Maid in Manhattan
Maid in Manhattan
(Manhattan Love Story, USA 2002)
Darsteller: Jennifer Lopez, Ralph Fiennes, Stanley Tucci, Bob Hoskins, Tyler Posey, Natasha Richardson
Drehbuch: Kevin Wade
Kamera: Karl Walter Lindenlaub
Musik: Alan Silvestri
Regie: Wayne Wang
Wonach beurteilt man einen typischen Mädchenfilm? Einen dieser typischen Chick Flicks, bei denen von Anfang an klar ist, dass die beiden Hauptdarsteller (bevorzugt ein Mann und eine Frau) am Ende ein glückliches Paar ergeben? Die beiden müssen dazu einige Hindernisse überwinden, denn am Anfang des Films können sie sich nicht leiden oder leben auf verschiedenen Erdteilen oder Planeten oder passen aus irgendwelchen Gründen wie Alter, Bildung, Klassenangehörigkeit etc einfach nicht zusammen. Das wird natürlich alles hinfällig, und zum Schluss kriegen sie sich. Und wir wissen das von der ersten Sekunde des Films an.
Wonach soll man also die Qualität solcher Filme beurteilen?
Ich habe keine Ahnung.
Ich habe allerdings eine ganz persönliche Bewertungsskala für Schnulzfilme. Erstens: Wieviele Taschentücher habe ich gebraucht, als ich vor Rührung über den großen, endgültigen Kuss dahingeschmolzen bin: gar keins (keine Chemie der Darsteller), eins (ging so) oder die ganze Packung (ach, schöööön)? Und zweitens: Welche Musik will ich danach im Auto hören: Faith No More, um den Müll zu vergessen oder irgendwas Weichgespültes, um noch weiter in diesem Flauschgefühl zu baden, das der Film hinterlassen hat?
Mein Urteil zu Maid in Manhattan: die ganze Packung und Frank Sinatra.
Die Story: Jennifer Lopez ist ein Zimmermädchen in einem noblen New Yorker Hotel, Ralph Fiennes ein aufstrebender Politiker, der im selben Hotel absteigt. Durch einige Zufälle lernen sie sich kennen, er glaubt, sie sei ein Gast im Hotel und damit wohlhabend, sie verlieben sich, die Wahrheit über ihre „Herkunft“ kommt natürlich ans Licht, alles wird ganz schlimm, aber fünfzehn Minuten später ist alles wieder gut, sie küssen sich, und die Abspannschnulze beginnt.
Maid in Manhattan sieht man ziemlich deutlich an, dass die Macher sich immer noch ärgern, vor zehn Jahren nicht auf die Pretty Woman-Idee gekommen zu sein, denn die Story läuft genauso. Daher haben sie sich bemüht, hier noch mehr sozialkritischen Ballast ins Drehbuch zu packen als bei der Bordsteinschwalben-Story. Lopez ist eine alleinerziehende Mutter, Latina (und wird im Hotel auch so behandelt) und hat eine Mutter, die ihr ständig erzählt, dass sie nicht versuchen soll, nach den Sternen zu greifen – weder beruflich (sinngemäß: Management ist nichts für dich) noch privat (Finger weg von Ralph).
Dass die Fluffigkeit des Films nicht erstickt in diesen kleinen Ausflügen in die böse, böse Realität, verdankt er seinen wunderbaren Darstellern. Ich gebe zu, ich bin nicht unbedingt ein Fan von Jennifer Lopez, aber in Maid in Manhattan ist sie einfach herzerfrischend, ehrlich und sympathisch. Genau wie ihr Counterpart Ralph Fiennes, für dessen anbetenden Hundeblick, den er Lopez schenkt, als sie im Abendkleid auf ihn zuschwebt, ich eine Menge Geld bezahlen würde. Die beiden geben ihren Klischee-Rollen so viel Charme mit auf den Weg, dass man ihnen die ziemlich uninspirierten Dialoge schnell verzeiht. Und Ty, Lopez’ Filmsohn, wird mit einem einfachen Drehbuchkniff davor gerettet, eine altkluge Nervensäge zu sein: Man macht ihn einfach zu einem hochbegabten Kind, und schon kann er Sätze sage, die kein Zehnjähriger sagen würde, und er darf Richard Nixon und Simon & Garfunkel mögen. Warum auch immer.
Das Ensemble wird ergänzt durch den stets unterschätzten Stanley Tucci als Fiennes’ Assistent, der mit einem professionellen Fatalismus die Eskapaden seines Chefs erträgt und trotzdem immer bekommt, was er will. Tucci kann vom Massenmörder bis zum Weihnachtsmann alles glaubhaft spielen; ihm gehört einfach jeder Take. Auch wenn die Kamera auf Fiennes gerichtet ist – im Hintergrund wartet Tucci auf seine Pointe und veredelt mit seiner Anwesenheit jede noch so platte Szene.
Und als Krönung erleben wir Bob Hoskins als absolut britischen Butler, der Lopez eine kleine erbauliche Dialogperle mit auf den Weg gibt, als sie gefeuert wird: “What we do does not define who we are but how we rise after we fall.”
Und natürlich steigt Lopez wieder auf, nachdem sie ihre blauen Flecke verarztet hat, und natürlich wartet das Happy End schon um die Ecke. Was den Film rettet, ist die Tatsache, dass er sich selbst nicht ganz ernst nimmt. Denn gerade das Happy End ist so dick aufgetragen, dass man durch den gerührten Tränenschleier schon wieder lachen muss. Und die ganze Sozialkritik wird einfach unter den Tisch geknutscht.
Maid in Manhattan ist sicherlich ein durchkalkulierter Schnulzfilm, den Mädels lieben und Jungs über sich ergehen lassen müssen. Aber er ist dabei nicht völlig überzuckert und klebrig, sondern bleibt in seiner anspruchslosen Eigenart einfach ein kleiner, netter Film. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und außerdem ist er eine gute Entschuldigung fürs hemmunglose Mitsingen von Sinatra-Songs im Auto. Allein das reicht für eine positive Bewertung.