweigen wieder auf. Wie gesagt, hier hätte ich mir ein etwas entschlosseneres Ende gewünscht statt dieses Quasi-Fade-outs, aber damit kann ich leben.

Ich habe von den anderen für den besten Film nominierten Streifen nur Arrival gesehen, den ich sehr gelungen fand, aber auch hier würde ich Moonlight alleine wegen seiner gesellschaftlichen Relevanz mehr Gewicht zusprechen. Gleichzeitig frage ich mich selbst, ob gesellschaftliche Relevanz ein Bewertungskriterium sein sollte in einem Wettbewerb, in dem auch ein Musical, das kein einziges politisches Thema anreißt, mitspielen darf. (Es gibt durchaus Musicals, die das tun, spontan fällt mir Rent ein.) Genau dieses Spannungsfeld mag der Grund sein, warum ich seit Jahren nicht mehr so oft ins Kino gehe wie früher, als dieses Blog fast ausschließlich aus Filmkram bestand. Mir kommt gerade amerikanisches Kino immer beliebiger vor, wo ich früher genau diese Beliebigkeit, diesen Eskapismus geliebt habe. Scheint aber wie mit Romanen und Fertigessen zu sein: Meine Interessen haben sich verlagert, mein Geschmack ist differenzierter (nicht besser!) geworden. Vielleicht bin ich auch einfach nur schneller gelangweilt, weil ich immer älter werde und ich mir keine Zeit mehr für Quatsch nehmen will. Aber gute Bilder schaue ich mir anscheinend immer noch gerne an. *klickt nochmal durch die Calvin-Klein-Werbung*