Seabiscuit

Seabiscuit
(Seabiscuit – Mit dem Willen zum Erfolg, USA 2003)

Darsteller: Tobey Maguire, Jeff Bridges, Chris Cooper, Elizabeth Banks, Gary Stevens, Kingston DuCoeur
Musik: Randy Newman
Kamera: John Schwartzman
Drehbuch: Gary Ross, nach dem Buch von Laura Hillenbrand
Regie: Gary Ross

Seabiscuit ist ein altmodischer Film. Die Geschichte des viel zu klein gewachsenen Rennpferds Seabiscuit, das zur Zeit der Großen Depression in den USA quasi vor dem Schlachthof gerettet und von einem abgehalfterten Trainer in Form gebracht wird und auf dessen Rücken ein viel zu großer, halbblinder Jockey von Sieg zu Sieg reitet, ist Stoff für großes, betuliches Hollywoodkino. Und genau das ist es auch geworden.

Die Story ist wahr; und wenn sie das nicht wäre, würde ich den Film als ziemlich kitschige Parabel abtun, denn natürlich hat Seabiscuit eine Botschaft. Es geht nicht nur um ein Pferd, das Rennen gewinnt. Es geht um drei Menschen – den Trainer, den Jockey und den Besitzer des Pferdes –, die alle Verluste hinnehmen mussten, die alle bereits am Boden lagen und die alle wieder aufgestanden sind. Und der Grund dafür, dass sie sich selbst noch eine zweite Chance gegeben haben, ist Seabiscuit: ein Pferd, das von seinen Vorbesitzern völlig zuschande geritten wurde und nun ebenfalls eine zweite Chance bekommt – und sie grandios nutzt.

Die Moral ist also klar: Wir können zusammen mehr erreichen. Glaub an dich, auch wenn kein anderer es mehr tut. Gib niemals auf. Was den Film trotz des hehren Anspruchs davor rettet, eine predigende Schnulze zu werden, ist seine sehr einfache, ehrliche, fast zu simple Erzählweise.

Seabiscuit hat viele Momente, die nach Geigen im Hintergrund schreien, nach Zeitlupen, nach Tränen in Großaufnahme – zum Beispiel, wenn Tobey Maguire als Jockey Red Pollard dem Trainer nach einem verlorenen Rennen gestehen muss, dass er seinen Gegner einfach nicht gesehen hat, weil er auf einem Auge blind ist. Man wartet fast darauf, dass diese Szene üppig orchestriert wird, dass die Kamera auf dem aufgewühlten Gesicht von Maguire bleibt – aber das tut sie nicht. Sie überlässt die großen Gefühle dem Zuschauer, anstatt sie plakativ abzubilden, und wendet sich einfach wieder der Geschichte zu. Denn das Leben geht ebenso einfach weiter.

Viele Begebenheiten im Leben der drei Protagonisten werden in kleinen Vignetten, fast beiläufig, abgehandelt, obwohl sie wichtig sind, wie zum Beispiel den Tod von Frankie, dem einzigen Kind von Seabiscuits Besitzer Charles Howard. Oder die Tatsache, dass Red von seinen Eltern an einen Rennstallbesitzer „abgegeben“ wurde, weil sie ihn einfach nicht mehr ernähren konnten. Dinge geschehen, sie schmerzen, sie hallen sehr lange nach, wie wir in weiteren Szenen sehen, aber: Auch hier halten wir uns nicht zu lange auf. Der Film nimmt seine Figuren nicht über die Maßen wichtig. Anstatt sie allzu heroisch darzustellen und sie damit zu überhöhen, dienen sie als glaubhafte Schablone für alle Menschen, die wieder aufstehen, nachdem sie tief gefallen sind.

Die drei Hauptdarsteller sind das Beste, was dieser Geschichte passieren konnte. Sie wirken einfach zeitlos und damit absolut passend. Jeff Bridges als Pferdebesitzer bleibt zurückhaltend und ernsthaft; ihn umgibt stets eine gewisse Traurigkeit, die nur dann verschwindet, wenn er Seabiscuit einer jubelnden Fanmenge vorstellt. In diesen Momenten blitzt die Fröhlichkeit wieder durch, die er schon verloren geglaubt hatte. Chris Cooper ist der verschlossene Trainer, der dann aufblüht, wenn es seinen Pferden gut geht, und der mit vielen kleinen Gesten seinen Charakter wunderbar abrundet. Tobey Maguire überzeugt durch seine eigentümliche gezügelte Emotionalität, die plötzliche Ausbrüche von ihm immer so kraftvoll machen.

Seabiscuit ist Kino der alten Schule: eine große Geschichte, gefühlvoll, aber nicht kitschig inszeniert, eine herzerwärmende Botschaft und dazu wunderbare Bilder, die so gerade eben die Kurve kriegen, bevor sie zu einer Marlboro-Werbung werden. Ein Film, der zwischen den ganzen Megaprojekten dieses Sommers ganz leise daherkommt und doch viel mehr zu sagen hat. Und daher passt zu diesem altmodischen Film auch ein altmodisches Fazit: Seabiscuit ist ein erbaulicher Film. Im absolut besten Sinne.

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