Was schön war, Dienstag, 4. April 2017 – Duft
Abends mit dem ehemaligen Mitbewohner in der Goldmarie gesessen und gut gespeist und noch besser getrunken. Der Zweigelt war zwar einen Hauch zu warm, aber ich hatte trotzdem ständig meine Nase im Glas, weil der Wein so herrlich duftete, woraufhin der ehemalige Mitbewohner meinte, das sei so schön mitanzusehen, wie sehr ich mich über Wein freuen kann.
Das war ein schöner Satz, weil er einen für mich riesigen, schwierigen Komplex zusammenfasst. Nach jahrzehntelangem Kampf gegen mich, meinen Körper und gegen Essen generell *freue* ich mich jetzt über mich, meinen Körper und Essen. Am meisten über Essen, das weit mehr für mich ist als schnöde Nahrung oder Treibstoff oder wie auch immer man Essen abfällig und beiläufig nennen und damit jede emotionale Komponente völlig ignorieren kann. Für mich ist Essen so viel Freude und Lust und Genuss und Vergnügen, weswegen ich bei Sätzen wie „XY nicht schälen, unter der Schale sitzen die ganzen Nährstoffe“ nur noch mit den Augen rolle anstatt panisch meine Blutwerte checken zu lassen. Ich esse fantastisches Zeug, ich kann meine Äpfel ruhig schälen. Ich sterbe schon nicht an Skorbut. Und wenn, habe ich vorher wenigstens noch die weltweiten Rotweinvorräte ausgetrunken. Ich werde auf dem Totenbett jedenfalls nicht bedauern, irgendwelche irdischen Genüsse ausgelassen zu haben. Wenn ich schon keinen Plan für mein Leben mehr habe – einen fürs Ableben habe ich: möglichst satt sterben.