Tagebuch, Mittwoch, 13. Dezember 2017 – Lesen und schauen
Den Vormittag verbrachte ich in einem noch nicht zu nennenden Museum, um mir eine noch nicht zu nennende Ausstellung anzuschauen, über die wir – das kann ich jetzt aber total nennen – im Fehlfarbenpodcast am Sonntag sprechen werden. Wenn ich sage, ich habe mir eine Ausstellung angeschaut, kann ich gleichzeitig sagen: Das Aufsichtspersonal hat mich angeschaut. Bis auf eine Dame, die immer aus dem Raum ging, in den ich gerade trat, blieben alle bräsig da, wo sie sind und glotzten mich an. Ich ahne, dass genau das ihr Job ist – „Und dass die Interessierten ja nicht zu dicht an die kostbare Kunst gehen! Augen auf!“ –, aber das nervt echt, wenn man weiß, dass einen jemand beobachtet, während man alleine auf zeitgenössische Werke starrt, die ja gerne etwas sperrig sind.
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Mittags gab’s einen Burger mit Fleisch, auf den ich seit vorgestern Lust hatte, als ich mir einen Burger ohne Fleisch zubereitet hatte. Sorry, Rinder. Ihr schmeckt wirklich sehr gut.
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Nachmittags las ich das Internet und die FAZ leer, wobei ich mich mal wieder über einen kleinen Artikel zum FC Augsburg freuen durfte. Ich fotografierte ihn ab und schickte ihn an F., der schon in der Allianz-Arena war, um sich das Bayern-Spiel anzuschauen. Dann wollte ich das gleiche Foto vertwittern, bis mir einfiel: Hey, schau doch mal in diesen Interweb nach, ob da der Artikel auch steht, dann kannst du nämlich einen Link twittern. Ich bin sehr stolz auf mich, dass ich daran gedacht habe, bevor ich mal wieder fotografierten Print ablieferte.
Leider verlor der FCA dann bei Schalke, und ich merkte, wie unterschiedlich diese Saison sich zur vergangenen anfühlt. Während ich der letzten Spielzeit mit Kusshand ein Unentschieden genommen hätte und bei einer Niederlage nicht sonderlich erstaunt gewesen wäre, sitzt man jetzt im Stadion oder vor dem Laptop und denkt die ganze Zeit: Da geht noch was, das können wir noch gewinnen. (Außer gegen Bayern, okay.)
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Die ganzen #MeToo-Geschichten erstaunen mich nicht wirklich, wie sie vermutlich (leider) recht wenige Frauen erstaunen. Der Essay „Harvey Weinstein is My Monster Too“ von Salma Hayek hat mich dann aber doch mehr mitgenommen, als ich dachte, weil es die Auswirkungen dieser ganzen beschissenen männlichen Machtstrukturen zeigt. Hayek schreibt über ihre Arbeit an Frida, der von Harvey Weinstein mitproduziert wurde.
„I was hoping he would acknowledge me as a producer, who on top of delivering his list of demands shepherded the script and obtained the permits to use the paintings. I had negotiated with the Mexican government, and with whomever I had to, to get locations that had never been given to anyone in the past — including Frida Kahlo’s houses and the murals of Kahlo’s husband, Diego Rivera, among others.
But all of this seemed to have no value. The only thing he noticed was that I was not sexy in the movie. He made me doubt if I was any good as an actress, but he never succeeded in making me think that the film was not worth making.
He offered me one option to continue. He would let me finish the film if I agreed to do a sex scene with another woman. And he demanded full-frontal nudity.“
Jessica Chastain brachte es gestern per Tweet auf den Punkt: „I ask all of our male allies in this industry, why have your journeys been so different from ours?“ Diese Auswirkungen sprachen in den letzten Wochen und Monaten bereits viele Frauen auf Twitter an: Welche Filme hätten wir sehen, welche Artikel hätten wir lesen, welche digitalen Entwicklungen hätten wir genießen können, wenn Frauen die gleichen Möglichkeiten gehabt hätten wie Männer und nicht damit beschäftigt gewesen wären, sich mit derartigem Scheiß auseinandersetzen zu müssen.