Was schön war, Samstag, 27. Mai 2017 – Sutsche

Morgens wieder gegangen bzw. ein Drittel der Strecke in Etappen gelaufen. Der Friedhof, auf dem ich rumschleiche, hat vier Eingänge; einer davon führt auf eine etwas größere Straße und liegt gegenüber einer weiteren, die gerade auf ihn zuläuft. Dass der Eingang baulich deutlich anders ist als die anderen drei, ist mir erst gestern aufgefallen, denn durch die auf ihn zulaufende Straße wehte ein Wind, der mich auch immer erwischte, als ich am Eingang vorbeiging. Das war ähnlich schön wie im Hochsommer mit dem Rad an den Springbrunnen der LMU entlangzufahren – die kühlen einen auch immer für eine Millisekunde runter.

Laufend von einer Walkerin überholt worden. Ich bin anscheinend wirklich sehr langsam. Scheißegal. Ich laufe. Dabei muss ich immer an einen Satz aus der Reha denken, den meine damalige, stets gut gelaunte und positiv unterstützende Physiotherapeutin mal sagte: „Laufen ist eigentlich kontrolliertes Vorwärtsfallen.“ Ich neige dazu, mich zu weit nach hinten zu lehnen, wenn ich gehe oder stehe, weil mein rechter Ballen noch was kann, während meine rechten Zehen nur noch Deko sind; daher fühle ich mich auf dem hinteren Fußteil sicherer als auf dem vorderen. Beim Laufen habe ich mir angewöhnt, so zu tun, als würde ich mit dem Brustkorb ein Startband durchlaufen wollen, das heißt, ich lehne mich bewusst nach vorne. Alleine das macht das Laufen schon einfacher, und ich bin im Nachhinein nochmal dankbar für meine Therapie.

Nebenbei: Wie fantastisch das körpereigene Gleichgewichtssystem funktioniert, weiß man auch erst zu schätzen, wenn Einzelteile plötzlich haken.

Nachmittags exzessive Zeitungslektüre. Einen interessanten Buchtipp von Herrn Bahners bekommen; die dazugehörige Veranstaltung in meiner Nähe ist leider schon ausgebucht.

Abends dann wieder am Schreibtisch, wo ich mich unter anderem über eine Formulierung freute.

Das wissenschaftliche Schreiben ermöglicht es einem, recht übergangslos von einem Punkt zum nächsten zu kommen, daher auch die praktischen Unterteilungen in 1.2.1, 1.2.2 etc. Trotzdem versuche ich, wenn es möglich ist, einen Übergang zu schaffen, damit sich meine Arbeit eher wie ein langer Fließtext liest. Gestern konnte ich die Themen „Werke, in denen Kiefer Bilder von sich selbst nutzt“ mit „Werke, in denen Kiefer sich anderweitig mit der NS-Zeit auseinandersetzt“ schön verbinden, was zwar vermutlich nur mir auffällt, aber das war ein guter Moment beim Schreiben.