Was schön war, Montag, 30. Oktober 2017 – Festessen
Vor dem Wecker wachgeworden, weiter im Bett rumgelungert und Twitter gelesen. Entspannt den Tag begonnen: Flat White genossen, gelesen, dann auf den Weg ins Zentralinstitut für Kunstgeschichte gemacht. Mein Fahrrad macht gerade seltsame Geräusche und wartet darauf, dass ich es endlich zum Schrauber fahre, weswegen ich derzeit mit der U-Bahn unterwegs bin. Schon auf dem Weg von der Station zum ZI dachte ich, das ist echt ein schöner Arbeitsweg, den ich gerade habe. Auf dem Rückweg habe ich ihn dann fotografiert.
Im ZI war totaler Brückentag. Zunächst dachte ich, ich wäre allen Ernstes alleine im Lesesaal, aber gerade als ich mich umdrehte, um mit dem iPhone ein Beweisfoto zu machen, entdeckte ich in der Ecke vor den Handapparaten noch eine Dame. Also fast alleine. Nur wir und die etwas zu engagiert angestellte Heizung. (Es wurde nach und nach noch etwas voller.)
Ich beschäftigte mich aus Gründen mit Carl Grossberg, von dem es nicht so irre viele Ausstellungskataloge gibt. Die Kunstgeschichtsschreibung hat sich anscheinend nach der Ausstellung zu seinem 100. Geburtstag 1994 eine Pause gegönnt; einzig eine Galerie hier in München stellt ihn regelmäßig aus und veröffentlicht auch kurze Kataloge zu ihm – die geben textlich allerdings meist nicht ganz so viel her. Wobei ich den letzten aus diesem Jahr für mich aufschlussreich fand, denn dort schrieb Olaf Peters, den ich sehr schätze. Tollerweise kann man den Katalog als PDF anschauen und herunterladen. Ich hatte die letzte Ausstellung hier in München auch gesehen und war sehr versucht, mein schmales Konto für ein Aquarell von Grossberg zu plündern, konnte mich aber gerade noch beherrschen, wenn auch sehr betrübt. Das Aquarell zeigt – leider nicht im Katalog abgebildet – eine Straßenszene aus Hannover, im Hintergrund ist das Anzeiger-Hochhaus mit seiner charakteristischen Kuppel zu sehen. Das hätte ich schon gerne gehabt, vielleicht auch aus blöder Sentimentalität der alten Heimat gegenüber.
Ich vergrub mich also in alle Kataloge, die das ZI im Regal hatte, darunter auch einen von 1942, auf den ich sehr gespannt war – nicht zu Unrecht. Einige andere Ausstellungskataloge aus der Zeit der 1930er Jahre fand ich leider nicht, vielleicht stehen die gerade in irgendwelchen Handapparaten und tauchen wieder auf.
Wie immer, wenn ich mich in ein Thema reinfresse, merke ich nicht, wie die Zeit vergeht. Als ich das erste Mal auf die Uhr schaute, waren drei Stunden um und ich mit den meisten Katalogen durch. Einige wenige orderte ich mir in den Lesesaal der Stabi, wo sie mir entspannte vier Wochen gehören und ich sie nicht dauernd wieder zurückstellen muss. Außerdem bestellte ich mir ein paar Zeitschriftenbände, die nicht im ZI stehen und für die Grossberg in den 30ern Illustrationen angefertigt hat; die möchte ich mir auch mal anschauen. Wie immer in solchen Momenten, wo ich mir einfach uraltes Zeug zusammenklicken kann, denke ich dann: Bibliotheken sind eine ganz großartige Sache. Ich plane ja seit Längerem die Anmietung einer Lesesaalkabine, das stelle ich mir irre glamorös vor, einen eigenen Arbeitsplatz in der Stabi zu haben.
Im Gebäude des ZI läuft gerade eine Ausstellung der Abgusssammlung zum Pergamonaltar. Das großformatige Fotoband sieht ziemlich klasse aus. (Und passt logischerweise gut zur neoklassizistischen NS-Architektur des Gebäudes.)
Der Heimweg zur U-Bahn über den dramatisch beleuchteten Königsplatz. Rechts das gelbe Gebäude ist übrigens das Lenbachhaus, aber das wisst ihr ja alle. Darf ich auf die gerade eröffnete Münter-Ausstellung aufmerksam machen? Ich mag das Plakat sehr gerne, auf dem sehr souverän nur der Nachname der Künstlerin steht.
Hier in Bayern ist nicht nur ausnahmsweise der 31. Oktober frei, sondern auch planmäßig der 1. November. (Allerheiligen. Ich muss irgendwann mal nachschauen, was das eigentlich ist.) Ich erinnere die Leserschaft wieder einmal daran, dass ich in den Bundesländern mit den wenigsten Feiertagen groß geworden bin und mich daher immer noch wie ein Schnitzel über jeden süddeutschen Feiertag freue; es fühlt sich immer noch an wie „Schon wieder frei? Was ist denn jetzt schon wieder? EGAL!“ Und nach wenigen Sekunden der Freude kommt immer der Gedanke: „Hey, Moment, dann sind die Bibliotheken ja zu, das ist doch bekloppt!“
Jedenfalls fühlte sich das gestern nach dem halben Arbeitstag und den kommenden zwei freien Tagen wie Weihnachten an, so dass ich spontan beschloss, mir ein Festessen zu gönnen. Ich legte beim Lieblingsmetzger ordentlich Geld für ordentliches Fleisch auf die Theke, mischte Kräuterbutter zusammen und bestrich frisches Weißbrot damit; ich hobelte Kartoffeln hauchdünn und schichtete sie zu einem Gratin, ich bereitete einen kleinen grünen Salat zu und briet mir zum Schluss genüsslich ein Rib-Eye-Steak, das ich gefühlt minutenlang mit Kräuterbutter begoss, bevor es ruhen durfte. Das war eine ganz ausgezeichnete Idee. Natürlich habe ich es nicht komplett geschafft, aber dafür konnte ich abends noch ein schönes Steak-Sandwich genießen, auf das ich ein bisschen Parmesan hobelte. Und das restliche Gratin aus gerade einmal drei Kartoffeln gibt es heute.